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Branche kompakt | Schweden | Pharmaindustrie, Biotechnologie

Markttrends

Schwedens Pharmaindustrie ist dynamisch und gilt als innovativ. Die seit Jahren steigenden Exportzahlen geben der Branche recht. 

Von Judith Illerhaus | Stockholm

Die Stärke der nordischen Standorte und damit auch Schwedens Wettbewerbsvorteil, stützt sich ganz eindeutig auf die sehr gut entwickelten Bereiche der Forschung und Entwicklung. Alle skandinavischen Länder, also sowohl Norwegen, Dänemark als auch Schweden, investieren etwa 3 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) in diese Bereiche. Die regierungsseitige Unterstützung äußert sich aber auch an anderer Stelle: Seit März 2024 ist der Vetenskapsradet, der schwedische Forschungsrat, aufgrund eines neuen Regierungsbeschlusses in der Lage, Finanzierungen von Forschungsinfrastruktur auf zehn Jahre zu verlängern. Bislang galt ein Förderzeitraum von maximal sechs Jahren. 

Präzisionsmedizin bleibt ein Fokus

Zudem wird aktuell die Nationale Life Science Strategie von 2020 überarbeitet. Experten rechnen damit, dass die Präzisionsmedizin, beziehungsweise personalisierte Medizin, weiterhin als einer der Fokusbereiche der schwedischen Pharmabranche verbleiben soll. Zuletzt galt das Ziel, in diesem Bereich eine Vorreiterrolle einzunehmen, und zwar auf internationaler Ebene. Darüber hinaus werden Künstliche Intelligenz und ein in Schweden bisher weniger prominentes Thema, die Informationssicherheit speziell im Bereich der Biotechnologie, als neue Themen erwartet. Auch Business Sweden deutet im Gespräch mit GTAI auf die Chancen für deutsche Unternehmen im Bereich Präzisionsmedizin hin. 

Der schwedische Gesundheitssektor floriert und setzt auf technologische Innovationen und nachhaltige Produktionsmethoden. Der wachsende Sektor der personalisierten Medizin und die Start-up-Szene bieten innovativen deutschen Unternehmen die Möglichkeit, zusammenzuarbeiten und zu weiteren Fortschritten in diesem Bereich beizutragen. Solche Partnerschaften sind vielversprechend, um die Gesundheitssektoren beider Länder voranzubringen und die globalen Gesundheitsentwicklungen voranzutreiben.

Johan Holmlund Handelsbeauftragter für Schweden, Business Sweden, Berlin

Für Unternehmen, die sich im Bereich der Präzisionsmedizin engagieren, könnte ein Call des SciLifeLab von Interesse sein. Die Ausschreibungen laufen noch bis zum 10. und 24. April 2024.

Nationale Pharmazeutische Strategie fällt vage aus

Seit Februar 2024 gibt es eine neue Pharmazeutische Strategie für die schwedische Pharmaindustrie. Die Vision, die das Läkemedelsverket, die schwedische Arzneimittelbehörde, dabei verfolgt, sieht die rationale Verwendung von Arzneimitteln für das Wohl von Patienten und Gesellschaft vor. Ein Hinweis, dass auch personalisierte Medizin weiterhin Fokus der schwedischen Life Science Branche sein wird. Die drei Fokusbereiche werden indes äußerst vage formuliert: die Verfügbarkeit neuer sowie bestehender Arzneimittel, die Behandlung mit und Handhabung von Arzneimitteln sowie die Entwicklung neuer Arzneimittel und klinischer Studien. 

Insbesondere für den letzten Punkt ist eine nationale Infrastruktur als Grundlage für den Zugang zu Gesundheitsdaten vonnöten. Da dieser Bereich in Schweden aktuell noch in die Verantwortung von insgesamt 21 Regionen fällt, werden hier in nächster Zeit große Investitionen in die Bereitstellung einer flächendeckenden digitalen Infrastruktur erwartet; möglicherweise eine Chance für deutsche Unternehmen sich zu beteiligen. Die schwedische eHealth-Agentur wurde bereits damit beauftragt, einen Vorschlag für die Einführung einer solchen zu erarbeiten. 

