Mehr zu:
Wasser- und Abwassertechnologie, übergreifendBranchen
Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?
Special | Israel | Wasser- und Abwassertechnologie
Die Wasserwirtschaft verbucht Erfolge, muss aber weiterhin Milliardenbeträge investieren, um Versorgungsausfälle zu vermeiden. Das wird deutschen Lieferanten Chancen eröffnen.
06.01.2021
Die größte Herausforderung der israelischen Wasserwirtschaft in den kommenden Jahren und Jahrzehnten ist die rapide steigende Nachfrage nach Wasser. Von den geschätzten 2,1 Milliarden Kubikmeter im Jahr 2020 wird der Wasserverbrauch nach Prognosen der Wasserbehörde (Water Authority) auf 2,6 Milliarden Kubikmeter 2030 und 2,9 Milliarden Kubikmeter 2040 steigen.
Der entscheidende Grund dafür ist das Bevölkerungswachstum. Von den 2020 verzeichneten 9,2 Millionen wird die von der Wasserbehörde prognostizierte Bevölkerungszahl auf rund 11 Millionen 2030 und 13 Millionen 2040 steigen. Auch wenn es gelingt, wie von der Wasserbehörde in ihrer Planung angenommen, den Wasserverbrauch je Einwohner konstant bei 91 Kubikmeter pro Jahr zu halten, nimmt der Gesamtwasserkonsum der Haushalte (inklusive öffentlicher Einrichtungen und der gewerblichen Wirtschaft außer Landwirtschaft und Industrie) bis 2030 um 23,8 Prozent und bis 2040 um 38,1 Prozent zu.
Ein Nutznießer dieser Entwicklung wird, so die Prognose, die Landwirtschaft sein: Je mehr Haushaltsabwässer anfallen, umso größere Mengen von gereinigtem und wiederverwendbarem Abwasser werden der Landwirtschaft zur Verfügung stehen. Deshalb plant die Wasserbehörde, bei der Abwasserreinigung nicht nachzulassen, sondern diese weiter auszubauen.
Wie die Wasserbehörde gegenüber Germany Trade & Invest erklärte, soll der Anteil des wiederverwendbaren Abwassers an der Gesamtmenge der gereinigten Abwässer von 86 Prozent (2020) künftig auf 90 Prozent steigen. Auch der Anteil der Abwässer, die tertiäre Behandlung durchlaufen, soll steigen. Die Zunahme und die Verbesserung der Qualität der gereinigten Abwassermenge wird massive Investitionen in die Kläranlagen erfordern.
Nach tertiärer Behandlung erreicht das Wasser de facto Trinkqualität. Zwar wird es nicht als Trinkwasser verwendet, doch nimmt die Bandbreite seiner Anwendungen in der Landwirtschaft gegenüber sekundär gereinigtem Abwasser zu. Zugleich wird der Anteil gereinigter Abwässer am landwirtschaftlichen Wasserverbrauch laut der Prognose von 41 Prozent (2020) auf 56 Prozent (2040) steigen.
Die erforderliche Expansion der Trinkwasserversorgung wird sich weiterhin auf Entsalzungsanlagen stützen, zumal wegen des Klimawandels geringere Niederschlagsmengen erwartet werden. Im Mai 2020 gewann die israelische Firma IDE die Ausschreibung für die Großentsalzungsanlage Sorek B. IDE wird Sorek B bauen und 25 Jahre lang betreiben. Die Jahreskapazität der Anlage liegt bei 200 Millionen Kubikmeter pro Jahr.
Bereits geplant ist eine weitere Entsalzungsanlage im Norden der israelischen Mittelmeerküste. Ihre Kapazität soll bei 100 oder 200 Millionen Kubikmeter pro Jahr liegen. Während Sorek B 2023 betriebsbereit sein soll, wird die Inbetriebnahme der nördlichen Anlage für 2025 erwartet. Damit würde die Entsalzungskapazität der Großanlagen von gegenwärtig 585 Millionen Kubikmetern pro Jahr, ab 2025 auf bis zu 985 Millionen Kubikmetern steigen. Unter dem Strich dürfte Israel ab 2025 auf 2 Milliarden bis 2,2 Milliarden Kubikmeter Trinkwasser pro Jahr zurückgreifen können.
