Taiwan beherbergt eine gigantische Halbleiterindustrie, die viele Aspekte der Lieferkette abdeckt. In den kommenden Jahren sind umfangreiche Investitionen geplant.
Taiwan gilt als eines der großen Zentren der globalen Halbleiterindustrie. Vor allem seit der zunehmenden Digitalisierung im Zuge der Coronakrise hat sich die Insel ins internationale Rampenlicht katapultiert. Aber auch der Nachfrageüberhang nach Chips in der Kfz-Industrie unterstrich die Bedeutung Taiwans als Nadelöhr in den internationalen Lieferketten noch einmal deutlich. Zwei Drittel der internationalen Auftragsfertigung von Halbleitern stammen von taiwanischen Herstellern, ein Ausfall dieser würde bei den internationalen Elektronikherstellern zu geschätzten Verlusten von rund 500 Milliarden US-Dollar (US$) führen.
Der Output der taiwanischen Halbleiterindustrie wird 2021 nach Schätzungen des Industrial Economics and Knowledge Centers übergreifend um 18,1 Prozent auf 135 Milliarden US$ steigen. Die Prognose liegt damit deutlich über dem noch zu Jahresanfang kolportierten Zuwachs von 8,6 Prozent. Das Segment Integrated Circuit Design wird mit 30,5 Prozent das höchste Wachstum aufweisen, gefolgt von der Produktion mit 14,8 Prozent sowie Packaging und Testing mit jeweils rund 10 Prozent.
Die taiwanische Halbleiterindustrie ist stark exportorientiert. Im Jahr 2020 beliefen sich die Branchenausfuhren auf 127 Milliarden US$, was einer Steigerung von 21,2 Prozent entsprach. Mit rund 60 Prozent wird der überwiegende Teil nach China geliefert, mit weitem Abstand gefolgt von Singapur, Japan, Südkorea, Malaysia, den Philippinen und den USA. Der Erfolgstrend setzte sich im 1. Halbjahr 2021 mit einem Ansteigen der Ausfuhren um 30,1 Prozent sogar noch in verstärkter Form fort.
Insel dominiert Auftragsfertigung
Platzhirsch ist der Hersteller Taiwan Semiconductor Manufacturing Company Limited (TSMC), der als größter Auftragsfabrikant rund um den Globus gilt, mit einem Weltmarktanteil von mehr als 50 Prozent. Im 2. Quartal 2021 war TSMC nach Analysen des Marktforschungsinstitut IC Insight hinter Samsung und Intel der drittgrößte Hersteller von Halbleitern weltweit. TSMC stieg im August 2021 im jährlich aufgelegten FutureBrand Index von PricewaterhouseCoopers von Platz 25 auf Rang sechs auf und überholte damit den südkoreanischen Rivalen Samsung, der von Rang drei auf Platz 13 zurückfiel.
Das Unternehmen erwartet für 2021 wie schon im Vorjahr eine Absatzsteigerung von rund 20 Prozent. Als Reaktion auf die hohe Nachfrage hoben die Verantwortlichen ihr Investitionsbudget für 2021 von zuvor geplanten 25 Milliarden bis 28 Milliarden US$ auf nun 30 Milliarden US$. Gegenüber dem Vorjahr entspricht dies einer Steigerung von satten 74 Prozent. Für die drei Jahre bis 2023 wurden ein Investitionspaket mit einem Volumen von 100 Milliarden US$ verabschiedet.
Rund 80 Prozent der Kapitalaufwendungen soll dabei in moderne Technologien wie 3-, 5- und 7-Nanometer-Chips fließen. Dies soll in Form von Greenfield-Investitionen wie auch Erweiterungen bestehender Fabriken erfolgen. Allein 2021 will TSMC 9.000 neue Beschäftigte anheuern, nachdem schon 2020 mit 8.000 ein neuer Einstellungsrekord verzeichnet wurde. In den Vorjahren lag der Schnitt noch bei 4.000 neuen Angestellten.
Taiwan ist mehr als TSMC
Doch Taiwan ist nicht nur TSMC. Die Industrie auf der Insel deckt zahlreiche Facetten der Halbleiterlieferkette ab. Fast im Tagesrhythmus jagen Erfolgsmeldungen und Ankündigungen neuer Investitionen durch die Presse. Mediatek Inc. war beispielsweise im 2. Quartal 2021 der neuntgrößte Hersteller von Halbleitern weltweit. UMC (United Microelectronics Corporation) wiederum gilt als der zweitgrößte Auftragsfertiger von Chips. Die UMC-Verantwortlichen äußerten sich Mitte 2021 in den taiwanischen Medien zuversichtlich, dass die globale Nachfrage nach Chips noch mindestens bis 2022 über dem Angebot liegen werde.
