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Special | Tschechien | Wege aus der Coronakrise
Tschechien unterstützt Unternehmen weiterhin mit besonderen Hilfsprogrammen. (Stand: 14. November 2021)
Von Miriam Neubert | Prag
Tschechien gab 2020 rund 5 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Hilfen in der Coronakrise aus. Die Pandemie hat fortgesetzt Krisenmaßnahmen mit negativen Folgen für die Unternehmen erzwungen. Daher wurde in einem Nachtragshaushalt das für 2021 verabschiedete Defizit um mehr als ein Drittel auf 500 Milliarden Tschechische Kronen (Kč), umgerechnet 19,2 Milliarden Euro, erhöht. Der Etat umfasst ein Rekordinvestitionsbudget von rund 7 Milliarden Euro.
Eine Übersicht über laufende Förderprogramme und nähere Informationen bietet das tschechische Industrieministerium.
Das Kurzzeitarbeitsprogramm Antivirus war bis Ende Oktober 2021 auf die Programmvariante A beschränkt. Arbeitgeber werden bei der Lohnfortzahlung ihrer Beschäftigten, wenn diese in eine angeordnete Quarantäne gehen mussten, unterstützt. In diesem Fall werden 80 Prozent des Lohnersatzes inklusive Abgaben, maximal 39.000 Kč (1.534 Euro; Wechselkurs am 3. September 2021: 1 Euro = 25,42 Kč), erstattet. Durch die Probleme in der Autoindustrie, die vor allem die Zulieferer gefährdet, wird erwogen, eine Variante des Antivirusprogramms für diese Branche wieder einzuführen.
Ab 1. Januar 2022 wird Kurzarbeit dann als arbeitsrechtliches Instrument unabhängig von Corona gelten. Das Gesetz ist im Juni von Parlament und Senat genehmigt worden.
Covid-Bürgschaftsprogramme laufen über die Nationale Entwicklungsbank NRB (frühere Tschechisch-Mährische Garantie- und Entwicklungsbank ČMZRB). Selbstständige und Unternehmen mit bis zu 500 Beschäftigten können auch 2021 für Betriebs- und Investitionskredite über COVID 3 Garantien beantragen. Im Jahr 2020 hat die ČMZRB ein Volumen von 51 Milliarden Kč, umgerechnet fast 2 Milliarden Euro, an Krediten gegeben oder besichert. Mehr als 10.600 vorwiegend kleine Firmen haben damit vor allem ihre Cashflow-Probleme überwunden und laufende Kosten gedeckt.
Speziell Exportunternehmen steht für Betriebs- und Investitionsdarlehen das Bürgschaftsprogramm Záruka COVID plus offen. Es wurde bis zum 31. Dezember 2021 verlängert. Zuständig ist die Exportgarantie- und -versicherungsgesellschaft EGAP.
Der Haushalt 2021 will die Konjunktur ankurbeln. Ein Steuerpaket senkte die Einkommensteuer merklich und soll den Verbrauch beleben. Eine raschere Abschreibung für 2020 und 2021 angeschafftes Anlagevermögen wie Maschinen, Ausrüstungen, Informationstechnologie (IT) soll die Unternehmen zu Investitionen motivieren.
Um die Krankenhausinfrastruktur gegen diese und künftige Pandemien zu rüsten, fließen bis März 2023 über 800 Millionen Euro aus dem Programm REACT-EU in Bau und Ausrüstungen der Notaufnahmen und mit diesen zusammenhängenden Abteilungen. Ab 2022 kommen weitere Impulse durch Mittel aus der Aufbau- und Resilienzfazilität der Europäischen Union (EU).
Spezielle Covid-Programme haben in einzelnen Runden Überleben und Neustart einiger Branchen unterstützt wie Messewesen, Gastronomie, Kurwesen, Kultur- und Kreativwirtschaft, Tourismus, Skigebiete, Landwirtschaft, Lebensmittelproduktion und Verkehr.
