Südkoreas Neuinfektionen mit Covid-19 sind stabil. Das verarbeitende Gewerbe erreichte im 4. Quartal 2020 wieder das Vorkrisenniveau. Das gilt jedoch nicht für alle Branchen. (Stand: 24. März 2020)
Südkorea wurde früh von der Pandemie getroffen. Eine Zeit lang hatte das Land wegen der massiven Verbreitung des Coronavirus in Daegu und Umgebung nicht nur die höchsten Infektionszahlen nach China, sondern auch pro Kopf deutlich mehr Fälle als die Volksrepublik. Auch wenn die dritte Infektionswelle noch nicht überwunden ist, bleibt Südkorea im Vergleich zu Europa oder den USA erfolgreich bei der Bekämpfung der Pandemie.
Bewegungsfreiheit nach wie vor gegeben
Im Land gibt es keine größeren Einschränkungen in der Bewegungsfreiheit. Ausnahmen gelten selbstverständlich für mit dem Coronavirus infizierte Personen und für Einreisende aus dem Ausland, die für zwei Wochen in Quarantäne müssen. Vereinzelt treten befristete Produktionsunterbrechungen oder Ladenschließungen auf, weil ein Mitarbeiter oder Kunde an Covid-19 erkrankt ist.
Südkoreas Exporte brachen im April und im Mai 2020 wegen Shut- und Lockdowns in wichtigen Abnehmermärkten jeweils um rund ein Viertel gegenüber dem entsprechenden Vorjahresmonat ein. Dementsprechend gab es in diesem Zeitraum mehr Produktionsstopps. Seitdem hat sich die Situation gebessert, und seit November 2020 liegen die Ausfuhren bereits wieder über dem Niveau von 2019. Da südkoreanische Firmen eine große Fertigung im Ausland haben, trafen die dortigen Werksschließungen (etwa in China, den USA oder Europa) und die geringere Nachfrage indirekt die südkoreanische Wirtschaft.
Wirtschaft leidet, Industrie hält sich relativ gut
Die Wirtschaft wurde von der Coronakrise stark getroffen, auch wenn der reale Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 1 Prozent im Jahr 2020 einer der geringsten unter den Ländern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD war. Das verarbeitende Gewerbe erreichte im 4. Quartal von 2020 bereits wieder das Vorkrisenniveau. Für 2021 erwartet die Bank of Korea (BOK) beim BIP ein reales Plus von 3 Prozent. Obwohl für die Gesamtwirtschaft und für den Warenhandel bereits ein Übertreffen des Vorkrisenniveaus wahrscheinlich ist, gilt dies nicht für den privaten Konsum. Der Hauptgrund dafür ist die schwierige Situation am Arbeitsmarkt.
Prognose für die südkoreanische Wirtschaft (reale Veränderung im Vergleich zum Vorjahr in Prozent)
Indikator | 2017 | 2018 | 2019 | 20201 | 20212 | 20222 |
---|
BIP | 3,2 | 2,9 | 2,0 | -1,0 | 3,0 | 2,5 |
Privater Verbrauch | 2,8 | 3,2 | 1,7 | -4,9 | 2,0 | 2,8 |
Ausrüstungsinvestitionen | 16,5 | -2,3 | -7,5 | 6,8 | 5,3 | 3,0 |
Export von Waren3 | 15,8 | 5,4 | -10,4 | -5,5 | 9,6 | 4,4 |
Import von Waren3 | 17,8 | 11,9 | -6,0 | -7,1 | 11,6 | 5,2 |
1) vorläufiges Ergebnis; 2) Prognose; 3) nominale Veränderung in ProzentQuelle: BOK
Halbleiterboom hilft durch die Krise
Besonders gut hat sich in der Krise die Elektronikindustrie und dabei vor allem das Segment der Halbleiter geschlagen. Hier treibt die Pandemie die ohnehin wachsende Nachfrage weiter, sodass die Aussichten auch für 2021 sehr gut sind. Daneben konnte vor allem die Nahrungsmittelindustrie wachsen. Dagegen waren Raffinerien, der Schiffbau sowie die Kfz- und Stahlindustrie stark von der Pandemie betroffen. Die Aussichten für die Produktion in der Kfz-Industrie sind für 2021 angesichts der verbesserten Nachfrage auf ausländischen Absatzmärkten aber deutlich besser als noch 2020. Aufgrund der Erholung in wichtigen Industriebranchen dürfte sich 2021 zudem die Lage in der Chemieindustrie und Stahlbranche verbessern.
Im Dienstleistungssektor wuchsen 2020 von den wichtigeren Branchen nur der Finanzsektor, der öffentliche Sektor, Telekommunikation und das Gesundheitswesen. Eingebrochen ist hingegen die Wirtschaftsleistung im Freizeitsektor sowie bei Hotels und Restaurants. Aufgrund der nach wie vor bestehenden Einschränkungen bei Kontakten, insbesondere im privaten Bereich, bleibt die Lage in diesen Branchen 2021 angespannt.
Zahlreiche Unternehmen sind von Einnahmeausfällen und Liquiditätsengpässen betroffen. Dadurch entsteht das Risiko von Zahlungsunfähigkeiten. So ist beispielsweise die Zukunft des Autobauers Ssangyong zurzeit noch offen.
Deutsche Unternehmen in Südkorea rechnen 2021 mit Erholung
Deutsche Firmen in Südkorea sind von der schwierigen Lage weniger betroffen als die Gesamtwirtschaft. Laut der Umfrage der AHK Korea unter ihren Mitgliedern vom März 2021 gaben 47 Prozent an, dass ihr Umsatz in Südkorea 2020 gestiegen ist, während 36 Prozent berichteten, dass er geringer als im Vorjahr ausfiel. Diese Einschätzung spiegeln die gestiegenen deutschen Exporte nach Südkorea im Coronajahr 2020 wider.
Der Ausblick für die nächsten zwei Jahre ist grundsätzlich positiv. Insgesamt 44 Prozent der deutschen Unternehmen sind teilweise optimistisch, weitere 42 Prozent neutral und nur 11 Prozent pessimistisch im Hinblick auf ihren Umsatz in Südkorea. Die Erwartungen für die Gewinne sind insgesamt neutral, mit 33 Prozent teilweise optimistischen und 31 Prozent teilweise oder stark pessimistischen Firmen. Des Weiteren gaben 58 Prozent der befragten Unternehmen an, ihre Investitionen und Geschäftsausgaben im Land unverändert zu lassen, während 34 Prozent diese erhöhen wollen. Mit 64 Prozent erwartet ein Großteil der Umfrageteilnehmer noch 2021 die Erholung vom Coronavirus, wobei 58 Prozent dabei vom 2. Halbjahr 2021 ausgehen. Allerdings rechnen dennoch 30 Prozent der Firmen damit, dass nachhaltige Besserung erst 2022 oder später eintreffen wird.
Trotz der guten Geschäftsergebnisse und des erfolgreichen Umgangs mit der Coronakrise fühlt sich eine Mehrheit der deutschen und europäischen Unternehmen in Südkorea schlechter behandelt als einheimische Firmen. Dabei beklagen die Befragten die diskretionäre Umsetzung von Regeln, die fehlende Transparenz politischer Entscheidungen, das Umfeld sich abzeichnender zusätzlicher neuer Verantwortlichkeiten sowie die gesetzlichen Rahmenbedingungen. Die Ergebnisse der Umfragen können auf der Webseite der AHK Korea eingesehen werden.
Weitere Informationen zur Wirtschaftsstruktur finden sich im Beitrag "Südkorea im Umbruch".
Von Frank Robaschik
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Seoul