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Special | Taiwan | Klimawandel lokal

Wasserknappheit bedroht Produktion

Taiwan hatte im Frühjahr 2021 mit einer heftigen Dürreperiode zu kämpfen. Der Wassermangel wirkte sich auch negativ auf die produzierenden Unternehmen vor Ort aus.

Von Alexander Hirschle | Taipei

Taiwan wurde im Frühjahr 2021 von der größten Wasserknappheit seit mehr als einem halben Jahrhundert heimgesucht. Experten warnen davor, dass diese sich im laufenden Jahr noch länger hinziehen könne trotz einiger schwerer Regenfälle Anfang Juni. Vor allem der Klimawandel und dessen Auswirkungen bereiten Sorgen in Bezug auf die langfristigen Konsequenzen für die Wasserversorgung. Aus diesem Grund wird der Druck auf die Beteiligten auch künftig hoch bleiben, entsprechende Maßnahmen einzuleiten und Investitionen zu tätigen.

Die Knappheit ist unter anderem zurückzuführen auf die schwachen Niederschläge in der zweiten Jahreshälfte 2020, als erstmals seit 1964 kein Taifun die Insel heimgesucht hatte. Taiwans Wasserkonsum hängt zu fast 60 Prozent von Taifunen ab doch die Insel blieb fast ein Jahr ohne signifikanten Regenschauer. Normalerweise fallen 80 Prozent des Niederschlags eines Jahres im Zeitraum zwischen Mai und Oktober. Zwischen Juni 2020 und Februar 2021 fiel jedoch weniger als die Hälfte der Regenmenge, die normalerweise in diesem Zeitraum niedergeht.

Als Ergebnis waren die Wasserstände in einigen Reservoirs von Zentral- und Südtaiwan unter 15 Prozent oder noch weniger ihrer Kapazitäten gefallen. Einige Regionen musste die Krisenstufe „rot“ ausrufen, die unter anderem eine Rationierung der Wasserversorgung beinhaltet wie die Aussetzung der Wasserversorgung für zwei Tage pro Woche in einigen Städten. Die Landwirte auf der Insel mussten zweistellige Millioneneinbußen hinnehmen. Erstmals seit Jahren wurden wieder religiöse Regenzeremonien abgehalten, um die Wasserzufuhr „anzukurbeln“. Experten sehen weitere Dürrephasen auf Taiwan zukommen, die vor allem von unterjährigen Schwankungen gezeichnet sein werden.

Taiwans häuslicher Wasserverbrauch

Indikator

2018

2019

Veränderung 2019/2018 (in %)

Verbrauch (in Mio. Kubikmeter)

2.265

2.306

1,8

Bevölkerung mit Wasseranschluss (in Mio. Personen)

22,1

22,2

0,3

Wasserverbrauch pro Person (in Liter pro Tag)

280

284

1,5

Quelle: Water Resources Agency des Ministry of Economic Affairs 2021

Natürliche Gegebenheiten bereiten Probleme

Die durchschnittliche Niederschlagsmenge in Taiwan beläuft sich auf rund 2.500 Millimeter oder 80 bis 90 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Allerdings wird bisher nur rund die Hälfte davon gewonnen, der Rest fließt unter anderem aufgrund der Topografie der Insel mit den zahlreichen Bergen direkt ins Meer. Als weiterer erschwerender Faktor kommt die Unregelmäßigkeit der Niederschläge hinzu mit starken Höhepunkten im Mai und Juni (Plum Rain), tropischen Regengüssen während des Sommers und in der stürmischen Taifunsaison im Frühherbst.

Die Bewässerungsgräben im Agrarsektor sind veraltet und stammen zum Teil noch aus der Epoche der japanischen Besatzung in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Wasserpreise in Taiwan werden von Experten als sehr niedrig eingestuft im regionalen Vergleich. In Singapur oder Japan sind die Tarife um bis zu dem Fünffachen höher, was zu einem üppigen Umgang mit dem kühlen Nass führt. Effizienz- und Sparmaßnahmen sind aus diesem Grund eher schwer umzusetzen. Wasserpreise gelten in Taiwan im politischen Kontext als ein heißes Thema.

Halbleiterfirmen kämpfen mit Wasserknappheit

Die Auswirkungen der Dürre machten auch vor der lokalen Industrie nicht halt. Vor allem die Halbleiterhersteller im Süden der Insel hatten im Frühjahr mit der Wasserknappheit zu kämpfen. Die Herstellung von Chips gilt als ein „durstiges Geschäft“. Einige Firmen im Southern Taiwan Science Park waren dazu übergegangen, das Wasser auf Lastern heranzukarren. Lokale Kritiker gaben aber schon zu bedenken, dass man „nicht alles Wasser den Chipherstellern geben könne“.

Aber auch international kamen Befürchtungen auf, dass die ohnehin schon vorherrschende Chipknappheit in den globalen Lieferketten weiter verschärft werden könnte mit negativen Auswirkungen auf viele Sektoren wie unter anderem die Automobilhersteller. Aber auch andere lokale Branchen wie die Produzenten von Leiterplatten (Local Printed Circuit Board) wurden von der Dürre beeinträchtigt und gingen verstärkt dazu über, wiederverwertetes Wasser zu verwenden.

Allerdings ist die Landwirtschaft in Taiwan mit rund 70 Prozent der größte Verbraucher von Wasser, auf die Industrie entfallen nur rund 10 Prozent. Die erste Reissaison 2021 fiel aufgrund der Dürre sprichwörtlich ins Wasser. Daher kamen in der Öffentlichkeit schon Diskussionen auf, künftig verstärkt Reis aus klassischen Anbauländern wie Thailand zu beziehen,, um weniger Wasser in Taiwan zu verbrauchen.

Notfallmaßnahmen zur Abfederung der Dürre

Um die akuten Folgen der Dürre in Taiwan abzufedern, wurden schnell alternative Formen der Wasserversorgung implementiert wie der Einsatz mobiler Kläranlagen, der Bau beziehungsweise die Aktivierung von Notfallbrunnen und -entsalzungsanlagen oder von Pipelines wie etwa zwischen den Städten Taoyuan und Hsinchu. In den ersten drei Monaten des Jahres wurden 3,6 Millionen Kubikmeter an Sedimenten aus den Reservoirs ausgebaggert - deutlich mehr als in den Vorjahren.

Mittel- bis langfristig kündigte die Regierung ein großes Infrastrukturprogramm für den Sektor an. Experten mahnten angesichts der stark auf kurze Zeiten konzentrierten Regenfälle, die künftig aufgrund des Klimawandels noch stärker werden könnten, ebenfalls zu Maßnahmen im Bereich Hochwasserprävention an. Um Taiwans Infrastruktur krisenresistenter zu machen, müssten beispielsweise auch weitere Notfalldämme errichtet werden.

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