Die vorausschauende Gesundheitspolitik und die stark alternde Bevölkerung sorgen für steigende Prognosen der öffentlichen Gesundheitsausgaben insgesamt und damit auch der Ausgaben für Arzneimittel. Laut Fitch Solutions soll dieser Aufwärtstrend bis 2033 anhalten. Derzeit gibt der Staat etwa 487 Euro pro Kopf für Arzneimittel aus. Bis 2028 soll dieser Wert auf etwa 651 Euro steigen.

7,3 %

der gesamten schwedischen Exporte waren 2023 pharmazeutische Erzeugnisse.

Schwedische Hersteller freuen sich über Exportrekorde

Nachdem bereits das Jahr 2022 mit einem Exportvolumen von etwa 13,1 Milliarden Euro als Rekordjahr galt, konnten schwedische Unternehmen auch im Folgejahr reüssieren. Laut nationalem Statistikamt SCB beliefen sich die Exporte pharmazeutischer Produkte im Jahr 2023 auf knapp 13,3 Milliarden Euro. Dies entspricht einer Steigerung von 9,5 Prozent, sofern schwedische Preise berücksichtigt werden. Bei Betrachtung der vergangenen zehn Jahre haben sich die Ausfuhren von Arzneimitteln sogar mehr als verdoppelt. Der Anteil pharmazeutischer Produkte an den Gesamtexporten belief sich 2023 auf 7,3 Prozent. Damit belegte diese Produktgruppe Platz drei der Hauptexportgüter. 

Laut des Beratungsunternehmens Fitch Solutions werden Schwedens Pharmaexporte auch in der nahen Zukunft weiter steigen, und zwar schneller als die Importe. Ohnehin ist die Handelsbilanz pharmazeutischer Erzeugnisse bereits deutlich positiv mit einem Überschuss von zuletzt rund 7 Milliarden Euro. Für den Prognosezeitraum 2024 bis 2028 erwarten die Berater eine durchschnittliche Wachstumsrate für die Exporte von 10 Prozent.

Neuartige Therapien sind auf dem Vormarsch

Trotz beeindruckender Fortschritte bei der Entwicklung und Herstellung von Biomolekülen auf inzwischen 28 Prozent aller Projekte, bilden Pipeline-Projekte, die sich der Entwicklung kleiner Moleküle widmen mit 59 Prozent nach wie vor die deutliche Mehrheit. Dies trifft auf sämtliche Entwicklungsphasen zu. Im Jahr 2023 befanden sich laut SwedenBIO, dem Verband biopharmazeutischer Unternehmen, 65 Projekte für Arzneimittel für neuartige Therapien (Advanced Therapy Medicinal Products, ATMP) in der nationalen Pipeline. Von diesen Projekten zielen 60 Prozent auf die Behandlung verschiedener Krebsarten ab. ATMP-Projekte machen damit aktuell etwa 12 Prozent aller Projekte aus. 

Bei ATMP Sweden können sich interessierte Unternehmen bezüglich laufender Projekte erkundigen und gegebenenfalls Kontakt aufnehmen.

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Kernkompetenz: Nachhaltigkeit

Die Nordics sind für ihren Vorsprung in Sachen Nachhaltigkeit bekannt. Durch die verstärkte Berücksichtigung der ESG-Kriterien durch Unternehmen haben skandinavische Unternehmen ein gutes Standing. SwedenBIO verweist darauf, dass Schweden schon seit langem ehrgeizige Gesetze und Vorschriften zu Nachhaltigkeitsthemen umgesetzt hat und hiesige Unternehmen die Zeit genutzt haben, ihre Unternehmensmodelle entsprechend anzupassen. So weit, so bekannt. Neu ist allerdings, dass die Unternehmen inzwischen dieses Feature als verkaufsfördernd einsetzen. Insbesondere, um Investoren anzuziehen. Laut Cecilia Nord vom schwedischen Biopharma-Unternehmen Sobi, stelle jeder Investor, der mit ihnen im Gespräch sei, Fragen zur Nachhaltigkeit.

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