Mehr zu:
TürkeiKfz-Teile, Zulieferindustrie / Lieferketten, Beschaffung / Elektromobilität
Wirtschaftsumfeld
Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?
Special | Türkei | Lieferketten
Die Türkei ist ein wichtiger Produktionsstandort für Kfz-Teile und ein wichtiger Beschaffungsmarkt für deutsche Unternehmen der Automobilbranche.
14.04.2021
Von Katrin Pasvantis | Istanbul
Die Türkei ist ein bedeutender Standort für die Produktion von Automobilen und Kfz-Teilen. Gefertigt wird vor allem für den Export. Deutsche Unternehmen sind dabei wichtige Abnehmer. In den letzten beiden Jahrzehnten haben sich viele internationale Kfz-Hersteller im Land angesiedelt. Jährlich werden rund 1,5 Millionen Fahrzeuge gefertigt. Parallel ist eine diversifizierte Zulieferindustrie entstanden. Nicht nur die Herstellung von Pkw-Bauteilen ist breit aufgestellt, sondern auch die für Nutzfahrzeuge.
Für deutsche Unternehmen ist die Türkei ein wichtiger Beschaffungsmarkt. Dazu tragen die Nähe zur EU mit dem Vorteil kurzer Lieferzeiten, die Fähigkeit zu schnellen Produktionsanpassungen und die gut aufgestellte Industriebasis maßgeblich bei. In der Türkei produzieren große deutsche Unternehmen wie Mercedes-Benz, MAN und Bosch.
2010 | 2019 | Veränderung | |
---|---|---|---|
SITC 778.3 Kfz-Elektrik | 51,0 | 68,7 | 34,7 |
SITC 784 Fahrgestelle, Karosserien, Stoßstangen etc. | 496,6 | 824,4 | 66,0 |
SITC 773.13 Zündkabelsätze | 37,6 | 18,8 | -50,0 |
SITC 713.2 Verbrennungsmotoren | 0,7 | 0,2 | -73,9 |
Summe | 585,9 | 912,1 | 55,7 |
Die mit Abstand wichtigste importierte Warengruppe gemessen am Wert sind Fahrgestelle, Karosserien und Stoßstangen. Deutschland meldete für 2019 Einfuhren aus der Türkei im Wert von 824 Millionen Euro (2020: 760 Millionen Euro). Die deutschen Importe aus der Türkei sind trotz des wertmäßig hohen Gewichts dieser Kategorie durchaus diversifiziert.
Im Land produzieren mehr als 250 Zulieferunternehmen. Die meisten davon im Nordwesten. Unter die bedeutenden Hersteller wichtiger Bauteile reihen sich auch große deutsche Unternehmen.
Unternehmen | Umsatz (Mio. US$*) | Export (Mio. US$*) | Anzahl der Angestellten | Verwaltungsgebiet |
---|---|---|---|---|
1.233 | 923 | 7.518 | Bursa | |
391 | 163 | - | Kocaeli | |
335 | 59 | 1.962 | Bursa | |
330 | 244 | 1.350 | Manisa | |
308 | 223 | 1.944 | Istanbul |
Der Fachverband der türkischen Zulieferindustrie Taysad macht keine Angabe zum Wert der Inlandsproduktion oder den Fertigungskapazitäten. Die Branche ist stark abhängig vom Export. Es ist davon auszugehen, dass sich die lokale Produktion parallel zum Exportvolumen entwickelt hat. Im Jahr 2005 wurden Kfz-Teile im Wert von über 1 Milliarde US$ exportiert, in 2020 waren es bereits knapp 4 Milliarden US$.
2005 | 2010 | 2015 | 2020 | |
---|---|---|---|---|
Export | 1.460 | 2.673 | 3.803 | 3.959 |
Import | 3.382 | 4.433 | 4.966 | 5.102 |
Die Einbindung der Türkei in internationale Lieferketten ist hoch. Deshalb ist die lokale Kfz-Branche den Folgen der Corona-Pandemie in besonderem Maße ausgesetzt. Im Jahr 2020 wurden Kfz-Teile im Wert von 5 Milliarden US$ importiert und von 4 Milliarden US$ exportiert. Aufgrund der Schwierigkeiten in den Lieferketten standen im April 2020 die Produktionsbänder großer Automobilhersteller wie Ford Otosan, Toyota und Honda still.
Dem türkischen Fachverband der Automobilhersteller (OSD - Otomotiv Sanayii Dernegi) zufolge sei es beispielsweise zeitweise zu Lieferengpässen bei Mikrochips aus Asien gekommen. Diese konnten nach einiger Zeit durch die Fertigung von Chips in anderen Bereichen kompensiert werden.
Die Zulieferindustrie fuhr nach Aussage von Taysad 2020 aufgrund von Rückgängen im Exportgeschäft deutliche Umsatzverluste ein. Einige Zulieferunternehmen in der Türkei berichten aber auch von einem Rekordjahr. Sie hätten neue Lieferaufträge aus EU-Ländern wie Deutschland gewonnen und von den Lieferschwierigkeiten der Zulieferer in Asien profitiert.
