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Thailand schützt seine Lebensmittelindustrie
Deutsche Nahrungsmittelhersteller liefern bislang nur wenige Waren nach Thailand. Sie hoffen, dass die laufenden Gespräche zum Freihandelsabkommen mit der EU den Markt bald öffnen.
01.08.2025
Von Frank Malerius | Bangkok
Der durchschnittliche Haushalt in Thailand hat monatlich etwa 700 US-Dollar (US$) für Konsumausgaben zur Verfügung. Laut statistischem Jahrbuch 2024 entfällt etwa ein Drittel davon auf Nahrungsmittel. Größter Posten ist Gemüse, gefolgt von Getreideprodukten, Fleisch und Fisch. In Thailand werden überwiegend frische Nahrungsmittel konsumiert, doch insbesondere Städter greifen vermehrt zu stärker verarbeiteten Produkten. Der zunehmende Wohlstand treibt den Fleischkonsum und den Bedarf nach ausländischen Produkten. Nicht-traditionelle Lebensmittel wie Milchprodukte und Backwaren legen zu.
Praktisch alle Haushalte besitzen einen Kühlschrank mit Gefrierfach, daher wird oft auf Vorrat eingekauft. Thailändische Haushalte bestehen zumeist aus einer Kernfamilie mit ein oder zwei Kindern. Aber die Zahl der Single-Haushalte steigt.
Nahrungsmittelindustrie deckt heimischen Bedarf
Thailand hat eine für den Entwicklungsstand seiner Volkswirtschaft ausgesprochen starke und exportorientierte Nahrungsmittelindustrie, die auf einer expansiven Landwirtschaft basiert. Die heimischen Produzenten decken das Angebot im Einzelhandel weitgehend ab. Importiert werden überwiegend Nahrungsmittel, die aus klimatischen Gründen nicht oder nicht ausreichend produziert werden können, wie Weizen- und Milchprodukte, Olivenöl oder Wein. In den Supermärkten Bangkoks ist darüber hinaus ein reichhaltiges Angebot an ausländischen Produkten erhältlich.
Auf die Nahrungsmittelverarbeitung entfällt in Thailand fast ein Viertel des verarbeitenden Gewerbes. Sie ist damit doppelt so groß wie die Automobilindustrie. Das Königreich gehört – je nach Berechnungsart – zu den zehn größten Nahrungsmittelexporteuren der Welt. Setzt man diese Exporte ins Verhältnis zur Wirtschaftsleistung, so ist Thailand die Nummer eins in diesem Ranking. Das Land gehört zu den weltgrößten Exporteuren von Reis, Zucker, Fischkonserven, Hühnerfleisch und einigen Früchten.
Mit Nahrungsmitteln inklusive Agrarrohstoffen erwirtschaftet Thailand hinter Brasilien den weltweit zweitgrößten Handelsüberschuss mit Nahrungsmitteln. Ein Grund dafür sind die höhen Hürden für Einfuhren durch Importzölle und nicht-tarifäre Handelshemmnisse. So sind beispielsweise thailändisches Bier und Schweinefleisch vor ausländischer Konkurrenz weitgehend abgeschottet.
Warengruppen (Auswahl) | 2021 | 2024 | Veränderung 2024 ggü. 2021 in % |
---|---|---|---|
Fleischwaren | 5.462,7 | 6.083,7 | 11,4 |
Molkereiprodukte | 2.227,8 | 2.203,2 | -1,1 |
Süßwaren | 20,6 | 32,6 | 57,6 |
Backwaren | 1.273,6 | 1.368,8 | 7,5 |
Fertiggerichte | 1.332,3 | 1.419,4 | 6,5 |
Marktzugang für deutsche Produkte ist schwierig
Deutschland exportiert jährlich Nahrungsmittel im Wert von circa 100 Millionen US$ nach Thailand. Das entspricht lediglich 2 bis 3 Prozent aller deutschen Warenlieferungen dorthin. Es handelt sich dabei vor allem um Getreideerzeugnisse und Milchprodukte. Darüber hinaus finden sich in thailändischen Supermärkten deutsche Snacks wie Fruchtgummis, Schokolade und Salzgebäck. Sie tragen als Qualitätssignal oft eine deutsche Flagge auf der Verpackung und kosten doppelt bis dreimal so viel wie in Deutschland.