Im Zusammenhang mit der Normalisierung wurden die meisten Programme beendet oder die Zeiträume für die Antragstellung laufen bis Ende 2021 aus. Alle Hilfen listet das Covid-Portal der Regierung auf.
Der staatliche Verkehrsinfrastrukturfonds verfügt 2021 über ein Rekordbudget von umgerechnet fast 5 Milliarden Euro. Darunter sind auch schon neue Mittel aus der Aufbaufazilität der EU. Im Vordergrund steht die Modernisierung von Schienen, Straßen und Autobahnen sowie die Trassensicherheit. Die Instandhaltung von Brücken ist ein weiteres wichtiges Thema.
Hilfen und Bürgschaften können auch von tschechischen Niederlassungen deutscher Unternehmen beantragt werden - sofern sie die Voraussetzungen erfüllen. Informationen dazu liefert auf Deutsch die Auslandshandelskammer Tschechien auf ihrer Sonderseite News Covid-19.
Einen Überblick über geltende Maßnahmen und Gesetze, die Unternehmen und Selbstständigen bei der Bewältigung der Krise helfen sollen, samt einer Hilfenkalkulation bietet das Ministerium für Industrie und Handel.
Noch 2019 zeigte der Haushalt einen leichten Überschuss von 0,3 Prozent des BIP. Die Staatsschuldenquote betrug nur 30 Prozent. Durch die Sonderausgaben zu Corona bei gleichzeitig geringeren Einnahmen auf der Steuer- und Sozialversicherungsseite wurde das Haushaltsdefizit 2020 auf 5,6 Prozent des BIP ausgeweitet und dürfte 2021 auf 7,2 Prozent des BIP zunehmen. Die Staatsschuldenquote wird nach Prognosen des Finanzministeriums 2021 erstmals 40 Prozent des BIP übersteigen und sich in den kommenden Jahren weiter ausprägen. Im Staatshaushalt 2022 hat die Regierung ein Defizit von rund 377 Milliarden Kronen (14,8 Milliarden Euro) eingeplant. Das wären 4,4 Prozent des BIP.
Geimpft wird seit Ende 2020 kostenlos und auf freiwilliger Basis. Bis zum 14. November hatten dem Europäischen Zentrum für Krankheitsprävention und -kontrolle (ECDC) zufolge 59,6 Prozent der tschechischen Bevölkerung mindestens eine Impfdosis erhalten. Fast 58 Prozent waren komplett geimpft. Beschäftigte im öffentlichen Dienst, die sich 2021 impfen ließen oder lassen, erhalten zwei Tage frei. Am 20. September wurde die Registrierung zur Impfung mit einer dritten Impfdosis eröffnet. Diese ist frühestens 6 Monate nach der zweiten Impfung möglich. Seit 1. Juli können sich Jugendliche von 12 bis 15 Jahren registrieren, seit dem 12. Juli gibt es bei bestimmten Stellen auch Corona-Impfungen ohne Voranmeldung. Seit Mitte November werden Ausländer mit legalem Aufenthalt im Land, die nicht in Tschechien versichert sind, kostenlos geimpft. Inzwischen werden die Vakzine von Pfizer Biontech nur in Impfzentren verimpft, hingegen alle Impfstoffe (Biontech, Moderna, AstraZeneca und Johnson & Johnson) von niedergelassenen Ärzten. Das Gesundheitsministerium empfiehlt, Personen unter 60 Jahren mit den Impfstoffen von AstraZeneca und Johnson & Johnson nicht zu impfen. Mit der Kampagne "Machen wir einen Punkt hinter das Coronavirus" ermuntert die Regierung die Bürger dazu, sich impfen zu lassen. Tečka (Punkt), heißt die tschechische Applikation, auf der Impf- und Testnachweise mit QR-Code per Handy vorgezeigt werden können. Über den Fortschritt beim Impfprozess informiert das Gesundheitsministerium. |