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High Angle View Of Cityscape Against Sky | © GettyImages/Giovanni Sunseri / EyeEm

Special Schweiz Wege aus der Coronakrise

Pandemische Lage bleibt angespannt

Seit 20. Dezember 2021 gelten in der Schweiz weitere Einschränkungen. Kurzarbeit und Überbrückungskredite mildern die Folgen für Unternehmen.

Von Axel Simer | Bonn

  • Konjunktur und wichtigste Branchen

    Die Schweiz setzt auf Impfungen und mehr Tests - auch in Firmen. Deutliche Lockerungen treten nach und nach in Kraft. (Stand: 12. Juli 2021)

    Im März 2021 wurden landesweite Lockerungen beschlossen. Seither sind alle Geschäfte wieder geöffnet, ebenso Museen und Bibliotheken. Auch Freizeitbetriebe und Sportanlagen durften ihren Betrieb wieder aufnehmen.

    In Innenräumen gilt weiterhin die Maskenpflicht, ebenso wie in öffentlichen Verkehrsmitteln. Seit dem 19. April sind auch Restaurants in Außenbereichen wieder geöffnet. Freizeit- und Kulturbetriebe sowie Sportanlagen können seit dem 26. Juni auch in Innenräumen Veranstaltungen anbieten. Geöffnet sind seitdem auch Diskotheken und Tanzlokale.

    Eine Schlüsselrolle spielen beim Besuch von Veranstaltungen und Diskotheken die Zertifikate. In der Schweiz versteht man darunter den Nachweis einer Genesung, negativen Testung oder vollständigen Impfung. Die Zertifikate gibt es digital und in Papierform. Obligatorisch ist ein Zertifikat für den Besuch von Großveranstaltungen, Diskotheken und Tanzlokalen. Empfohlen wird es für die Nutzung von Kultur-, Sport- und Freizeitbetrieben sowie beim Besuch von Restaurants. Großveranstaltungen sind mit Zertifikat ohne Personenbegrenzung möglich.

    Geöffnet sind Schulen und Universitäten wie auch Friseure und andere Dienstleistungsbetriebe. Aufgehoben ist die Home-Office-Pflicht, derzeit gilt lediglich eine Home-Office-Empfehlung.

    Geöffnet sind auch die Innengastronomie und Bars. Allerdings ist die Registrierung der Gäste erforderlich, in der Außengastronomie entfällt diese. Hotels sind durchgehend geöffnet.

    Die aktuellen Maßnahmen veröffentlicht das Bundesamt für Gesundheit. Auch die Handelskammer Deutschland-Schweiz informiert über die aktuelle Lage.

    Wirtschaftliche Auswirkungen geringer als befürchtet

    Die Wirtschaft wurde durch die Krise schwer getroffen. Der Produktionsausfall ist erheblich, aber kaum zu beziffern. Im Juni 2020 schätzte das Wirtschaftsministerium (Seco) den Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für 2020 auf über 6 Prozent. Tatsächlich betrug der reale Rückgang jedoch lediglich 2,7 Prozent. Auch die wirtschaftliche Erholung schreitet schneller voran als noch vor wenigen Monaten prognostiziert. In der jüngsten Prognose vom 15. Juli 2021 erwartet Seco für das laufende Jahr bereits ein Plus von 3,6 Prozent.

    Prognosen zur schweizerischen Wirtschaft (reale Änderung zum Vorjahr in Prozent)

    2020

    2021

    2022

    BIP1)

    -2,7

    3,6

    3,3

    Privater Konsum

    -4,4

    3,9

    3,7

    Staatlicher Konsum

    3,6

    6,6

    -2,4

    Bauinvestitionen

    -1,1

    1,0

    0,2

    Ausrüstungsinvestitionen

    -2,8

    4,5

    3,8

    Exporte2)

    -1,0

    6,0

    5,3

    Importe2)

    -7,4

    5,5

    4,8

    1) sporteventbereinigt; 2) Warenhandel, ohne Gold und AntiquitätenQuelle: Expertengruppe Konjunkturprognosen des Bundes 2021

    Die Produktionsverluste während des Zeitraums der verordneten Einschränkungen lagen bei rund 25 Prozent der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung. Insbesondere die Industrie sowie die unternehmensnahen Dienstleistungen, aber auch Handel und Bauwirtschaft sind aufgrund verschärfter Liefer- und Absatzprobleme betroffen. Der Einbruch des BIP in der 1. Jahreshälfte 2021 war entsprechend massiv und betraf alle Nachfragekomponenten. 

