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Branchen | Tunesien | Nahrungsmittel-, Verpackungsmaschinen

Lage in der tunesischen Nahrungsmittelindustrie bleibt angespannt

Die Dürre und die Folgen des Krieges in der Ukraine belasten die tunesische Agrarwirtschaft. Lichtblicke gibt es trotz allem, zum Beispiel bei Olivenöl.

Von Verena Matschoß | Tunis

Datteln, Olivenöl, Nudeln, Tomatenkonserven - vieles davon in Bio-Qualität: Das Angebot der über 40 tunesischen Hersteller auf der diesjährigen Lebensmittelmesse Anuga 2023 in Köln war breit gefächert. Ein tunesischer Gemeinschaftsstand wurde von der staatlichen Exportagentur CEPEX organisiert. Neben größeren Unternehmen der Nahrungsmittelindustrie legte die CEPEX ihren Fokus auch auf Newcomer. So konnten fünf kleine Unternehmen ihre Innovationen auf dem Stand präsentieren.

Jihène Doss Afrit, Leiterin der Messeabteilung der Deutsch-Tunesischen Industrie- und Handelskammer, hat von den Ausstellern ein durchweg positives Feedback erhalten: "Die beteiligten Unternehmen haben nicht nur wertvolle Kontakte zu deutschen Kunden, sondern auch zu potenziellen Abnehmern aus anderen Regionen der Welt knüpfen können."

Olivenöl bleibt der Exportschlager

Nahrungsmittel "Made in Tunisia" sind im Ausland bekannt und beliebt. Tunesische Unternehmen exportieren vor allem Olivenöl, Datteln, Meeresfrüchte, Tomaten und Zitrusfrüchte. Und machen dabei ein gutes Geschäft: Im Jahr 2022 wurde Olivenöl - das mit Abstand wichtigste Ausfuhrprodukt - im Wert von rund 800 Millionen US-Dollar (US$) ins Ausland geliefert. Hauptabnehmer waren Spanien und Italien, die selbst Olivenöl produzieren und tunesisches Öl vor allem beimischen. An dritter Stelle folgten die USA. Olivenbäume bedecken ein Drittel der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Tunesien. Das Land hofft im Erntejahr 2023/2024 auf eine Erhöhung der Olivenölproduktion auf 200.000 Tonnen.

Obst und Gemüse exportierte Tunesien im Jahr 2022 in einem Wert von knapp 470 Millionen US$. Libyen war Hauptabnehmer, gefolgt von Marokko. Deutschland war drittwichtigstes Empfängerland und bezog vor allem Tomaten und Datteln aus Tunesien. Bei Datteln und Olivenöl spielt die Bio-Produktion eine große Rolle, vor allem für den Export. Laut Foreign Investment Promotion Agency (FIPA) ist Tunesien der zweitgrößte Exporteur von Bio-Produkten auf dem afrikanischen Kontinent.

Tunesische Ausfuhr von Nahrungsmitteln, Getränken und Ölen (in Millionen US$, Veränderung in Prozent)

SITC-Position

Warenbezeichnung

2021

2022

Veränderung 2022/2021

4

Tierische und pflanzliche Öle, Fette, Wachse

681,2

919,1

34,9

05

Obst und Gemüse

444,5

468,5

5,4

03

Fisch und andere Meerestiere

254,5

281,2

10,5

09

Verschiedene Lebensmittel und Zubereitungen

119,8

135,6

13,1

04

Getreide, Getreideprodukte

86,6

105,5

21,8

07

Kaffee, Tee, Gewürze

54,2

60,8

12,2

08

Tierfutter

35,8

55,1

54,1

06

Zucker, Zuckerwaren, Honig

24,5

37,4

53,1

11

Getränke

28,9

27,3

-5,4

02

Milch, Milchprodukte, Vogeleier

28,0

22,7

-19,1

01

Fleisch und Fleischprodukte

5,5

6,2

13,1

00

Lebende Tiere

0,6

0,6

3,2

Quelle: UN Comtrade 2023

Jenseits der Exportschlager sieht es in der Agrar- und Ernährungswirtschaft allerdings nicht sehr rosig aus. Der Klimawandel machte sich dieses Jahr in aller Härte bemerkbar: Aufgrund der starken Trockenheit ist die landwirtschaftliche Produktion im 1. Halbjahr 2023 um knapp 9 Prozent zurückgegangen. Seit Jahren leidet Tunesien unter zunehmender Dürre, der Wassermangel wird immer akuter. Um Wasser zu sparen, wird in der heißen Jahreszeit vielerorts das Wasser rationiert. 

Landwirte leiden unter akutem Wassermangel

Nur ein geringer Teil der Getreideanbauflächen wird künstlich bewässert, somit sind die Landwirte stark auf Regen angewiesen. Die Dürre führte dazu, dass die Ernte in der diesjährigen Saison um 60 Prozent eingebrochen ist. Tunesien ist schon jetzt von Importen abhängig. Das Land deckt etwa 70 Prozent seines Getreidebedarfs durch Einfuhren. 

Eigentlich hatte sich die tunesische Regierung für 2023 das Ziel gesteckt, eine Selbstversorgung bei Hartweizen zu erreichen. Die schlechte Ernte macht dem Ganzen nun einen Strich durch die Rechnung. Unterstützung gibt es von internationalen Gebern: Die Regierung hat im Juli 2023 einen Kreditvertrag mit der Afrikanischen Entwicklungsbank über 87 Millionen US$ für die Verbesserung der Getreidelagerkapazitäten unterzeichnet.