Als Vertriebskanal für verarbeitete Nahrungsmittel spielen neben den Supermärkten vor allem die Convenience Stores von 7/11 eine herausragende Rolle. Sie gibt es an jeder Straßenecke, bieten ein Grundversorgungssortiment zu niedrigen Preisen und teilweise auch einen Lieferservice in die Nachbarschaft.
Für deutsche Nahrungsmittelproduzenten ist der thailändische Markt zu klein, als dass sich dort eine Produktion lohnen würde. Viele Lieferanten klagen darüber, dass die Zulassung ihrer Produkte bei der Food and Drug Administration bis zu einem Jahr dauert und bei der kleinsten Veränderung der Rezeptur erneuert werden muss.
Generell gelten nicht-tarifäre Handelshemmnisse als größere Hürden als die Importzölle. Diese bewegen sich zumeist zwischen 5 und 30 Prozent. Bei Produkten, die Thailand nicht in ausreichender Menge selbst herstellen kann, wie etwa Milch und Milchprodukte, sind sie niedrig. Stellen sie hingegen eine direkte Konkurrenz zu heimischen Produkten dar, sind sie hoch.
SITC1 | Produktgruppe | In Mio. US-Dollar | Davon aus Deutschland |
---|---|---|---|
01 | Fleisch und Fleischprodukte | 367,7 | 3,6 |
02 | Milch und Milchprodukte, Vogeleier | 876,4 | 21,0 |
03 | Fische, andere Wassertiere und Zubereitungen2 | 3.876,1 | 1,1 |
04 | Getreide und Getreideprodukte, Teig- und Backwaren | 2.412,1 | 23,1 |
05 | Gemüse, Früchte und Zubereitungen | 3.354,2 | 33,5 |
06 | Zucker, Zuckerwaren, Honig | 724,9 | 11,7 |
07 | Kaffee, Tee, Kakao, Gewürze und Waren daraus | 1.104,6 | 7,5 |
09 | Verschiedene Lebensmittel und Zubereitungen | 1.584,0 | 22,2 |
22, 41 bis 43 | Ölsaaten, ölhaltige Früchte, Öle und Fette, etc. | 2.318,4 | 3,7 |
Nahrungsmittel insgesamt | 16,6 | 123,9 |
Freihandelsabkommen mit EU naht
Die Europäische Kommission hat in einem Handbuch zum Markteintritt in Thailand zahlreiche Marktbarrieren identifiziert. Dazu gehören übermäßige Verzögerungen bei den Importverfahren, häufige Einfuhrverbote mit Verweis auf Vogelgrippe, schwierige Genehmigungsprozesse bei der Einfuhr von Futterweizen oder technische Hürden bei der Lieferung von alkoholischen Getränken.
All diese und weitere Barrieren können nur über ein umfassendes Freihandelsabkommen aus dem Weg geräumt werden. Die EU und Thailand haben die 2014 unterbrochenen Verhandlungen über ein solches 2021 wieder aufgenommen. Sechs Verhandlungsrunden gab es bereits. Dem Vernehmen nach gehört die Öffnung der thailändischen Nahrungsmittelmärkte zu den schwierigsten Bestandteilen. Die politisch gut vernetzten großen Branchenunternehmen sind fest entschlossen, ihre Monopole zu verteidigen. In der Presse sind oft Hoffnungen über einen Abschluss eines EU-Thailand-Freihandelsabkommens noch 2025 zu lesen. Vertraute der Brüsseler Behörden schließen das aber aus.
Einige Länder in Asien sowie Australien und Neuseeland profitieren bereits von Freihandelshabkommen ihrer Länder mit Thailand. Gegenüber Herstellern aus Deutschland und der EU haben sie daher einen klaren Vorteil.
Kontaktadressen
Bezeichnung | Anmerkung |
---|---|
AHK Thailand (German-Thai Chamber of Commerce - GTCC) | Anlaufstelle für deutsche Unternehmen |
Department of Agriculture (DOA) | Landwirtschaftsministerium |
Thai Retailers Association | Einzelhandelsverband |
Food and Drug Administration | Zulassungsbehörde |
Department of Intellectual Property | Patent- und Markenamt |
Thailand Retail, Food & Hospitality Services | Jährliche Nahrungsmittel- und Einzelhandelsmesse; Bangkok; 24. - 27. Juli 2025 |
Food & Hospitality Thailand (FHT) | Jährliche Nahrungsmittel- und Gastronomiemesse; Bangkok; 20. - 23. August 2025 |
Thaifex-Anuga | Jährliche Nahrungsmittelmesse; Bangkok; 26. bis 30. Mai 2026 |