    Erholung im Jahresverlauf 2021

    Laut der Expertengruppe ist die Aufholbewegung der schweizerischen Wirtschaft im 1. Quartal 2021 ins Stocken geraten, hat aber im 2. Quartal an Fahrt aufgenommen. Einige Wirtschaftsbereiche, darunter Teile des Gastgewerbes, sind besonders hart betroffen. Ab dem Sommer soll dann aufgrund der Lockerungen eine breite Erholung aller wirtschaftlichen Aktivitäten erfolgen.

    Einzelne Bereiche dürften aber weiter unter Einbußen zu leiden haben, zum Beispiel der internationale Tourismus und Großveranstaltungen. Als robust erwies sich in der Schweiz vor allem die Chemie- und Pharmabranche, die in Teilen sogar über das ganze Jahr 2020 hinweg zulegen konnte. So exportierten zum Beispiel Schweizer Firmen 2020 nominal rund 8 Prozent mehr pharmazeutische Wirkstoffe und immunologische Produkte als im Jahr zuvor. Bei chemischen Roh- und Grundstoffen erreichte das Exportplus sogar 17 Prozent.

    Andere Industriebranchen wie der Maschinenbau oder die Uhrenhersteller sind auch Anfang 2021 noch im Krisenmodus. Einen Überblick über die Entwicklung wichtiger Branchen bietet der GTAI-Branchencheck.

    Von Axel Simer | Bonn

  • Konjunktur- und Hilfsprogramme

    Mit Kurzarbeitergeld und Liquiditätshilfen in Form von Krediten versucht die Regierung das Schlimmste zu verhindern. Die Impfkampagne läuft auf Hochtouren. (Stand: 12. Juli 2021)

    Von Konkursen bedroht sind besonders Gastronomiebetriebe, Reisebüros, Veranstalter sowie die Transportbranche. Den Betrieben fehlen die Einnahmen, während die hohen Fixkosten wie Löhne, Mieten oder Versicherungen bestehen bleiben. Auch Kindertagesstätten und Landwirte geraten in eine immer prekärere Lage und werden darum teilweise vom Bund unterstützt.

    Unternehmen erhalten Überbrückungskredite

    Der Bundesrat hat die Wirtschaftshilfe für notleidende Unternehmen von ursprünglich 20 Milliarden auf mittlerweile 60 Milliarden Schweizer Franken (rund 56 Milliarden Euro) aufgestockt. Das Geld steht für Überbrückungskredite zur Verfügung. Damit soll die Liquidität, insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), gesichert werden. Über 125.000 Firmen haben solche Kreditvereinbarungen geschlossen. Der Bund sichert Kredite bis 500.000 Franken zu 100 Prozent und Kredite zwischen 500.000 und 20 Millionen Franken zu 85 Prozent ab. 

    Da die praktizierte unbürokratische Kreditvergabe ein gewisses Missbrauchspotenzial birgt, will die Regierung Sicherungen einbauen: Zu Unrecht oder mehrfach beantragte Kredite sollen rasch rückgängig gemacht werden können. Durch Verknüpfung von Mehrwertsteuer- und anderen Daten sollen falsche Umsatzangaben weitgehend vermieden werden.

    In der Schweiz gebe es rund 500.000 KMU, wovon etwa 430.000 direkt oder indirekt von der Coronakrise betroffen sein dürften, äußerte sich Finanzminister Ueli Maurer gegenüber der Presse. KMU erhalten zinslose Überbrückungskredite mit fünf- bis maximal siebenjähriger Laufzeit und bis zu einer Höhe von umgerechnet 475.000 Euro - höchstens aber 10 Prozent ihres Jahresumsatzes. Da der Bund für diese Kredite eine 100-prozentige Bürgschaft übernimmt, tragen die Banken kein Ausfallrisiko. 

    Kreditanträge können über das Eidgenössische Finanzdepartement eingereicht werden. Antragsberechtigt sind alle Unternehmen (Einzelunternehmen, Personengesellschaften oder juristische Personen) mit Sitz in der Schweiz, die wirtschaftlich erheblich von der Coronapandemie betroffen sind,  vor dem 1. März 2020 gegründet wurden und deren Jahresumsatz nicht mehr als 500 Millionen Schweizer Franken beträgt. Zudem darf kein COVID-19- Kreditgesuch stellen, wer bereits im Rahmen der Sofortprogramme für Sport- und Kulturveranstalter Leistungen bezogen hat.