Milchwirtschaft steckt in der Krise

Der Krieg in der Ukraine ist ein weiterer Faktor, der die Agrarindustrie belastet. Die Preise für Getreide, Futtermittel, Saatgut, Düngemittel und Energieträger sind seit Kriegsbeginn stark gestiegen. Darunter leiden Viehzüchter und die Fleisch- und Milchproduktion gerät unter Druck. Verbraucher müssen sich bei Milch auf Versorgungsengpässe einstellen. Um die steigenden Kosten etwas auszugleichen, fordern Vertreter der Milchwirtschaft eine Anhebung des Erzeugerpreises für Milch.  

Obwohl Milch, Milchprodukte, aber auch Zucker verstärkt importiert werden mussten, ging das Defizit in der Handelsbilanz bei Nahrungsmitteln von Januar bis September 2023 zurück. Dies lag vor allem an einem wertmäßigen Anstieg der Olivenölexporte und den im Vorjahresvergleich gesunkenen Preisen für importiertes Getreide und Pflanzenöl. 

Viele Unternehmen in der Speiseölindustrie

Die tunesische Nahrungsmittelindustrie ist stark von kleinen und mittleren Unternehmen geprägt, neben einigen großen privaten und staatlichen Betrieben. Der Sektor stand im vergangenen Jahr für rund 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die Bruttowertschöpfung in der Nahrungsmittelindustrie ist im 1. Halbjahr 2023 um über 6 Prozent gesunken. 

Nach Angaben der Agence de Promotion de l'Industrie et de l'Innovation (APII) umfasste der Sektor im Februar 2022 knapp über 1.000 Unternehmen, fast 200 waren ausschließlich im Export tätig. Mit 318 Unternehmen ist die Speiseölindustrie der mit Abstand wichtigste Sektor.  

Umsatzstärkstes Privatunternehmen war 2021 die Société de fabrication des boissons de Tunisie. Sie hat eine vorherrschende Stellung auf dem Getränkemarkt bei Bier, Limonade und Mineralwasser. Weitere wichtige private Unternehmen sind die Poulina-Gruppe in der Geflügelproduktion, SICAM bei verarbeiteten Tomaten, AGRIMED bei Speiseöl und Land'Or in der Käseproduktion. Die über die APII angekündigten Investitionen der Lebensmittelindustrie sind von Januar bis August 2023 um 7,6 Prozent auf knapp 450 Millionen Tunesische Dinar (etwa 130 Millionen Euro) gestiegen.

Größte tunesische Unternehmen in der Lebensmittelindustrie

Unternehmen/Gruppe

Branche

Umsatz 2021 (in Mio. Euro) 1)

Office des Céréales (untersteht der Aufsicht des Agrarministeriums)Monopol auf den Vertrieb von Weizen

989,7 2)

Société de Fabrication des Boissons de Tunisie (SFBT)Kohlensäurehaltige Getränke und Bier

194,5

DICK /Poulina Group HoldingGeflügel

121,0

El Mazraa /Poulina Group HoldingGeflügel

119,2

Office Nationale de l’Huile (ONH) (untersteht der Aufsicht des Agrarministeriums)Organisation des Olivenölsektors

117,6 3)

Société Tunisienne des Conserves Alimentaires- SICAM/ Groupe BayahiNahrungsmittelkonserven, vor allem verarbeitete Tomaten

87,0

ALMES - MEDOIL / Poulina Group HoldingMargarine/Speiseöl

73,0

AGRIMEDRaffination und Verpackung von Speiseöl

68,9

STE Stations Thermales et Eaux Minérales-SOSTEM / SFBTMineralwasser

56,0

Land’OrKäse

47,0

Société de Production Agricole SOPATProduktion von weißem Fleisch

43,9

1 umgerechnet in Euro anhand des Jahresdurchschnittskurses 2021 der Tunesischen Zentralbank; 2 inkl. Subventionen; 3 zum 31.10.2021.Quelle: Economiste Maghrébin, Januar 2023

 

Deutschland wichtigster Lieferant von Apparaten für die Geflügelhaltung

Für deutsche Hersteller von Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen ist Tunesien ein eher kleiner Markt. In einigen wenigen Segmenten sind deutsche Anlagen aber gefragt: Bei der Einfuhr von Apparaten für die Geflügelhaltung hatte die Bundesrepublik einen Anteil von 60 Prozent. Das Segment verspricht weiter gute Absatzchancen, denn von Januar bis August 2023 ist die Hühnerfleischproduktion laut dem Observatoire National de l'Agriculture (ONAGRI) um 7,4 Prozent auf 95.500 Tonnen gestiegen.

Import von ausgewählten Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen (HS-Code, in Millionen US$)

Produkt

2021

2022

Aus Deutschland (2022)

Maschinen zum industriellen Zubereiten oder Herstellen von Nahrungsmitteln oder Getränken (ausg. Maschinen und Apparate zum Gewinnen oder Aufbereiten von tierischen oder pflanzlichen Ölen, HS 8438)

17,1

32,1

2,9

Maschinen zum Verpacken oder Umhüllen von Waren (HS 842240)

16,1

16,6

1,0

Maschinen, Apparate und Geräte für die Geflügelhaltung (ausg. Brut- und Aufzuchtapparate, HS 843629)

13,9

12,1

7,3

Maschinen zum Füllen, Verschließen, Versiegeln, Verkapseln oder Etikettieren von Flaschen, Dosen, Schachteln, Säcken oder anderen Behältnissen sowie  zum Versetzen von Getränken mit Kohlensäure (HS 842230)

10,3

11,4

0,5

Maschinen zum Gewinnen oder Aufbereiten von tierischen oder fetten pflanzlichen Ölen oder Fetten (HS 847920)

20,5

10,6

0,1

Melkmaschinen (HS 843410)

1,2

1,2

0,1

Maschinen, Apparate und Geräte für die Futterbereitung (HS 843610)

0,9

0,8

0,0

Quelle: UN Comtrade 2023

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