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Rechtsbericht Südafrika Coronavirus

Südafrika: Coronavirus und Verträge

Das Coronavirus beeinträchtigt die Wirtschaft auf dem afrikanischen Kontinent. Welches  echt gilt, wenn Verträge nicht mehr eingehalten werden können?

Von Katrin Grünewald | Bonn

Einleitung

Viele vergangene und teilweise noch weiter geltende Beschränkungen des öffentlichen Lebens zur Eindämmung des Coronavirus, wie das Einreiseverbot für ausländische Staatsbürger, das Schließen der Schulen oder die Absage von Veranstaltungen, haben zu erheblichen wirtschaftlichen Beeinträchtigungen geführt. 

In Anbetracht dieser Maßnahmen wird es zunehmend schwieriger, vertragliche Verpflichtungen zu erfüllen. Daher stellt sich immer öfter die Frage: Was passiert, wenn vertragliche Verpflichtungen aufgrund der Coronakrise nicht eingehalten werden können?

Im besten Fall gibt es eine Vertragsklausel

Bei bestehenden Verträgen sollte zunächst überprüft werden, ob der Vertrag eine Klausel über "höhere Gewalt" (force majeure clause) enthält. Bei anwendbarem südafrikanischem Recht richtet sich die Auslegung der Vertragsklausel nach dem dortigen Vertragsrecht. In südafrikanischen Verträgen werden Klauseln über höhere Gewalt häufig in Form von Standardklauseln verwendet. Die Gefahr hierbei ist jedoch, dass zahlreiche Risiken nicht über eine Standardklausel abgedeckt werden können, denn jede Branche und jedes Geschäft ist anderen Risiken ausgesetzt.

Es ist weiterhin zu erörtern, für welche Fälle von höherer Gewalt eine Klausel gilt. Viele Vertragsklauseln enthalten eine nicht abschließende Aufzählung von möglichen Situationen höherer Gewalt. Bei dem Coronavirus könnten die Formulierungen epidemic oder pandemic, aber auch plagues, natural disasters oder natural events anwendbar sein.

Coronavirus kann ein Ereignis "höherer Gewalt" sein

Daneben muss die Partei, die sich auf die höhere Gewalt beruft, nachweisen, dass das Ereignis nicht in ihrer Kontrolle lag, es nicht in angemessener Weise hätte verhindert werden können und nicht auf vorsätzlichem oder fahrlässigem Verhalten der betroffenen Partei beruht. Dabei muss zwischen dem Ereignis höherer Gewalt und der Unmöglichkeit der Vertragserfüllung ein Zusammenhang bestehen.

Es ist davon auszugehen, dass beim Ausbruch des Coronavirus ein Ereignis höherer Gewalt vorliegt, wodurch die Vertragsparteien während der Dauer des Ereignisses höherer Gewalt von ihren Pflichten befreit sind. Nichtsdestotrotz können bei der Beurteilung des Vorliegens eines solchen Ereignisses verschiedene Fragen aufkommen, beispielsweise, ob das Unternehmen alle möglichen Maßnahmen ergriffen hat, um einen Ausbruch des Coronavirus in seinem Unternehmen zu verhindern, insbesondere durch freiwillige Geschäftsschließung. Denkbar ist auch die Frage, ob der Auftrag nicht an einen Subunternehmer vergeben werden kann.

Bei künftigen Verträgen force majeure-Klausel vereinbaren

Für künftige Verträge sollte die Aufnahme einer force majeure-Klausel in den Vertrag berücksichtigt werden. Bei der Formulierung einer derartigen Klausel sollte auf eine präzise Wortwahl geachtet werden. Die Klausel sollte weder zu allgemein noch zu eng formuliert sein, denn anderenfalls ist womöglich genau das eingetretene unvorhersehbare Ereignis nicht von der Klausel umfasst.

Darüber hinaus sollten die Umstände der Vertragsschließung berücksichtigt werden. Insbesondere die Branche, für die der Vertrag gelten soll, die Umstände zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses sowie Sitten und Bräuche sollten beachtet werden. Wichtig ist auch, wer die verhandelnden Parteien beziehungsweise Unternehmen sind.

Da das südafrikanische Recht wirtschaftliche Notlagen (economic hardship), hervorgerufen beispielsweise durch einen starken Wertverfall der südafrikanischen Währung, Herabstufungen durch Ratingagenturen oder drastische Änderungen der Zinssätze, nicht als force majeure betrachtet, kann es umso wichtiger sein, das Eintreten derartiger Situationen in eine Vertragsklausel aufzunehmen.

Es kann überdies vereinbart werden, dass bei einer bestimmten Dauer eines Ereignisses höherer Gewalt den Vertragsparteien die Möglichkeit der vollständigen Vertragsbeendigung zusteht.

Was gilt ohne Vertragsklausel?

Unternehmen, die keine force majeure-Klausel in ihrem Vertrag haben, können auf die nach südafrikanischem Recht geltende Doktrin der supervening impossibility zurückgreifen. Danach werden die Vertragsparteien von den Haftungsfolgen für die Nichterfüllung eines Vertrags freigestellt, wenn die Unmöglichkeit bei Vertragsschluss nicht absehbar war.

Voraussetzung ist, dass die Vertragserfüllung nach Vertragsschluss objektiv unmöglich wurde und die Vertragsparteien die Unmöglichkeit nicht zu verschulden haben. Objektive Unmöglichkeit bedeutet zwar grundsätzlich, dass die Vertragserfüllung tatsächlich nicht mehr möglich ist. Es gibt aber Situationen, in denen die Vertragserfüllung zwar tatsächlich noch möglich ist, aber dennoch als unmöglich eingestuft wird, beispielsweise, wenn sie gegen das Gesetz verstößt.

Nichtsdestotrotz wendet das südafrikanische Recht an das Vorliegen der objektiven Unmöglichkeit hohe Hürden an. So fallen veränderte wirtschaftliche Voraussetzungen, unter denen die Vertragserfüllung für ein Unternehmen eine wirtschaftliche Härte bedeutet, nicht unter diesen Begriff.

Ein dem deutschen Recht vergleichbares Prinzip des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gibt es nach südafrikanischem Recht nicht.

Die Anwendbarkeit dieser Doktrin führt nicht nur dazu, dass die sich darauf berufende Vertragspartei von der Erfüllung ihrer Vertragspflichten freigestellt wird, sondern auch alle weiteren Vertragsparteien von der Erfüllung ihrer Pflichten befreit sind. Die Befreiung gilt, solange das Ereignis höherer Gewalt anhält. Anschließend sind die Parteien wieder zur Erfüllung verpflichtet. Anders als bei einer Vertragsklausel kann ohne eine solche Regelung keine endgültige Vertragsbeendigung erreicht werden, unabhängig von der Dauer des Ereignisses höherer Gewalt.

Fazit

Das südafrikanische Recht setzt bei Ereignissen "höherer Gewalt" vor allem auf die Vertragsfreiheit, sodass die Aufnahme einer gut formulierten force majeure-Klausel bei Vertragsabschluss besonders wichtig ist.

UN-Kaufrecht

Südafrika hat das Übereinkommen zum UN-Kaufrecht nicht ratifiziert. Nichtsdestotrotz ist es möglich, dass auf einen Vertrag mit einem südafrikanischen Geschäftspartner das UN-Kaufrecht anwendbar ist.

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