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Special | Algerien | Klimaschutzatlas

Klimaschutz-Atlas

Energie: Algeriens Energiewende braucht noch viel Zeit

Algerien scheint die Notwendigkeit einer Energiewende anzuerkennen. Die Umsetzung der ambitionierten Ziele kommt bislang jedoch nur schleppend voran.

Von Peter Schmitz | Tunis

Algeriens Volkswirtschaft fußt auf der Förderung, der Nutzung und dem Export von fossilen Energieträgern. Das Land gehört zu den größten Produzenten von Erdgas. Etwa 90 Prozent der Exporteinnahmen stammen aus der Ausfuhr von Öl, Gas und deren Derivaten.

Primärenergie: Hoffnung ruht auf Wasserstoff

Mit dem großen Potenzial zur Energiegewinnung aus erneuerbaren Energien, einer bestehenden Gasinfrastruktur, der Nähe zu Europa sowie dem großen Eigenbedarf bietet sich für Algerien auch die Produktion von Wasserstoff und seine Nutzung an. Eine Potenzialstudie dazu wurde Ende 2021 von der deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) veröffentlicht.

Mit durchschnittlich mehr als 3.000 Sonnenstunden im Jahr sind die Bedingungen für die Nutzung von Sonnenenergie ideal. Zudem belastet jede Ausweitung der gasbasierten Energieerzeugung den Staatshaushalt, da man das wichtigste Exportgut verbrennt. Es ist unerlässlich, erneuerbare Alternativen zu entwickeln, die die nationale Nachfrage nach Energie decken können und gleichzeitig dafür sorgen, dass die fossilen Ressourcen für andere Zwecke erhalten bleiben.

In einem ersten Schritt zur Unterstützung dieses Projekts setzte das Ministerium für Energie und Bergbau ein Komitee zur Erarbeitung einer nationalen Wasserstoffstrategie ein. Bis 2040 will Algerien etwa 30 Terrawattstunden Wasserstoff produzieren und exportieren. Deutschland unterstützt Algerien bei der Entwicklung der erneuerbaren Energien und der nationalen Wasserstoffstrategie im Rahmen der Deutsch-Algerischen Energiepartnerschaft.

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Stromerzeugung: Ausbau erneuerbarer Energien läuft schleppend

Die Stromerzeugung konzentriert sich vor allem auf Gas. Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist seit den frühen 2000er-Jahren geplant, spielte bisher aber kaum eine Rolle, ebenso wenig die Energieeffizienz. Von 2000 bis 2017 stieg der Energiebedarf jährlich um durchschnittlich 5 Prozent. Grund war neben dem Bevölkerungswachstum auch eine Änderung der Lebensgewohnheiten und die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Auch der Klimawandel trägt dazu bei. Im Juli 2023 wurde mit über 18.000 Megawatt pro Tag ein historischer Rekord beim Elektrizitätsverbrauch erreicht. Ursache dafür ist vor allem der Einsatz von Klimaanlagen in Gebäuden.

Bis auf Weiteres wird Gas dennoch das Rückgrat der Stromerzeugung in Algerien bleiben. Die installierte Kapazität der Gaskraftwerke lag 2019 nach Angaben der Commission des energies renouvelables et de l'efficacité énergétique (CEREFE) bei etwa 21.000 Megawatt. Bis 2028 soll diese auf 36.000 Megawatt steigen.

Der Ausbau der erneuerbaren Energien soll bis 2030 voranschreiten. Die erhoffte Dynamik jedoch ist abgeflaut, zumindest bis zum Sommer 2023. Während bis 2018 nur etwa 350 Megawatt Solar- und 10 Megawatt Windenergie installiert worden sind (genaue Zahlen sind kaum vorhanden), sollte der Ausbau vor allem der Solaranergie eigentlich Fahrt aufnehmen.

Eine lang erwartete Ausschreibung über 1.000 Megawatt, verteilt auf Lose zwischen 50 und 300 Megawatt, wurde zum Jahresende 2021 von Shaems lanciert, dem neu ins Leben gerufenen Gemeinschaftsunternehmen von Sonelgaz und Sonatrach. Nachdem die Abgabefrist mehrmals verschoben wurde, hört man seit Langem nichts mehr. Offiziell eingestellt wurde das Verfahren bislang jedoch nicht. 

Im Frühjahr 2023 startete stattdessen Sonelgaz selbst eine Ausschreibung. Statt eines IPP-Modells (Independent Power Producer), bei dem die Investoren Eigentümer des Projekts wären und den Strom anschließend verkauften, setzt Sonelgaz auf EPC-Verträge (Engineering, Procurement and Construction). Auch hier wurde die Abgabefrist bereits verschoben und endet voraussichtlich Ende Juli 2023. Sonelgaz plant insgesamt 2.000 Megawatt, verteilt auf 11 Standorte mit Kapazitäten von 80 bis 220 Megawatt. 

Die Gesamtziele der Strategie sind davon offiziell unberührt. Bis 2030 sieht diese insgesamt 22.000 Megawatt aus erneuerbaren Energien vor. Davon entfallen 13.500 Megawatt auf Fotovoltaik, 5.000 Megawatt auf Windenergie und 2.000 Megawatt auf konzentrierte Solarenergie. 1.000 Megawatt sollen aus Biomasse erzeugt werden, 400 Megawatt durch Kraft-Wärme-Kopplung sowie 15 Megawatt mit Geothermie. 

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Höhere Energieeffizienz in der Industrie als Chance für Investitionen

Seit 2011 verfolgt Algerien eine Strategie zur Verbesserung der Energieeffizienz. Sie wurde im Jahr 2015 überarbeitet. Bis 2030 sollen im Gebäudeenergiebereich 30 Millionen Tonnen Öläquivalent (tons of oil equivalent, toe) eingespart werden: 20 Millionen toe durch den Einsatz energiesparender Leuchtmittel, 7 Millionen toe durch thermische Isolierung von Gebäuden, 2 Millionen toe durch den Einsatz von Solarthermie zur Warmwassererzeugung, sowie etwa 1 Million toe durch den Einsatz von Leuchtdioden (LED) im Bereich der öffentlichen Beleuchtung. 

Im Transportsektor setzt die Strategie zur Energieeffizienz relativ allgemein auf den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, etwas konkreter auf den Einsatz von alternativen Kraftstoffen, insbesondere verflüssigtes Petroleumgas und komprimiertes Erdgas. Das soll zur Einsparung von 16 Millionen toe bis 2030 führen. 

Für deutsche Unternehmen dürfte der Bereich der industriellen Energieeffizienz mittelfristig das interessanteste Betätigungsfeld werden. Energieaudits und Monitoring sind hier die wichtigsten Stichwörter, die künftig eine deutlich wichtigere Rolle spielen dürften. Neben dem Öl- und Gassektor kommen dafür besonders die Zement- und die Stahlindustrie in Frage. 

Abgesehen vom Ausbau des Gaskraftwerkparks und dem Programm für erneuerbare Energien hält Algerien bislang grundsätzlich auch an den Plänen zum Bau eines Kernreaktors fest. Seit einigen Jahren gibt es dazu immer wieder Meldungen. Im Jahr 2019 wurde ein entsprechendes Gesetz verabschiedet. Als Partner waren China, Russland oder Frankreich im Gespräch. Wirklich absehbar ist der Start aktuell nicht. Auch die Nutzung oder Speicherung von CO₂ wird bisher nicht offensiv verfolgt.


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