Damit wären vor der zweiten Hälfte der 30er-Jahre keine neuen Investitionen in den Bau von Meerwasserentsalzungsanlagen zu erwarten. Die Situation könnte sich allerdings ändern, wenn beschlossen wird, dass die Wasserentnahme aus den durch Überpumpung schwer beschädigten Aquifern reduziert und die Wasserzufuhr an die Natur gesteigert wird. Dies sind Entscheidungen, die von Regierungsseite im kommenden Jahrzehnt zu treffen sind.
Nicht so lange warten können die Investitionen in das Wassertransport- und Wasserverteilungsnetz. In den kommenden Jahren sieht die Wasserbehörde einen Investitionsbedarf von umgerechnet 1,2 Milliarden US-Dollar vor, unter anderem für die Verlegung neuer und das Auswechseln alter Wasserleitungen, den Anschluss neuer Entsalzungsanlagen an das Wassernetz, neue Pumpstationen und Wasserreservoirs.
Traditionell bezog Israel einen großen Teil seines Wassers aus dem im Landesnorden gelegenen See Genezareth. Allerdings ist dieser inzwischen so überpumpt, dass er faktisch kein Wasser liefern kann. Daran ändert auch der spürbare Anstieg des Wasserpegels durch die niederschlagsreiche Regensaison 2019/20 in der längeren Frist wenig. Im Jahr 2018 kam der See nur noch für 0,8 Prozent der gesamten Wasserversorgung beziehungsweise 1,6 Prozent der Trinkwasserversorgung auf. Es ist nicht auszuschließen, dass ihm künftig entsalztes Wasser von der Mittelmeerküste zugeführt werden muss.
In jedem Fall müssen die Entsalzungsanlagen mehr Wasser in den Landesnorden liefern. Nachdem der See Genezareth als Versorgungsquelle ausgefallen ist, leiden die nördlichen Landesteile an Wasserknappheit. Ihre Versorgung zu garantieren, wird einen erheblichen Teil der ins Wassernetz zu tätigenden Investitionen in Anspruch nehmen.
Auffällig ist, dass der Wasserbedarf der Industrie laut der Prognose der Wasserbehörde nahezu unverändert bleibt. Im Jahr 2030 soll er um 2,6 Prozent und 2040 um 4,6 Prozent über dem Stand von 2020 liegen. Dabei wird die Industrieproduktion, wenn sie das Wachstumstempo des letzten Jahrzehnts beibehält, 2030 real um rund 16 Prozent und 2040 um circa 35 Prozent über dem Stand von 2020 liegen. Das bedeutet, dass die Industrie ihre jetzt schon hohe Wassereffizienz in bestimmten Branchen weiter steigern und sich zum Teil stärker auf wassersparsamere Branchen verlegen müsste.
Sektor/Wasserqualität | 2020 (Schätzung) | 2030 (Prognose) | 2040 (Prognose) |
---|---|---|---|
1. Trinkwasser für Haushalte, öffentliche Einrichtungen, Dienstleistungen u.a., | 839 | 1010 | 1209 |
2. Industrie | 117 | 120 | 123 |
2. 1 Trinkwasser | 89 | 92 | 94 |
2. 2 Brackwasser | 29 | 29 | 29 |
3. Landwirtschaft | 1.170 | 1.422 | 1.573 |
3. 1 Trinkwasser | 503 | 536 | 506 |
3. 2 Brackwasser | 187 | 187 | 187 |
3. 3 Gereinigtes Abwasser | 480 | 699 | 880 |
Insgesamt (1 bis 3) | 2.126 | 2.552 | 2.905 |