Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branchen | Spanien | Gesundheitswesen

Gesundheitssystem

Das gut bewertete staatliche Gesundheitswesen erfasst circa 99 Prozent der Einwohner Spaniens. Private Zusatzversicherungen sind dennoch beliebt und verbreitet.

Von Oliver Idem | Madrid

Spaniens Gesundheitssystem genießt einen guten Ruf. In der Coronakrise zeigte sich allerdings, dass die Kooperation innerhalb des dezentralen Gesundheitswesens verbessert werden kann. Das Land kam 2021 auf 122,8 Milliarden Euro Gesundheitsausgaben, die vor allem aus Beitragseinnahmen finanziert wurden.

Innerhalb von Europa besitzt Spanien das am höchsten bewertete Gesundheitssystem seitens der Patienten. Private Gesundheitsanbieter schneiden in Umfragen noch etwas besser ab, doch 68 Prozent waren 2019 mit dem staatlichen System zufrieden. Seit 2005 schwankten die Bewertungen kaum, sodass von einer stabil positiven Einschätzung der Patienten ausgegangen werden kann. Diese vergaben 2019 die beste Note für die Grundversorgung. Der Notdienst von Krankenhäusern erhielt die niedrigste Bewertung. Zudem bewertet nur eine Minderheit die Koordination zwischen den verschiedenen Ebenen der Gesundheitsversorgung positiv.

Der staatliche Gesundheitsdienst SNS unterhält laut neuesten Zahlen des Gesundheitsministeriums insgesamt 13.097 Gesundheitszentren und lokale Praxen als erste Anlaufstellen. Darunter befinden sich 3.054 Gesundheitszentren. Die 10.043 lokalen Praxen finden sich besonders häufig in den ländlich geprägten Autonomen Gemeinschaften. Unter ihnen befinden sich auch spezialisierte Einrichtungen etwa für Zahngesundheit und Schwangerschaften.

Das nationale Verzeichnis umfasste 2021 insgesamt 835 vorwiegend kleinere Krankenhäuser. Die wichtigsten Betreiber sind der SNS, private Anbieter, Wohlfahrtsverbände und Kommunen. Den größten Anteil hatte der staatliche Gesundheitsdienst, in dessen Krankenhäusern sich vier Fünftel der Betten in Spanien befanden.

Kurativ starkes, aber nicht optimal vernetztes System

Die Stärken des spanischen Systems liegen zum Beispiel im kurativen Bereich und in vielen Regionen auch bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens.

Eine Schwäche liegt in den Wartezeiten zum Beispiel auf nicht dringende operative Eingriffe und manche Untersuchungen. Zudem macht sich jedes Jahr die Hauptferienzeit im Juli und August bemerkbar. Dann befinden sich auch viele Beschäftigte des Gesundheitswesens im Urlaub und die Personaldecke ist dünner als gewöhnlich. Das Gesundheitsministerium strebt an, die Anzahl der befristeten Verträge im staatlichen Gesundheitssystem zu reduzieren.

Zur Kooperation des Zentralstaats mit der darunterliegenden Ebene existiert bereits ein Instrument. Das staatliche Gesundheitswesen wird durch den Consejo Interterritorial koordiniert. In diesen entsenden die Zentralregierung und die Autonomen Gemeinschaften Vertreter.

Beitragssystem als wichtigste Säule der Finanzierung

Die Hauptquelle der Finanzierung des Gesundheitswesens sind Beiträge, die zu unterschiedlichen Anteilen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern aufgebracht werden. Mit Ausnahme der Berufsunfallversicherung fließen alle Beiträge in eine einzige staatliche Versicherung namens Seguridad Social. Dabei ist die Renten- und Krankenversicherung zu einem gemeinsamen Bereich zusammengefasst.

Die Beitragsbemessungsgrenze liegt 2022 nach Angaben der AHK Spanien bei 4.139,40 Euro. Insgesamt betragen die Sozialbeiträge im Standardfall circa 39,35 Prozent, wovon die Arbeitnehmer 6,35 Prozent tragen. Die kombinierten Abzüge für die Renten- und Krankenversicherung bilden den mit Abstand größten Posten. Die insgesamt 28,30 Prozent Beitrag speisen sich aus 23,60 Prozent seitens der Arbeitgeber und 4,70 Prozent von den Beschäftigten.

Die Sozialversicherung benötigt wegen der hohen Lebenserwartung, einer niedrigen Geburtenrate und einer hohen Sockelarbeitslosigkeit vermehrt staatliche Zuschüsse für ihre Aufgaben. Um die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben zu schließen, steigt der Steuerzuschuss 2022 voraussichtlich um 31 Prozent auf 18,4 Milliarden Euro.

Private Zusatzversicherungen sind ein sehr geschätztes Extra als zusätzlicher Gehaltsbestandteil. Sie ermöglichen zum Beispiel eine Zeitersparnis, wenn Termine bei Spezialisten knapp und die lokalen Gesundheitszentren stark frequentiert sind. 

Über die Sozialversicherungsbeiträge hinaus können auf regionaler Ebene weitere Gelder ins Gesundheitswesen fließen. Die Autonomen Gemeinschaften können eigene Steuern erheben. Manche von ihnen nutzen Mittel daraus, um die Finanzbasis ihres Gesundheitssystems zu verbreitern.

Leistungskatalog mit voll und teilweise öffentlich finanzierten Leistungen

Das Gesundheitsministerium veröffentlicht einen Überblick über den Leistungsumfang des staatlichen Gesundheitsdienstes und die Rechtsgrundlagen dafür. Dort ist unter anderem der Katalog der vollständig aus öffentlichen Geldern finanzierten Leistungen verfügbar. Informationen über Zuzahlungen für Medikamente, Orthoprothetik, diätetische Produkte und Krankenfahrten (außer in Notfällen) sind ebenfalls aufgeführt.

Das staatliche Gesundheitssystem deckt die gesamte Bevölkerung ab. Der Jahresbericht 2020-2021 des SNS kommt bei 47,4 Millionen Einwohnern auf 96,5 Prozent direkt erfasste Personen. Hinzu kommen weitere 3,5 Prozent, die über Kooperationen mit privaten Versicherungen Zugang zum SNS haben. Der Gesundheitsstiftung IDIS zufolge besitzen insgesamt 8,7 Millionen Menschen eine ergänzende private Krankenversicherung.

Dieser Inhalt gehört zu

nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.