Dies sei auf die digitale Transformation zahlreicher Volkswirtschaften im Zuge der Coronapandemie zurückzuführen. Aber auch Faktoren wie der anhaltend hohe Bedarf im Kfz-Bereich, bei Laptops und 5G-Smartphones dürfte die Nachfrage im Sektor künftig kräftig ankurbeln, so die Stimmen. Ebenso wird die dynamische Entwicklung bei selbstfahrenden und elektrischen Fahrzeugen, dem Internet der Dinge und der künstlichen Intelligenz mittelfristig als Wachstumstreiber für Halbleiter fungieren. UMC wird daher bis 2023 rund 3,6 Milliarden US$ in die Ausweitung seiner Kapazitäten in der Stadt Tainan investieren.
Mit Vanguard International Semiconductor Corp. will ein weiterer lokaler Auftragsfertiger die Zahl seiner Fabriken durch eine milliardenschwere Übernahme noch bis Anfang 2022 auf fünf Einheiten erhöhen. Der führende Hersteller von Speicherchips in Taiwan, Nanya Technologies, plant den Aufbau einer neuen Fabrik in New Taipei City für insgesamt 11 Milliarden US$. Die Fertigstellung ist für 2023 anvisiert, die Massenfertigung soll 2024 starten.
Zahlreiche Investitionen geplant
Aber taiwanische Unternehmen sind nicht nur in der Auftragsfertigung aktiv. Die Insel hat auch Stärken im Segment Packaging und Testing; hier gilt ASE Technology als die bedeutendste Firma. Auch ASE hat im Frühjahr angekündigt, das Investitionsbudget für 2021 von zuvor 1,7 Milliarden auf 2 Milliarden US$ aufzustocken. Knapp 90 Millionen US$ sind beispielsweise für die Erweiterung der ASE-Kapazitäten in der Stadt Kaohsiung vorgesehen. Die Firma Siliconware Precision Industries Co. wiederum will 2,9 Milliarden US$ in den Bau einer neuen Fabrik in der Region Changhua investieren.
Das Unternehmen Powertec Technology Inc. wird circa 670 Millionen US$ für den Bau seiner zweiten Fabrik in Hsinchu ausgeben und dabei von der Regierung im Rahmen eines Reshoring-Programms unterstützt. Darüber hinaus sind drei der Top Ten der globalen Designfirmen in Taiwan angesiedelt, wie zum Beispiel Mediatek - die bekannteste darunter. Ein anderes Unternehmen in diesem Bereich, Realtek Semiconductor Corp., plant rund 250 Millionen US$ in die Ausweitung der Aktivitäten zu investieren.
Ausgewählte Investitionsprojekte in der Halbleiterindustrie in TaiwanAkteur/Projekt | Investitionssumme in US$ *) | Anmerkungen |
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Taiwan Semiconductor Manufacturing Co., Ltd. | 100 Milliarden | Investitionsplan bis 2023, Expansion der Kapazitäten weltweit |
United Microelectronics Corp. | 2,3 Milliarden | 12-Zoll-Waferfabrik und 8-Zoll-Waferfabrik |
ASE Technology | 2 Milliarden | Ausbau der Kapazitäten zur Herstellung von Wafern |
Macronix International Co., Ltd. | 1,5 Milliarden | Erweiterung der Produktion von 3D-NAND-Produkten |
Powerchip Semiconductor Manufacturing Corp. | 9,9 Milliarden | Investitionen bis 2031 |
Nanya Technology Corporation | 557 Millionen | 12-Zoll-DRAM-Fab der 10-nm-Klasse in New Taipei City. Gesamtinvestition circa 10 Milliarden US$ innerhalb der nächsten 7 Jahre. |
Winbond Electronics Corporation | 421 Millionen | Bau von Fabrik in Kaohsiung, Produktionsstart 2022 |
*) 1 US$ = 28,03 Neue Taiwan-Dollar im Jahresdurchschnitt 2021Quelle: Taiwan Stock Exchange Corporation, Firmenpresse 2021
Von Alexander Hirschle
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