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Rechtsmeldung Ukraine Schiedsgerichtsbarkeit
27.12.2017
(GTAI) Ab dem 1. Januar 2018 ist die neue Fassung der Schiedsordnung des Internationalen Handelsschiedsgerichts der Industrie- und Handelskammer der Ukraine zu beachten. Diese findet in allen Schiedsverfahren Anwendung, die ab dem 1. Januar 2018 vor dem Internationalen Handelsschiedsgericht der IHK der Ukraine eingeleitet werden. Deutsche Unternehmen, deren Verträge mit ukrainischen Geschäftspartnern eine entsprechende Schiedsklausel enthalten oder diejenigen, die den Abschluss einer solchen Schiedsvereinbarung mit ukrainischen Geschäftspartnern beabsichtigen, sollten sich mit den Änderungen vertraut machen.
Zu den Kernneuerungen gehört die Einführung eines beschleunigten Verfahrens (Expedited Proceedings), welches dann stattfindet, wenn dies in der Schiedsvereinbarung ausdrücklich festgelegt ist oder die Parteien sich nachträglich darauf verständigen (opt-in-Regelung). Das beschleunigte Verfahren ist durch deutlich kürzere Fristen bei der Schiedsrichterernennung, Zahlung von Bearbeitungsgebühren und Schriftsätzen gekennzeichnet (siehe Art. 45 der neuen Schiedsregeln). Sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben, findet ein beschleunigtes Verfahren vor einem Einzelschiedsrichter statt. In beschleunigten Verfahren muss der Schiedsspruch innerhalb von 20 Tagen seit der Beendigung des Schiedsverfahrens erlassen werden.
Darüber hinaus finden sich in der neuen Fassung der Schiedsregeln detaillierte Regelungen zum einstweiligen Rechtsschutz (Art. 25 bis 29 der neuen Schiedsregeln). Das Schiedsgericht bzw. der Präsident des Internationalen Handelsschiedsgerichts der IHK der Ukraine (vor der Konstituierung des Schiedsgerichts) können auf Antrag einer Partei vorläufige oder sichernde Maßnahmen treffen.
Zu beachten ist auch eine neue Vorschrift zur Höhe der Klageforderung, die in der Klageschrift angegeben werden muss (Art. 14, 15 der neuen Schiedsregeln).
Der Schiedsort liegt nach wie vor zwingend in Kiew (Art. 39 der neuen Schiedsregeln). Dies bedeutet, dass die mündliche Verhandlung zwar auch an einem anderen Ort durchgeführt werden kann, jedoch zwingend ukrainisches Schiedsverfahrensrecht Anwendung findet und ukrainische staatliche Gerichte für Anträge hinsichtlich der Zuständigkeit des Schiedsgerichts sowie für Aufhebungsanträge zuständig sind (vgl. Art. 1 Abs. 1, Art. 6 Abs. 2, Art. 16 Abs. 3, Art. 34 Abs. 2 des ukrainischen Gesetzes über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit).
Gemäß der bisherigen Fassung der Schiedsregeln war das Schiedsverfahren grundsätzlich in ukrainischer oder russischer Sprache durchzuführen, wobei die Parteien auch abweichende Regelungen treffen konnten. Die Praxis der letzten Jahre zeigt, dass die absolute Mehrzahl der Schiedsverfahren in russischer Sprache durchgeführt wurde (rund 85% im Jahr 2016). Nach Art. 40 der neuen Schiedsregeln gibt es keine Default-Regelung zur Verfahrenssprache mehr. Vielmehr kann die Verfahrenssprache frei vereinbart werden, mangels einer Parteivereinbarung wird diese durch das Schiedsgericht unter Berücksichtigung der Umstände des Falles festgelegt.
Deutsche Unternehmen nehmen regelmäßig an Schiedsverfahren in der Ukraine teil. Beispielsweise waren deutsche Parteien im Jahre 2016 an 31 Schiedsverfahren vor dem Internationalen Handelsschiedsgericht der IHK der Ukraine beteiligt.
Die neuen Schiedsregeln sind in ukrainischer, russischer und englischer Fassung auf der Internetseite des Internationalen Handelsschiedsgerichts bei der IHK der Ukraine abrufbar.