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Wirtschaftsumfeld | Tschechische Republik | Energiekosten

Tschechien besteuert Zufallsgewinne auch von Banken

Um Bevölkerung und Wirtschaft bei den Energiekosten unter die Arme greifen zu können, schöpft der Staat außerordentliche Gewinne und Einnahmen bestimmter Unternehmen ab.

Von Miriam Neubert | Prag

In Tschechien sind Anfang Dezember 2022 zwei wichtige Gesetzesnovellen in Kraft getreten, die es dem Staat erlauben, befristete Sondereinnahmen zu generieren. Die Novelle Nr. 366/2022 Sb. betrifft unter anderem das Einkommensteuergesetz. Sie führt dort die Steuer auf unerwartete Gewinne (daň z neočekávaných zisků) ein. Die Novelle Nr. 365/2022 betrifft das Energiegesetz und legt fest, welche Stromgenerierung mit welchen Abgaben auf übermäßige Einnahmen (odvod z nadměrných příjmů) konfrontiert wird. In Form der Steuer und der Abgabe will der Staat die außergewöhnlichen Gewinne abschöpfen und umlenken, die eine Gruppe von Unternehmen in der durch Russlands Krieg gegen die Ukraine bestimmten Wirtschaftssituation machen.     

Das Finanzministerium schätzt, dass 2023 zusammen rund 100 Milliarden Tschechische Kronen (Kč; umgerechnet fast 4,1 Milliarden Euro) aus diesen beiden Quellen in den Staatshaushalt gespült werden. Geld, das der Staat dringend benötigt, um Menschen und Unternehmen bei den Energiepreisen finanziell entlasten zu können. Am 1. Januar 2023 startet, befristet für ein Jahr, eine Strom- und Gaspreisbremse.   

Übergewinnsteuer für bestimmte Unternehmen

Die Steuer auf unerwartete Gewinne (auch sogenannte windfall tax oder Übergewinnsteuer) gilt für drei Kalenderjahre, vom 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2025. Erhoben wird sie von Energie-, Bergbau-, Petrochemieunternehmen und Banken, die außergewöhnliche Gewinne verzeichnen. Sie müssen 2023 bis 2025 zur Körperschaftsteuer von 19 Prozent zusätzlich 60 Prozent als Steuer auf übermäßige Gewinne zahlen. Bemessungsgrundlage ist in jedem Jahr der Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2021 erhöht um 20 Prozent.     

Betroffen sind Banken, die 2021 reine Zinserträge von mehr als 6 Milliarden Kč (234 Millionen Euro) verzeichneten. Bei den anderen Branchen wird die ganze Holding gewertet. Verzeichnete diese in den entscheidenden Bereichen 2021 einen Nettoumsatz von mindestens 2 Milliarden Kč (78 Millionen Euro), unterliegen ihre in diesen Feldern tätigen Unternehmen der Steuer auf unerwartete Gewinne.

Branchen, die von der Steuer auf unerwartete Gewinne betroffen sind

NACE-Klassifikation

Wirtschaftszweig

05.10

Steinkohlenbergbau

06

Gewinnung von Erdöl und Erdgas

19.1

Kokerei

19.2

Mineralölverarbeitung

35.1

Elektrizitätsversorgung

35.2

Gaserzeugung

46.71.2

Großhandel mit Mineralölerzeugnissen

46.71.3

Großhandel mit gasförmigen Brennstoffen

49.50.1

Transport in Erdölfernleitungen

49.50.2

Transport in Erdgasfernleitungen

64

Erbringung von Finanzdienstleistungen

Quelle: Einkommensteuergesetz Nr. 586/1992 Sb. § 17c

Erlösobergrenze für die Stromproduzenten

Die Abgabe auf übermäßige Einnahmen betrifft die Stromerzeuger. Sie gilt vom 1. Dezember 2022 an bis Ende 2023. Von den Zufallsgewinnen - bemessen als Unterschied zwischen dem Markterlös und dem gesetzlich vorgegebenen Maximalpreis pro Megawattstunde - werden 90 Prozent eingezogen. Die Obergrenze ist in Abhängigkeit von der Quelle festgelegt und soll einen angemessenen Gewinn ermöglichen.

Erlösobergrenze für Stromerzeuger

Stromquelle

Erlösobergrenze in Euro *

Windenergie

180

Sonnenenergie

180

Geothermie

180

Wasserkraft ohne Talsperre   

180

Biogas aus Biomasse

240

Feststoff aus Biomasse

210

Energetische Nutzung von Abfällen mit Ausnahme Biomasse

100

Kernkraft

70

Braunkohle (Produktion bis einschließlich 140 Megawatt)

230

Braunkohle (Produktion über 140 Megawatt)

170

Mineralöle

180

Torf

180

* Für den Markterlös aus dem Verkauf von 1 Megawattstunde produzierten Stroms.Quelle: Energiegesetz Nr. 458/2000 Sb. § 95b

Energiekonzern ČEZ bringt massiv Geld in die Staatskasse 

Ein Beispiel für unerwartete Gewinne ist der mehrheitlich staatliche Energiekonzern ČEZ. Er erwartet für 2022 einen Reingewinn von bis zu 75 Milliarden Kč (gut 3 Milliarden Euro). Das wäre mehr als das Dreifache des Vorjahres. Dahinter steht der enorme Preisanstieg auf den Großhandelsmärkten, der Rekordgewinn aus dem Handel mit Produkten auf ausländischen Märkten und die hohe Betriebszuverlässigkeit der Kraftwerke in diesem Jahr. Aus der Gewinnprognose lässt sich ableiten, dass es eine Rekordausschüttung für die Aktionäre geben wird. "Für den Hauptaktionär Tschechische Republik hieße das eine Einnahme von 36 Milliarden bis 42 Milliarden Kč, die er einsetzen kann, um Haushalte und Unternehmen bei den hohen Energiepreisen beizustehen", sagte der ČEZ-Vorstandsvorsitzende und Generaldirektor Daniel Beneš gegenüber der Presse. 

Im Jahr 2023 wird der Staat neben den Dividenden und den üblichen Steuern von der ČEZ-Gruppe auch Vorauszahlungen auf die Steuer für unerwartete Gewinne einnehmen. Hinzu kommen die Abgaben auf außerordentliche Erlöse des Stromerzeugers. Sie werden im Fall von ČEZ als dem Besitzer der beiden tschechischen Atomkraftwerke besonders hoch ausfallen. Für Kernkraft als Quelle liegt mit 70 Euro pro Megawattstunde die Obergrenze für die Erlöse am niedrigsten.  

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