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Rechtsbericht Ukraine Aktiengesellschaftsrecht

Neues Aktiengesetz in der Ukraine

Das neue Gesetz treibt die Anpassung der nationalen Gesetzgebung an die EU-Gesetzgebung voran und gestaltet das geltende Recht für Unternehmen flexibler. 

Von Yevgeniya Rozhyna | Bonn

Zum 1. Januar 2023 trat das neue Gesetz Nr. 2465-IX "Über Aktiengesellschaft“ ("Zakon pro aktsionerni tovarystva") in Kraft. Das Gesetz dient der Erfüllung der Verpflichtungen der Ukraine aus dem Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union und der Anpassung der nationalen Gesetzgebung an die EU-Gesetzgebung. Gleichzeitig verliert das Gesetz Nr. 514-VI vom 17. September 2008 "Über Aktiengesellschaften“ seine Gültigkeit. 

Mindestkapital wird herabgesetzt

Die Mindesthöhe des Grundkapitals einer Aktiengesellschaft wurde herabgesetzt. Bisher betrug die Höhe des Mindestgrundkapitals den 1.250-fachen Wert des monatlichen Mindestlohnes. Nach dem neuen Gesetz wird die Höhe um das 6-fache reduziert und beträgt nun das 200-fache des Mindestlohnes. Die Höhe des Mindestlohnes wird monatlich vom Ministerium der Finanzen ("Ministerstvo ekonomiky Ukrayiny") neu festgelegt und trägt der Inflation in der Ukraine Rechnung.

Elektronische Durchführung der Hauptversammlung

Es wird die Möglichkeit eingeführt, Hauptversammlungen der Aktionäre durch elektronische Stimmabgaben und Abstimmung (Fernhauptversammlung) abzuhalten. Die Stimmabgabe erfolgt durch elektronische Briefwahl unter Verwendung eines autorisierten elektronischen Systems. Das System ermöglicht die Identifizierung und Registrierung der Wertpapierinhaber durch die Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur. Das Gesetz sieht vor, dass es sich bei dem System um einen Software- und Hardwarekomplex handelt, der von der Nationalen Wertpapier- und Börsenaufsichtsbehörde ("Natsionalʹna komisiya z tsinnykh paperiv ta fondovoho rynku“) autorisiert wurde.

Es sei darauf hingewiesen, dass die Durchführung einer elektronischen Hauptversammlung erst ab dem 1. Januar 2024 möglich ist.

Leitung: Künftig auch monistisches System möglich

Die Leitungsstruktur einer Aktiengesellschaft kann künftig entweder ein- oder zweistufig sein. Nach der bisher vom Gesetz vorgesehenen zweistufigen (dualistischen) Struktur gehören zu den Leistungsorganen einer Aktiengesellschaft: die Hauptversammlung, der Aufsichtsrat und das Exekutivorgan. Hingegen gehören in einer einstufigen Struktur zu den Leitungsorganen die Hauptversammlung und der Vorstand. In einer Aktiengesellschaft bis zu zehn Gesellschaftern kann anstelle eines Vorstands ein Exekutivorgan einberufen werden. Das Exekutivorgan erhält die gleichen Befugnisse wie der Vorstand und darf somit die Gesellschaft leiten. Das Exekutivorgan vertritt die Aktiengesellschaft nach außen und leitet die Geschäfte nach innen. Die Mindestanzahl des Vorstandes muss drei Personen betragen. Dabei wird der Vorstand durch die Hauptversammlung gewählt.

Bestehende Unternehmen müssen sich bis zum Inkrafttreten des Gesetzes für eine Führungsorganisation entscheiden. Das Unternehmen kann jederzeit von einstufigen zu einer zweistufigen Organisationsstruktur wechseln und umgekehrt. Dabei wird der Wechsel nicht als Umwandlung oder Umstrukturierung angesehen.

Die Möglichkeit eines Gesellschaftsvertrages

Das bisherige Aktiengesetz kannte den Begriff des Gesellschafsvertrags nicht. In der Ukraine wurde das Konzept des Gesellschaftsvertrages erst vor drei Jahren im Zusammenhang mit Gesellschaften mit beschränkter und zusätzlicher Haftung eingeführt. Nach dem neuen Aktiengesetz ist ein Gesellschaftsvertrag eine Vereinbarung, mit der sich die Gesellschafter einer Gesellschaft verpflichten, ihre Rechte und Befugnisse in einer bestimmten Weise auszuüben beziehungsweise von Umsetzung abzusehen. Der Gesellschaftsvertrag muss schriftlich abgefasst sein.

Eine wichtige Bestimmung des Gesetzes ist, dass Parteien das auf den Gesellschaftsvertrag anzuwendende Recht wählen können. Hierzu gelten die Bestimmungen des Gesetzes "Über das internationale Privatrecht“ ("Pro mizhnarodne pryvatne pravo“). Mehr zum Thema Vertragsgestaltung in der Ukraine kann unter "Recht kompakt Ukraine" abgerufen werden. 

Auszahlung von Dividenden

Die Dividenden werden weiterhin einmal jährlich ausgeschüttet. Die Grundlage für die Bemessung der Höhe der Ausschüttung wird aus dem Nettogewinn auf der Basis des Jahresabschlusses an die Aktionäre festgelegt. Die Aktiengesellschaft kann die Ausschüttung jedoch verweigern, wenn der geplante Gewinn nicht erreicht wurde.

Auswirkung auf weitere Gesetze

Das Gesetz sieht insbesondere Änderungen der Wirtschaftsprozessordnung, des Bürgerlichen Gesetzbuchs, des Wirtschaftsgesetzbuchs, der Gesetze über Gesellschaften mit beschränkter und zusätzlicher Haftung, über Wertpapiere und den Aktienmarkt und über das Depotsystem in der Ukraine vor. Eine Übersicht der Gesetze kann unter "Gesetze in der Ukraine" abgerufen werden. Eine wichtige Änderung gilt für die Registrierung von Aktiengesellschaft in das einheitliche staatliche Register für juristische Personen, Einzelunternehmen und öffentliche Einrichtungen. Es müssen neue Informationen bei der Eintragung der Aktiengesellschaft angegeben werden. Insbesondere die Angaben über das Datum des Beginns beziehungsweise der Beendigung der Eintragung von Gesellschaftsanteilen einer Gesellschaft.

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