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Wirtschaftsumfeld | Tschechische Republik | Öffentliche Finanzen, Staatshaushalt

Tschechien schnallt den Gürtel enger

Höhere Steuern und Abgaben, weniger Subventionen: Mit einem Sparpaket will Tschechiens Regierung ab 2024 den Haushalt konsolidieren. Die Last tragen Verbraucher und Unternehmen.

Von Gerit Schulze | Prag

Mitten in die Rezession hinein drückt Tschechiens Regierung ein massives Sparpaket durch. Ab 2024 entfallen viele Steuervergünstigungen und Subventionen. Innerhalb von zwei Jahren sollen damit Einsparungen und Steuermehreinnahmen von umgerechnet rund 6 Milliarden Euro erzielt werden.

Staatsverschuldung erreicht Rekordhoch

Grund für die strenge Haushaltspolitik ist die wachsende Staatsverschuldung. Nach Prognosen des Finanzministeriums könnte der Schuldenberg der öffentlichen Hand bis 2024 auf den Rekordwert von knapp 46 Prozent des Bruttoinlandsproduktes ansteigen. Vor Ausbruch der Coronapandemie waren es erst 30 Prozent. Die Sonderausgaben zur Rettung der einheimischen Unternehmen und die mit dem Krieg in der Ukraine entstandenen Zusatzkosten für Energiesubventionen haben die öffentlichen Finanzen überstrapaziert. Im europäischen Vergleich steht Tschechien aber immer noch gut da. Laut Herbstprognose der Europäischen Kommission wird die öffentliche Verschuldung der EU-Länder 2024 durchschnittlich 83 Prozent betragen. 

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Ab 2024 sollen nun auch Tschechiens Privathaushalte und Unternehmen für zwei Jahre lang den Gürtel enger schnallen. Das entsprechende Sparpaket der Regierung haben beide Parlamentskammern bereits abgesegnet. Neben zweistelliger Inflationsraten, hoher Kreditzinsen und schwacher Nachfrage muss die Wirtschaft des Landes damit weitere Belastungen aushalten. Der Staat rechnet mit Zusatzeinnahmen von 72,3 Milliarden Tschechische Kronen (Kč, 3 Milliarden Euro, Wechselkurs am 15. November 2023: 1 Euro = 24,51 Kč) und Ausgabenkürzungen um 78,4 Milliarden Kč (3,2 Milliarden Euro). Das Wirtschaftswachstum des Landes verringert sich infolge des Konsolidierungspakets um 0,3 Prozentpunkte, schätzt das Finanzministerium.

Auch die Ministerien sollen ihren Beitrag zur Haushaltssanierung beitragen. Jedes Ressort muss seine laufenden Ausgaben um 5 Prozent kürzen. Außerdem werden die staatlichen Subventionen um umgerechnet 2,2 Milliarden Euro verringert.

Körperschaftsteuer steigt um zwei Prozentpunkte

Den größten Posten auf der Einnahmenseite macht die Erhöhung der Körperschaftsteuer von 19 auf 21 Prozent aus. Prag argumentiert damit, in Europa zu den Ländern mit den niedrigsten Unternehmenssteuern zu gehören. Dies sei nicht mehr zeitgemäß. Ab 2025 soll die Anhebung Mehreinnahmen von rund 900 Millionen Euro einbringen. 

Eine weitere wichtige Einnahmequelle ist die Einführung eines Arbeitnehmerbeitrags zur Finanzierung des Krankentagegelds. Sie soll innerhalb von zwei Jahren über eine halbe Milliarde Euro in die Kassen spülen. 

Nur wenige Steuerzahler sind von der Erhöhung der Einkommensteuer betroffen. Der erhöhte Satz von 23 statt 15 Prozent gilt künftig bereits für Einkommen ab dem Dreifachen des Durchschnittslohns. Bislang war mindestens das Vierfache die Grenze. Für 2024 wird der monatliche Durchschnittslohn bei 43.967 Kč (rund 1.800 Euro) festgesetzt. Die höhere Einkommensteuer würde damit etwa ab 5.400 Euro greifen. 

Weniger Wirrwarr bei der Mehrwertsteuer

Erhebliche Auswirkungen haben die Änderungen bei der Mehrwertsteuer. Tschechiens Regierung streicht die bisherigen zwei vergünstigten Steuersätze von 15 und 10 Prozent und ersetzt sie durch einen einheitlichen Satz von 12 Prozent. Der Basissatz von 21 Prozent bleibt bestehen. Einige Lebensmittel, ausgewählte Arzneimittel (vor allem Nahrungsergänzungsmittel), Autokindersitze oder Bestattungsdienstleistungen werden dadurch billiger. Andere Waren und Dienstleistungen, die bisher einem vergünstigten Steuersatz unterlagen, besteuert der Staat künftig mit dem Basissatz. Dazu gehören Friseurdienstleistungen, Schuhreparaturen, Reinigungsarbeiten und Fassbier. Kritiker warnen bereits vor einem Kneipensterben in kleinen Ortschaften. Für gedruckte Bücher entfällt die Mehrwertsteuer künftig komplett. Insgesamt rechnet die Regierung durch die Mehrwertsteuerreform mit Mindereinnahmen von knapp 100 Millionen Euro bis 2025.

Fiskus kassiert bei Immobilien ab

Für Unternehmen könnte die Anhebung der Grundsteuer zu erheblichen Mehrausgaben führen. Sie soll um das 1,8-Fache steigen und damit Zusatzeinnahmen von über 400 Millionen Euro generieren. Da die Grundsteuer meist auf die Nebenkosten umgelegt wird, dürften auch Firmen, die große Industrie- und Lagerflächen pachten, betroffen sein. Die Regierung begründet den Schritt damit, dass Tschechien zu den Schlusslichtern bei der Erhebung von Immobiliensteuern in Europa zähle. Im Jahr 2020 entfielen auf die Grundsteuer laut Finanzministerium nur 0,6 Prozent aller Steuereinnahmen.

Weitere wichtige Änderungen ab 1. Januar 2024

  • Autobahnvignette für Pkw verteuert sich um 800 Kč auf 2.300 Kč pro Jahr (94 Euro)
  • für Selbstständige erhöht sich die Mindestbemessungsgrundlage für Sozialabgaben von 25 auf 40 Prozent des Durchschnittslohns
  • Steuerliche Absetzbarkeit von Dienstwagen wird auf einen Kaufpreis von 2 Millionen Kč (81.000 Euro) begrenzt
  • für steuerfreie Einkünfte aus dem Verkauf von Wertpapieren und Aktien wird ein Limit von 40 Millionen Kč (rund 1,63 Millionen Euro) eingeführt
  • Unternehmen, die den Großteil ihrer Transaktionen in einer Fremdwährung abwickeln, können ihre Bücher in Euro, US-Dollar oder Pfund Sterling führen, ihre Steuererklärungen in dieser Währung einreichen und Steuern zahlen
  • Verbrauchsteuern auf Zigaretten und andere Tabakerzeugnisse steigen um 10 Prozent 2024 und danach um jeweils 5 Prozent bis 2027
  • Mindeststeuer für Geldspielautomaten steigt von 9.200 auf 13.400 Kč (547 Euro)
  • Staatlicher Zuschuss für Bausparverträge sinkt auf maximal 1.000 Kč pro Jahr (41 Euro)

Ausführliche Informationen zum Sparpaket hat das tschechische Finanzministerium auf seiner Internetseite zusammengestellt.

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