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Special | Taiwan | Wege aus der Coronarkrise

Konjunktur- und Hilfsprogramme

Taiwan wurde im Mai 2021 erstmals stark von Coronainfektionen heimgesucht. Die Regierung weitete ihre Hilfe daher aus. (Stand: 18. Juli 2021)

Von Alexander Hirschle | Taipei

Die taiwanische Wirtschaft wächst trotz der im Mai 2021 verhängten "Krisenstufe 3" unbeirrt weiter. Dennoch mussten einige Branchen Umsatzeinbußen hinnehmen - vor allem der Tourismus und Einzelhandel.

Hilfspaket mehrfach aufgestockt

Die Regierung gab Anfang Juni 2021 bekannt, weitere Hilfsmittel in einer Gesamthöhe von rund 9 Milliarden US-Dollar (US$) bereitzustellen, die insgesamt mehr als 7 Millionen Taiwanern zu Gute kommen sollen. Die Maßnahmen umfassen unter anderem Subventionen für Unternehmen in Sektoren, die besonders stark vom "Soft-Lockdwon" betroffen sind, darunter die Bereiche Transport, Tourismus, Einzelhandel und Bildung. Hinzu kommen Einmalzahlungen an Einzelpersonen und Beschäftigte in diesen Sektoren.

Die seit Anfang 2020 in mehreren Tranchen frei gegebenen Hilfsgelder summieren sich mittlerweile auf rund 24 Milliarden US$. Die Programme sollen bis Mitte 2022 laufen. Das gesamte Budget für Unterstützungsmaßnahmen im Zuge der Pandemie beläuft sich auf rund 30 Milliarden US$.

Bereits 2020 waren mehrere Hilfspakete aufgelegt beziehungsweise die Mittel sukzessive aufgestockt worden. Im Februar wurde ein Anfangsbudget von 2 Milliarden US$ freigegeben, dieses dann im April um 5,1 Milliarden US$ erhöht und schließlich im Oktober des vergangenen Jahres um weitere rund 7,1 Milliarden US$ nach oben geschraubt. 

Übergeordnetes Ziel des Gesamtpakets ist der offiziellen Lesart zufolge, die Liquidität der Unternehmen zu gewährleisten, die Arbeitslosenrate niedrig und den Transportsektor des Landes am Laufen zu halten. Die Hilfsmaßnahmen setzen sich vorwiegend aus drei Kategorien zusammen: Finanzzuschüsse für betroffene Unternehmen, Lohnsubventionen sowie Steuervergünstigungen oder -erlässe.

Reiseagenturen, Hotels und Freizeitparks konnten beispielsweise Hilfskredite beantragen, deren maximale Höhe vom Umfang ihrer geschäftlichen Aktivitäten definiert wurde. Fluggesellschaften erhielten jeweils bis zu 1,6 Milliarden US$ an Kreditvolumen. Auch für den medizinischen Sektor stellte die Regierung Gelder im Gesamtwert von rund 2,5 Milliarden US$ bereit.

Einkaufsgutscheine zur Ankurbelung des Konsums

Um dem Abschwung des Konsums Einhalt zu gebieten, wurden ab Mitte 2020 Einkaufsgutscheine für die Bewohner der Insel im Nettowert von knapp 60 US$ pro Person ausgegeben. Dieses Element galt als eines der Kernstücke des Hilfspaket und sorgte dafür, dass der private Konsum im vergangenen Jahr zwar zurückging. Das Minus von rund 2 Prozent bewegte sich aber noch in einem erträglichen Rahmen. Der Einzelhandel konnte seine Umsätze sogar stabil halten.

Reiseagenturen, Hotels und Freizeitparks konnten Presseangaben zufolge Hilfskredite beantragen, deren maximale Höhe vom Umfang ihrer geschäftlichen Aktivitäten definiert wird. Fluggesellschaften wurden jeweils bis zu 1,6 Milliarden US$ an Kreditvolumen gewährt und auch Zinszahlungen subventioniert.

Im November 2020 erklärte das Wirtschaftsministerium, dass die Nachfrage von Seiten der verarbeitenden Industrie nach Regierungsunterstützung im 3. Quartal 2020 deutlich zurückgegangen sei. Dies habe in erster Linie an der wieder anziehenden Exporttätigkeit gelegen, so Ministerin Wang Mei-Hua in den lokalen Medien.

Auch die Situation auf dem Arbeitsmarkt hatte sich zwischenzeitlich verbessert. Im Januar 2021 sank die Arbeitslosenrate offiziellen Angaben zufolge den sechsten Monat in Folge auf 3,7 Prozent. Dies entsprach aber noch immer dem höchsten Wert der vergangenen vier Jahre. Offiziellen Angaben zufolge waren die Hilfsmaßnahmen ein großer Erfolg, da sie mehr als 1,1 Millionen Menschen vor der Arbeitslosigkeit und 120.000 Betriebe vor der Schließung bewahrt hatten.

Zentralbank setzt Leitzins auf Rekordtief

Auch hatte die Zentralbank im Zuge der verschärften Krise Ende März 2020 den Leitzins um 0,25 Basispunkte auf 1,125 Prozent gesenkt. Dies war die erste Reduzierung seit mehr als drei Jahren. Damit unterschritt der Zinssatz sogar den Tiefststand, den er zuletzt während der Finanzkrise 2008 erreicht hatte. Seither blieb der Zinssatz auf diesem Niveau, da es weder zu einem starken Konjunkturabschwung noch einem Kreditengpass in der taiwanischen Wirtschaft gekommen war. 

Für deutsche Firmen ergeben sich aus der Coronakrise eher indirekte Chancen als direkte Möglichkeiten aus den Hilfsmaßnahmen. So profitieren beispielsweise Lieferanten von hochwertigen Konsumgütern wie Pkw oder Elektrohausgeräten davon, dass die Bewohner der Insel kaum mehr zu Auslandsreisen aufbrechen können. Die dadurch eingesparten Budgets fließen teilweise in die Verschönerung oder Optimierung der eigenen vier Wände oder in die Anschaffung von Prestigewaren wie beispielsweise hochwertigen Pkw.

Gleichzeitig schossen Exporte und Umsätze der lokalen Hersteller von Elektronik und vor allem Halbleitern in die Höhe. Aus diesem Grund werden in Taiwan derzeit die Kapazitäten in diesem Bereich massiv erweitert. Hier können deutsche Lieferanten von Vorerzeugnissen wie beispielweise Chemikalien, Lasertechnologie oder Maschinen ins Spiel kommen.

Taiwan begann mit der Impfung gegen Covid-19 relativ spät. Anfang März 2021 kamen die ersten Dosen des Impfstoffes von AstraZeneca auf der Insel an. Die Regierung hat zehn Prioritätengruppen definiert, wobei medizinisches Personal als erstes geimpft werden soll. Bis Mitte Juli 2021 konnten schon mehr als 20 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal geimpft werden - vorwiegend mit dem AstraZeneca- oder dem Moderna-Impfstoff. Das Ziel der Regierung ist, bis Oktober 2021 mindestens 60 Prozent der Einwohner zumindest erstgeimpft zu haben. Um dies zu erreichen, verhandeln Firmen wie TSMC oder Foxconn nach Informationen in den lokalen Medien auch mit Biontech über mögliche Lieferungen. Darüber hinaus arbeiten lokale Firmen an der Entwicklung eines eigenen Impfstoffs.

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