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Special Singapur Konnektivität

Deutscher Tunnelbauer: Auf den globalen Hub Singapur ist Verlass

Singapur bietet gute Perspektiven für deutsche Infrastrukturbauer. Doch die Region Südostasien als Ganzes bleibt ein schwieriger Markt. China ist mehr Konkurrent als Partner.

Von Marcus Hernig | Bonn

Die Ed.Züblin AG gehört seit 1898 zu den führenden Bauunternehmen Deutschlands und seit 2016 komplett zur österreichischen STRABAG-Gruppe. Das Unternehmen beschäftigte im Jahr 2020 rund 14.000 Mitarbeiter weltweit.

In Singapur ist Züblin seit 1997 aktiv. Im Jahr 2015 nahm das Unternehmen ein Fertigteilwerk in Malaysia in Betrieb, um weltweit Projekte mit den eigenen Bauteilen zu versorgen. Die Spezialität des Unternehmens in Singapur ist das sogenannte Microtunneling. Dabei handelt es sich um kleinere Tunnel mit bis zu drei Metern Durchmesser. Microtunneling wird im Stadtstaat hauptsächlich beim Bau von Abwasserleitungen angewendet. Weitere Einsatzmöglichkeiten weltweit liegen im Pipelinebau, im U-Bahnbau oder bei der Konstruktion von Meerwasserentsalzungsanlagen.

Standortwahl Singapur: Hohe Verlässlichkeit und viele Geschäftsmöglichkeiten

Warum wählt ein deutsches Bauunternehmen wie Züblin den Standort Singapur für seine internationalen Aktivitäten? Der kaufmännische Leiter des Singapurer Tunnelspezialisten, Christian Knaack, ist überzeugt, dass die langfristige Auslastung mit Projekten im Stadtstaat selbst das stärkste Argument ist. Die Investitionen rechnen sich. "Hinzu kommen", so Knaack, "die hohe Rechtssicherheit und vor allem die Vertragskonformität. Die Projekte sind finanziert. Sie laufen reibungslos und werden abgeschlossen".

Josef Kofler, Geschäftsführer Züblin Josef Kofler, Geschäftsführer Züblin | © Josef Kofler, Geschäftsführer Züblin

"Das vermisst man oft in anderen Staaten der Region Südostasien", ergänzt Josef Kofler, Geschäftsführer der Singapurer Niederlassung. "Der Kunde in Singapur hat Geld und bezahlt. In vielen Nachbarstaaten kommt die Ausschreibung, man gewinnt gegebenenfalls. Dann aber wird verschoben oder ganz abgesagt." Josef Kofler wundert sich auch nach Jahren vor Ort noch immer darüber, wie viele Tunnel im Land gebaut werden: "2030 wird das U-Bahnnetz fast die Länge Londons erreichen. Und was die planen, das setzen die auch um."

Die kleinräumigen Strukturen im Stadtstaat erfordern eine intensive Nutzung oberhalb wie unterhalb der Erdoberfläche. "Natürlich sind wir nicht die einzigen, die hier ihre Chancen sehen. Viele versuchen, uns zu unterbieten. Der Wettbewerb ist hart und die Kosten vor Ort hoch."

Erfolge im Mikrotunnelbau sorgen für Perspektiven bei Meerwasserentsalzungsanlagen

Für die Ed.Züblin AG ist Singapur der Hub für internationale Infrastrukturprojekte weltweit. "Nicht nur die zentrale Lage in einer globalen Wachstumsregion, sondern die ausgezeichnete Infrastruktur des Stadtstaates machen dies möglich" bekräftigen die beiden Züblin-Manager.

"Sehr interessante Möglichkeiten" für die Kleintunnelbauer am Standort Singapur bot das Pipelineprojekte TurkStream zwischen Russland und der Türkei. Im Jahr 2017 baute Züblin Singapur für TurkStream die Land-Meer-Verbindungstunnel im russischen Anapa am Schwarzen Meer. In Abu Dhabi realisierte die Firma ihr bisher größtes Mikrotunnel-Projekt mit 50 Kilometer Gesamtlänge.

Meerwasserentsalzungslagen, die Ein- und Auslasstunnel benötigen, können zu einem wichtigen Zukunftsstandbein für die deutschen Spezialbohrer werden. Süßwasser spielt in den wachsenden Häfen am Indischen Ozean eine lebensnotwendige Rolle.

Nur langfristige Präsenz sichert Erfolge in Südostasien

In den ASEAN-Staaten vor Singapurs Haustür wechseln sich Licht und Schatten für den Stuttgarter Tiefbauspezialisten ab. "Singapur ist unser Gobal Hub. Natürlich haben wir Südostasien von hier aus im Blick", betont Kofler, "aber Singapur ist am stabilsten und bietet die bisher verlässlichsten Möglichkeiten".

"In Vietnam haben wir vor zwei, drei Jahren versucht, ein Tunnelbauprojekt zu starten. Die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) war Geldgeber. Die Auslandshandelskammer und die deutsche Botschaft haben das Projekt flankiert. Trotzdem bekam die französische Konkurrenz den Zuschlag", sagt Christian Knaack: "Wir hatten Glück im Unglück, denn am Ende verschob sich das Projekt erheblich."

Vietnam und andere Länder in Südostasien sind für die Tiefbauer interessante, aber weitgehend geschlossene Märkte. Man kommt nur sehr schwer hinein. In Bangkok versuchte Züblin, in das Prestigeprojekt Airport High-Speed Rail Link einzusteigen. Am Ende kam man "technisch nicht zusammen". Den Zuschlag bekam ein Konsortium, an dem die China Railway Construction Corporation beteiligt ist.

Was haben die Chinesen und was fehlt den Deutschen? Für Christian Knaack ist die Antwort klar: "Die langfristige Erfahrung im Markt. Wir gehen in die Märkte hinein und wieder heraus. Südostasien benötigt langfristige Präsenz." Die hat Züblin seit vielen Jahren in Malaysia. In direkter Nähe zum wichtigsten regionalen Absatzmarkt Singapur fertigt man dort – mit deutschem Qualitätsanspruch – wichtige Spezialbauteile für Tunnelprojekte weltweit.

China und die Seidenstraße: Harte Konkurrenz eröffnet kaum neue Chancen

Bei der hohen Qualität aber liegt auch ein Problem. Im Vergleich zu der immer stärkeren Konkurrenz aus China und anderen asiatischen Ländern ist man oft zu teuer für den südostasiatischen Markt. Chinas Belt and Road Initiative (BRI) sehen Kofler und Knaack als geschickt vom chinesischen Staat inszenierte Subvention. Bisher eröffneten sich für den Spezialtunnelbohrer keinerlei Chancen entlang der neuen Seidenstraße und auch künftig sei das sehr unwahrscheinlich.

Mit japanischen und koreanischen Firmen sieht es dagegen besser aus. Hier finden sich gute Chancen zur Zusammenarbeit. Singapurs nächster U-Bahn-Bauabschnitt, die Cross Island Line, macht Deutschen und Ostasiaten Hoffnung auf neue Aufträge.

"Die Chinesen machen es besser als die Deutschen", meint Geschäftsführer Kofler am Ende unseres Gesprächs: "Sie verbinden staatliche Planung mit gezielten Aufträgen an die eigenen Firmen. Genau diese Unterstützung durch die Politik fehlt uns."

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