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Special | Slowakei | Coronavirus
Die Krise hat die meisten Branchen in der Slowakei hart getroffen. Bei der Erholung gibt die Industrie den Takt vor. (Stand: 18. Januar 2021)
Von Miriam Neubert | Bratislava
Die neue Infektionswelle im Herbst hat besonders Fachhandel und Dienstleister erfasst. Hingegen arbeitete die Industrie mit zunehmend besserer Auslastung, im 4. Quartal 2020 erreichte diese 82 Prozent.
Generell hat die Pandemie die Unternehmen in der Slowakei vor bislang nicht gekannte Herausforderungen gestellt - logistisch, operativ und finanziell. Doch gerade die Industrie begann schnell aus dem Rezessionstief des 2. Quartals aufzusteigen.
In einer Auswahl von Branchen der Industrie (darunter Kfz-Herstellung, Elektronik, elektrische Ausrüstungen, andere Transportmittel) liegt der Auftragseingang seit Juni 2020 über dem Niveau des Vorjahres. Am ausgeprägtesten war das laut vorläufigen Angaben des Slowakischen Statistikamts im November mit einem Plus von 8 Prozent der Fall (konstante Preise). Produktion und Umsätze folgten diesem Trend.
Im November kam auch bei der Produktion der Durchbruch. Das Slowakische Statistikamt meldete für die Industrie den ersten Zuwachs (+2,2 Prozent). Beim verarbeitenden Gewerbe war es ein Plus von 0,5 Prozent. Bergbau, Petrochemie, die Chemieindustrie (ohne Pharmazie) und Energiewirtschaft produzierten sogar im gesamten Zeitraum Januar bis November 2020 mehr als im vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres.
Die Rezession des Jahres 2020 aber reicht tief. Die Industrieumsätze schrumpften um 10 Prozent, darunter in der für das Land zentralen Fahrzeugbranche um fast 14 Prozent. Diese hat im 2. Halbjahr begonnen, Terrain gutzumachen, was auch andere Branchen anstieß. Fast ein Drittel der Industrieproduktion und der Exporte entfällt auf Autos und ihre Teile. Volkswagen Slovakia hat drei Werke in der Slowakei und will bis 2023 massiv investieren. Hinzu kommen die Werke von PSA, Kia und Jaguar Land Rover.
Die Transport- und Logistikbranche war im Frühjahr durch die europäischen Anticorona-Maßnahmen und Lieferverknotungen schwer betroffen, begann aber vom Erholungstakt der Autoindustrie zu profitieren. Ihre Umsätze lagen von Januar bis November 2020 um 9 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Dabei tat sich der Transport auf Straße und Schiene leichter mit der Erholung als die Lagerdienstleistungen. Dem Luftverkehr hingegen konnte auch der kurze Impuls des Sommers und der Öffnung der Flughäfen nicht aus dem Umsatztief heraushelfen.
Geschäftsvorteile durch die Regeln des Social Distancing, der Quarantäne und der Geschäftsverbote haben Post- und Kurierdienstleister. Ihre Erlöse nahmen zu. Die Informations- und Kommunikationsdienstleistungen verzeichneten in den ersten elf Monaten 2020 einen Umsatzrückgang von 1,6 Prozent. Allein die Computerprogrammierung blieb im Plus. Unternehmen und Staat setzen verstärkt auf Digitalisierung, Geschäfte auf das Onlineangebot, der Gesundheitssektor auf elektronische Dienstleistungen.
Nach vier negativen Monaten sind die Einzelhandelsumsätze im Juli und August 2020 über den Vorjahreswert hinausgewachsen. Insgesamt aber unterschritten sie in den ersten acht Monaten den Vorjahreswert noch um 2,6 Prozent. Betroffen war durch die wochenlangen Geschäftsverbote im Frühjahr vor allem der Facheinzelhandel mit einem Rückgang um über 9 Prozent. Hingegen nahm der Einzelhandel in nicht spezialisierten Geschäften, also vor allem Supermärkten, um 5 Prozent zu. Am schwersten mitgenommen hat die Pandemie den Autohandel, der um 19 Prozent einbrach. Der Großhandel verbuchte mit 0,5 Prozent ein leichtes Plus.
Besonders schwer hat es die Pandemie den mit Tourismus und Freizeit verbundenen Dienstleistern gemacht, da die wirksamste Bekämpfung von Covid-19 in der Einschränkung der Bewegungsfreiheit der Menschen besteht. Die Umsätze des Hotel- und Gastgewerbes, das ähnlich wie die Luftfahrt zeitweilig fast ausgeschaltet war, lagen in den ersten acht Monaten um 39 Prozent unter dem Vorjahresniveau.
Dass durch die zweite Coronawelle die Reisenden erneut ausbleiben, wird sie abermals herabziehen. Für Restaurants und Gaststätten betrug das Minus 6 Prozent. Die Erholung im Sommer währte nur kurz, da sie sich im Oktober erneut Einschränkungen beugen mussten. Immerhin hat die Regierung Hilfsmaßnahmen für die Tourismusbranche verabschiedet, die die fixen Kosten kompensieren sollen und mit anderen Krisenhilfen kombiniert werden dürfen.
Den positiven Jahresstart 2020 hat Corona auch für das Baugewerbe abrupt beendet. In den ersten elf Monaten nahmen die im Inland erwirtschafteten Umsätze laut Statistikamt um 14 Prozent ab. Der Wohnungsbau leidet an der Planungsunsicherheit, der Infrastrukturbau an einem Mangel an vorbereiteten staatlichen Projekten. Dem will die neue Regierung mittelfristig Abhilfe schaffen. Sie präsentierte im September eine Liste der prioritären Autobahn- und Straßenprojekte, für die sie bald ein Harmonogramm vorstellen will.