    Kurzarbeit bis zu 18 Monate möglich

    Um Entlassungen aufgrund der schlechten Geschäftslage zu vermeiden, können Unternehmen Kurzarbeit anmelden und für ihre Beschäftigten eine Kurzarbeitsentschädigung (KAE) beantragen. Das Kurzarbeitergeld beträgt in der Schweiz 80 Prozent des maßgeblichen Einkommens. Um die Auszahlungsverfahren der KAE zu vereinfachen hat der Bundesrat beschlossen, dass Einkommen aus einer Zwischenbeschäftigung während der Kurzarbeit nicht mehr mit der KAE verrechnet werden. Für Arbeitnehmer wird mit dieser Anpassung ein finanzieller Anreiz geschaffen, um in Bereichen, die derzeit einen hohen Personalbedarf haben, eine Zwischenbeschäftigung anzunehmen.

    Viele Unternehmen suchen zum gegenwärtigen Zeitpunkt dringend neues Personal, insbesondere im Gesundheitswesen, der Landwirtschaft oder der Logistik. Durch die Vereinfachung des Verfahrens können Abrechnungen für KAE schneller bearbeitet werden. 

    Zur Entlastung der Unternehmen hat der Bundesrat zudem die maximale Bezugsdauer von KAE bei einem Arbeitsausfall von über 85 Prozent verlängert. Ursprünglich galt eine Dauer von vier Monaten. Seit dem 1. September 2020 gilt eine Höchstbezugsdauer von 18 Monaten.

    Auch Selbstständige bekommen Unterstützung

    Ähnliche Regelungen gibt es für Selbstständige. Darunter:

    • Eltern mit Kindern unter 12 Jahren, die ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen müssen, weil die Fremdbetreuung der Kinder nicht mehr gewährleistet ist.
    • Personen, die wegen einer Quarantänemaßnahme ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen müssen.
    • Selbstständigerwerbende, die einen Erwerbsausfall wegen einer bundesrechtlich angeordneten Betriebsschließung oder des Veranstaltungsverbots erleiden.
    • Selbstständigerwerbende Künstlerinnen und Künstler, deren Engagements wegen den Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus annulliert wurden oder die einen eigenen Event absagen mussten.
    • Eltern mit behinderten/beeinträchtigten Kindern bis 20 Jahre, die ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen müssen, um ihre Kinder zu betreuen.
    • Selbständigerwerbende, deren Tätigkeit erlaubt ist, die aber wegen der Auswirkungen der Corona-Maßnahmen weniger oder keine Einnahmen haben, zum Beispiel Taxifahrer oder Ärzte.

    Die Entschädigung kann im Einzelfall bis zu rund 5.300 Euro pro Monat betragen. 

    Auf seiner Homepage informiert das Wirtschaftsministerium sehr detailliert über die aufgelegten Unterstützungsmaßnahmen.

    Mehr Tests und Impfungen

    Im März verabschiedete die Schweizer Regierung eine Corona-Teststrategie und wollte damit vor allem die Kantone und Unternehmen in die Pflicht nehmen. Die Zahl der Teststellen ist in den letzten Wochen enorm gestiegen. Covid-19-Tests können in Spitälern, Arztpraxen, Apotheken oder am Flughafen durchgeführt werden. Apotheken vertreiben zudem seit April 2021 Selbsttests. Seit Dezember 2020 läuft die landesweite Impfkampagne.

    Impfkampagne der Schweiz

    Wie in vielen anderen europäischen Ländern startete die Schweizer Impfkampagne Ende Dezember 2020, hatte jedoch anfänglich mit Engpässen bei der Impfstofflieferung zu kämpfen. Mitte März 2021 hatten daher erst knapp 5 Prozent der Bevölkerung zwei Impfdosen erhalten und somit den vollen Impfschutz. Stand 7. Juli waren es 39 Prozent, insgesamt sind 52 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal geimpft.

    Allerdings sind in der Gruppe der über 80-Jährigen rund 80 Prozent vollständig geimpft. Menschen, die in Pflege- oder Altersheimen wohnen, sind nach offiziellen Angaben vollständig geimpft, sofern sie dies zugelassen haben.

    Ähnlich wie in der EU gibt es in der Schweiz einen digitalen Impfpass - Impfzertifikat genannt -, um Geimpften einen Zugang zu Geschäften, Restaurants, Veranstaltungen etc. zu ermöglichen. 

    Von Axel Simer | Bonn

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