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Rechtsbericht Schweden Arbeits- und Arbeitsgenehmigungsrecht

Schwedisches Arbeitsrecht mit wichtigen Neuerungen

Das schwedische „Lag om anställningsskydd“ (Beschäftigungsschutzgesetz) hat eine gründliche Überarbeitung erhalten. Besonders betroffen: Kündigungs- und Befristungsrecht.

Von Karl Martin Fischer | Bonn

Den geänderten Vorschriften des Beschäftigungsschutzgesetzes gelten größtenteils ab 30. Juni und finden ab dem 1. Oktober 2022 Anwendung. Ihnen sind lange Diskussionen zwischen den Sozialpartnern vorausgegangen. Die neuen Normen sind zwingendes Recht, enthalten aber einige Öffnungsklauseln, die ergänzende Regelungen ermöglichen. Diese Regelungen werden durch Tarifverträge implementiert – also wiederum durch die Sozialpartner. Bei der Anwendung der neuen Normen muss man also stets überprüfen, ob es solche Regelungen gibt und was sie beinhalten.   

Das Kündigungsschutzrecht wird - moderat - arbeitgeberfreundlicher

Bei betriebsbedingten Kündigungen gibt es fortan die Möglichkeit, bis zu drei Mitarbeitende aus der eigentlich erforderlichen Sozialauswahl auszuklammern, wenn diese eine besondere Bedeutung / Schlüsselstellung für einen erfolgreichen Fortbestand des Unternehmens haben. Bislang gab es diese Möglichkeit nur bei Betrieben mit bis zu 10 Mitarbeitenden.

Auch bei dem, was in Deutschland in etwa einer verhaltensbedingten Kündigung entspräche, gibt es Änderungen. Die Anforderungen an die Basis der Kündigung werden nachjustiert – von „saklig grund“ (in etwa: sachliche Basis) zu „sakliga skäl“ (sachliche Gründe). Damit soll die Relevanz des objektiven Verhaltens betont werden. Die Interessen der Mitarbeitenden am Erhalt des Arbeitsplatzes, oder eine Prognose bezüglich zukünftigen Verhaltens, treten dahinter zurück. So soll die Wirksamkeitsprognose der Kündigung vereinfacht werden.

Ebenfalls bezüglich des Prozessrisikos wirkt sich aus, was über die Beschäftigung während eines laufenden Kündigungsschutzverfahrens neu geregelt wurde: Zukünftig endet das Arbeitsverhältnis auch dann, wenn die Kündigung angefochten wurde. Damit entsteht ein Anspruch auf Lohnersatzleistungen. So soll das Risiko, das sich aus der Zahlung des Annahmeverzugslohnes ergibt, verringert werden. Allerdings hat die Arbeitgeberseite eine Kompensation zu zahlen, wenn die Kündigungsschutzklage erfolgreich ist.

Das Befristungsrecht wird - moderat - arbeitnehmerfreundlicher

Das modernisierte Beschäftigungsschutzgesetz geht von einem unbefristeten Arbeitsverhältnis als Normalfall aus. Ein befristetes Arbeitsverhältnis muss – einschließlich einer Begründung – ausdrücklich als solches vereinbart werden.

Befristungen ohne Sachgrund sind künftig nur noch für bis zu zwölf Monate zulässig. Wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren insgesamt mehr als zwölf Monate befristete Arbeitsverträge schließen, entsteht automatisch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Entsprechendes gilt auch, wenn sich sachgrundlose Befristungen und Befristungen mit Sachgrund aneinander anschließen.

Nach neun Monaten in einem befristeten Arbeitsverhältnis haben Mitarbeitende künftig Anspruch auf bevorzugte Berücksichtigung bei neuen oder freiwerdenden Stellen.    

Arbeitsbedingungen werden noch transparenter

Richtlinie (EU)2019/1152 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen musste in nationales Recht umgesetzt werden. Künftig müssen die Arbeitgeber ihren Mitarbeitenden bei Beschäftigungsbeginn mehr Informationen zur Verfügung stellen. Einige Informationen müssen zukünftig nicht erst binnen Monatsfrist, sondern binnen Wochenfrist gegeben werden.

Dies gilt für alle ab dem 29. Juni 2022 abgeschlossenen Arbeitsverträge. Neu sind erweiterte Nachweispflichten bezüglich der wesentlichen Aspekte des Arbeitsverhältnisses, aber auch Mindestanforderungen an Arbeitsbedingungen. Einige Beispiele:

Bei Auslandsentsendungen wird relevant, dass auch Informationen über das im Ausland geltende Recht geschuldet sind. Wer sich seit mindestens sechs Monaten in einem befristeten Arbeitsverhältnis befindet und in Textform einen Antrag auf Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis gestellt hat, hat Anspruch auf eine begründete Antwort in Textform.

Weitere Änderungen

Grundsätzlich hat der Arbeitgeber nicht das Recht, einem Arbeitnehmer die Ausübung einer anderen Beschäftigung zu untersagen. Diese Vorschrift ist mit einem Benachteiligungsverbot verbunden, was bedeutet, dass ein Arbeitgeber diejenigen Mitarbeitenden, die eine weitere Beschäftigung ausüben, deswegen nicht benachteiligen darf.

Für Leiharbeitnehmer gilt eine wichtige Neuerung: überlässt ein Personaldienstleister einen Leiharbeitnehmer für mindestens 24 Monate innerhalb eines 36-Monatszeitraumes in ein und denselben Betriebsteil bei einem Kundenunternehmen, entsteht ein Anspruch auf eine unbefristete Beschäftigung bei dem Kundenunternehmen. Wird das Angebot angenommen, endet das Arbeitsverhältnis mit dem Personaldienstleister. Das Kundenunternehmen kann dem Mitarbeiter jedoch statt einer Festanstellung eine Abfindung in Höhe von zwei Monatsgehältern anbieten.


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