Die Einführung des deutschen Lieferkettengesetzes wird die Türkei bezüglich der Schutzmaßnahmen gegen Kinder- und Zwangsarbeit kaum betreffen, da die türkische Produktion im internationalen Vergleich gut aufgestellt ist. Jedoch wird auch der Schutz von Umwelt und Natur stärker in den Vordergrund rücken. Dies hätte Auswirkungen auf die türkischen Lieferungen. Fortan werden deutsche Vorgaben bei der Produktion berücksichtigt werden müssen, wenn der Markt weiter bedient werden soll. Die türkischen Zulieferer werden ein Zertifizierungssystem entwickeln müssen.
Die fünf größten Exportländer der türkischen Zulieferindustrie sind seit Jahren unverändert. Deutschland ist unangefochten und mit großem Abstand das wichtigste Abnehmerland für die Türkei. Der Exportwert in absoluten Zahlen ist in den letzten 20 Jahren stark gestiegen. Im letzten Jahr wurden der türkischen Statistik zufolge Kfz-Teile im Wert von 776 Millionen US$ nach Deutschland geliefert.
Abnehmerland | 2000 | 2010 | 2020 | Anteil 2020 |
---|---|---|---|---|
Deutschland | 88 | 505 | 776 | 19,6 |
Frankreich | 51 | 276 | 330 | 8,3 |
Vereinigtes Königreich | 36 | 268 | 283 | 7,1 |
Italien | 44 | 193 | 250 | 6,3 |
USA | 11 | 66 | 244 | 6,2 |
Insgesamt | 452 | 2.673 | 3.960 | 100 |
Der Anteil Deutschlands an den Gesamtexporten der Branche ist über die Jahre jedoch nahezu unverändert geblieben. Dagegen gab es Verschiebungen bei den anderen großen Exportländern. So ist der Anteil Italiens zurückgegangen, während die USA an Bedeutung gewonnen haben.
Es lässt sich weltweit ein Trend hin zur Produktion von Kfz-Teilen für Elektro- und Hybridfahrzeuge beobachten. Taysad zufolge stieg der Produktionsanteil dieser Fahrzeuge in der EU in den ersten neun Monaten 2020 auf 20 Prozent an. Bis 2030 rechnet der Verband mit einem Rückgang der Nachfrage nach Teilen für konventionelle Fahrzeuge um 50 Prozent. Die Zulieferindustrie in der Türkei wird sich entsprechend anpassen müssen.
Der Trend spiegelt sich auch in der jüngsten Investition in ein Werk für Elektrofahrzeuge wider. Das türkische Konsortium TOGG vergab im Dezember 2020 den Bauauftrag für das Werk in der Provinz Bursa. Es soll das erste ohne ausländische Partner produzierte Elektromobil einer türkischen Marke werden. Bis 2025 wird eine Lokalisierungsquote von 68 Prozent angestrebt. Zuletzt hatten zwei große Autofirmen das Aus für Investitionen in der Türkei angekündigt: Der japanische Autobauer Honda schließt 2021 sein Autowerk in der Türkei. Volkswagen erteilte seinen Plänen zum Aufbau einer Niederlassung in der Türkei Anfang Juli 2020 offiziell eine Absage. Trotz schwieriger politischer Rahmenbedingungen halten andere Unternehmen an Investitionsplänen fest.
PKW | LKW (inkl. Kleinlaster) | Busse (inkl. Kleinbus/Midibus) | Insgesamt | |
---|---|---|---|---|
0 | 15.300 | 3.712 | 19.012 | |
30.000 | 381.000 | 44.000 | 455.000 | |
50.000 | 0 | 0 | 50.000 | |
245.000 | 0 | 0 | 245.000 | |
0 | 43.200 | 16.410 | 59.610 | |
0 | 17.140 | 2.310 | 19.450 | |
378.000 | 0 | 0 | 378.000 | |
218.000 | 232.000 | 0 | 450.000 | |
280.000 | 0 | 0 | 280.000 | |
Insgesamt | 1.201.000 | 688.640 | 66.432 | 1.956.072 |
Umsatz (Mio. US$*) | Export (Mio. US$*) | Anzahl der Angestellten | Verwaltungsgebiet | |
---|---|---|---|---|
6.913 | 5.876 | 10.899 | Istanbul | |
4.595 | 4.118 | 5.161 | Sakarya | |
4.344 | 3.634 | 7.527 | Istanbul | |
3.332 | 2.342 | 6.633 | Istanbul | |
2.444 | 1.531 | 6.723 | Istanbul | |
2,363 | 1.889 | 2.330 | Istanbul | |
626 | 126 | 2.718 | Izmir | |
577 | 156 | 1.266 | Kocaeli | |
550 | 550 | 2.893 | Ankara | |
429 | 345 | 1.994 | Istanbul |
Investieren in der Türkei - Informationen zu Standortfaktoren |