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Sri Lanka: Markt mit Potenzial und Tücken
Im Gesundheitswesen Sri Lankas ist der Investitionsbedarf hoch. Bürokratische Hürden bremsen jedoch notwendige Beschaffungen.
17.10.2025
Von Florian Wenke | Mumbai
Die Gesundheitsversorgung in Sri Lanka ist vergleichsweise gut entwickelt. Nach letzten Angaben der Weltbank lagen die Gesundheitsausgaben im Jahr 2022 bei rund 146 US-Dollar (US$) pro Person und damit fast doppelt so hoch wie in Indien mit circa 79 US$ je Einwohner.
Vor allem in urbanen Zentren besteht ein dichtes Netz von medizinischen Einrichtungen. Das Gesundheitsministerium geht davon aus, dass öffentliche Einrichtungen 95 Prozent der stationären und 50 Prozent der ambulanten Versorgung leisten. Die medizinische Versorgung ist für die Bevölkerung kostenfrei und wird aus öffentlichen Mitteln finanziert.
Es praktizieren auch Privatärzte und private Gesundheitseinrichtungen. Das Sri Lanka Journal of Medicine berichtete Anfang 2025, dass es 192 offiziell registrierte private Krankenhäuser im Land gibt. Aufgrund der großen Bedeutung der Metropole Colombo für den Wirtschaftsstandort Sri Lanka sind dort die großen privaten Gesundheitseinrichtungen angesiedelt. Sie beschaffen ihre Medizinprodukte selbst und direkt.
Bedarf für importierte Geräte
Infolge des Staatsbankrotts 2022 und der anschließenden Wirtschaftskrise brachen die Umsätze mit medizinischen Geräten zunächst deutlich ein. Es wurde nur in geringem Umfang in die Gesundheitsversorgung investiert und nur wenig Medizintechnik importiert. Das Datenportal Statista schätzt die Branchenumsätze im Jahr 2025 auf rund 294 Millionen US$. Die Experten prognostizieren, dass sie weiter steigen und im Jahr 2028 um 26 Prozent über dem Niveau von 2025 liegen werden. Alle Produktgruppen dürften Zuwächse verzeichnen.
Der Bedarf nach Gesundheitsleistungen wächst, besonders in den Bereichen der Früherkennung. Dafür werden unter anderem Geräte für bildgebende Verfahren benötigt, darunter Computertomographen und Kernspintomographen für die Magnetresonanztomographie (MRT). Fachleute gehen davon aus, dass im gesamten Land lediglich 27 Geräte für MRT-Anwendungen verfügbar sind, die zudem größtenteils älter als zehn Jahre sein sollen.
Der während der Wirtschaftskrise aufgebaute Investitionsstau dürfte in den nächsten Jahren abgebaut werden. Ein Großteil der medizintechnischen Geräte muss importiert werden. Aktuelle Ausschreibungen veröffentlicht das Gesundheitsministerium. Auch die Asiatische Entwicklungsbank ADB unterstützt den Ausbau der Gesundheitsversorgung und die deutsche Entwicklungsbank KfW finanziert Anschaffungen von Ausrüstungen für das Deutsch–Sri-Lanka-Freundschaftskrankenhaus für Frauen, das nach der Zerstörung durch den Tsunami 2004 im März 2024 wiedereröffnet wurde.
SITC *) | Produkt | Importwert (2024) | Anteil aus Deutschland |
---|---|---|---|
774.1 | Elektrodiagnoseapparate und -geräte | 7,6 | 6,5 |
774.2 | Röntgenapparate etc. | 7,5 | 14,3 |
741.83 | Sterilisierapparate | 0,9 | 0,1 |
872.1 | Zahnmedizinische Instrumente; a.n.g. | 0,4 | 8,8 |
872.21 | Spritzen, Nadeln, Katheter, Kanülen etc. | 13,2 | 3,1 |
872.25 | Ophthalmologische Instrumente | 3,7 | 10,2 |
872.29 | Andere Instrumente, Apparate und Geräte | 42,0 | 11,2 |
872.3 | Therapiegeräte, Atmungsgeräte etc. | 3,4 | 3,6 |
872.4 | Medizinmöbel etc. | 2,0 | 6,6 |
899.6 | Orthopädietechnik, Prothesen etc. | 35,1 | 1,6 |
Komplexe Zulassungen und mehrere zuständige Stellen
Obwohl neue medizintechnische Ausrüstungen benötigt werden, ist der Absatzweg für ausländische Lieferanten steinig. Beschaffungen sind ein komplexer Prozess, in den mehrere Institutionen involviert sind. Um Gesundheitstechnik einzuführen, ist zunächst eine Produktregistrierung bei der National Medicines Regulatory Authority (NMRA) notwendig. Brancheninsider sprechen aktuell von Wartezeiten von ein bis zwei Jahren, ehe dieser Schritt abgeschlossen ist. Erschwerend kommt hinzu, dass internationale Standards nicht anerkannt werden und die Zertifizierung komplett nach lokalen Kriterien erfolgt.
Ebenfalls involviert ist die Medical Supplies Division (MSD). Sie ist im öffentlichen Sektor für die zentrale Lagerung und Verteilung von medizinischen Geräten, Verbrauchsmaterialien sowie von Arzneimitteln zuständig. In dieser Funktion beeinflusst sie auch Kriterien für Ausschreibungen. Diese erfolgen dann über das Staatsunternehmen State Pharmaceuticals Corporation oder über das Ministry of Health, die für öffentliche Beschaffungen von Medizinprodukten zuständig sind.
Im Zuge des Regierungswechsels 2025 wechselten zudem viele Personen in andere Bereiche, was auch im Gesundheitssektor mit einem Verlust an fachlicher Kontinuität einherging. Die neue Regierung trat mit dem Versprechen an, mehr Transparenz und Integrität in staatlichen Prozessen zu schaffen. Laut Branchenkennern führt dies allerdings oft dazu, dass Entscheidungsträger aus Sorge vor möglichen Fehltritten Beschlüsse nicht fassen. In der Folge verzögern sich Beschaffungen und Unternehmen erhalten kaum Rückmeldungen auf ihre Anfragen. Anbieter sollten daher ein hohes Maß an Ausdauer mitbringen.
Neue Fachkräfte müssen ausgebildet werden
Nach dem Staatsbankrott 2022 und der damit verbundenen Wirtschaftskrise wanderten viele Menschen aus – darunter auch mehrere Tausend Fachkräfte aus dem Gesundheitswesen, insbesondere Pflegekräfte. Fachleute schätzen, dass rund 20 Prozent der Beschäftigten im Gesundheitsbereich das Land während der Krise verlassen haben.
Durch diesen Braindrain entstanden große Lücken, die nun durch Schulungen und Trainings zu schließen sind. Neue Fachkräfte müssen ausgebildet oder umgeschult werden. Diese Aufgabe übernehmen staatliche Einrichtungen unter dem Dach des Ministry of Health und private Bildungsanbieter.
Ausländische Unternehmen mit Produkten oder Dienstleistungen in Bereichen der Aus- und Weiterbildung sollten sich direkt an das Gesundheitsministerium oder an Träger privater Bildungseinrichtungen wenden. Gute Chancen dürften moderne und praxisorientierte Ausbildungskonzepte sowie entsprechendes Trainingsgerät haben. Zudem gehen Experten davon aus, dass neue Ausbildungsgänge in Spezialgebieten notwendig sind, beispielsweise das Training von Pflegekräften in der Palliativmedizin.