Das Ukraine Investment Framework wird 2025 weiterentwickelt und erweitert. Deutsche Firmen können als Investoren und Zulieferer mitwirken oder sich an Ausschreibungen beteiligen.
Die Europäische Union ist mit bereits zugesagten finanziellen Hilfen in Höhe von über 58,5 Milliarden Euro der mit Abstand größte Geldgeber für die Ukraine. Die Mittel stammen überwiegend aus Beiträgen der Mitgliedstaaten – allen voran Deutschland, das nahezu ein Viertel der Gesamtsumme beisteuert. Seit Mitte 2024 wird die Unterstützung über die sogenannte Ukraine Fazilität nach Kyjiw geleitet. Das bis 2027 verfügbare Gesamtvolumen soll in erster Linie den ukrainischen Staatshaushalt stabilisieren und damit einen Teil der Ausgaben für die Landesverteidigung kompensieren.
Aus Sicht der Wirtschaft ist insbesondere das Ukraine Investment Framework (UIF) von Bedeutung. Bereits im ersten Jahr seines operativen Bestehens seit Mitte 2024 wurden Investitionszusagen in Höhe von 1,4 Milliarden Euro gemacht. Davon entfallen 1 Milliarde Euro auf Garantien und 400 Millionen Euro auf nicht rückzahlbare Zuschüsse. Diese Anschubfinanzierung soll insgesamt rund 6 Milliarden Euro an öffentlichen und privaten Investitionen mobilisieren.
UIF soll gezielter eingesetzt werden
Bis Ende 2025 sind gezielte Verbesserungen des Instruments geplant, um seine Wirksamkeit und strategische Ausrichtung weiter zu erhöhen. Im Fokus steht, die Nutzung für Unternehmen zu erleichtern und die einzelnen Komponenten besser miteinander zu verzahnen. Die Europäische Kommission setzt dabei auf eine Erweiterung der Förderinstrumente sowie eine klarere Ausrichtung auf zentrale Zukunftssektoren. Die Mittel sollen vorrangig in Projekte aus den Bereichen Energie, Transport, kritische Rohstoffe und Digitalisierung fließen.
Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU): Mindestens 15 Prozent der UIF-Garantien sind speziell für KMU und Start-ups reserviert. Zudem soll die grüne Transformation der ukrainischen Wirtschaft vorangetrieben werden: Mindestens 20 Prozent der UIF-Mittel sind für Klimaschutz, Umwelt und nachhaltige Projekte vorgesehen.
Auch kommunale Investitionen stehen im Fokus: Mindestens 20 Prozent der nicht rückzahlbaren Zuschüsse fließen in Projekte von Städten und Regionen. Damit soll der Wiederaufbau dezentral, bedarfsgerecht und möglichst nah an den Bedürfnissen der Bevölkerung erfolgen.
Neue Unterstützungsmöglichkeiten auch für deutsche Unternehmen
Im Jahr 2025 wird das UIF um innovative Finanzierungsinstrumente erweitert, um eine breitere Palette von Projekttypen und Risikoprofilen abzudecken. Neben klassischen Krediten und Garantien kommen verstärkt Mischfinanzierungen (Blending) zum Einsatz, bei denen Zuschüsse mit Darlehen kombiniert werden.
Geplant sind zudem Eigenkapitalbeteiligungen und Investitionen über Private-Equity-Fonds. Ziel ist es, wachstumsorientierte und innovative Vorhaben zu fördern, indem Investoren Anteile an geförderten Unternehmen erwerben. Diese Instrumente sind insbesondere für Start-ups und technologiegetriebene Unternehmen von zentraler Bedeutung, da sie ihnen den Zugang zu Kapital in der entscheidenden Frühphase ermöglichen. Das UIF stellt hierfür gezielt Mittel bereit, die in entsprechende Fonds und Beteiligungsmodelle fließen.
Wie können deutsche Unternehmen das Ukraine Investment Framework nutzen?
UIF-Finanzierungen, -Garantien oder Zuschüsse können zur Unterstützung deutscher Investitionen, Joint Ventures oder Lieferungen in die Ukraine beantragt werden – bei akkreditierten internationalen und ukrainischen Finanzinstituten. Im Rahmen der vorgegebenen Projektarten und -bereiche sind alle EU-Unternehmen förderfähig.
Von besonderer Bedeutung sind künftig neue Versicherungs- und Garantieinstrumente zur Absicherung politischer und kriegsbedingter Risiken. Sie sollen Investitionen auch unter unsicheren Rahmenbedingungen ermöglichen und das Risiko für europäische Unternehmen deutlich reduzieren. Geplant ist eine Ausweitung bestehender Kriegs- und politischer Risikoversicherungen sowie die Einrichtung sogenannter Reinsurance Pools. Dabei handelt es sich um Risikofinanzierungsmechanismen, bei denen sich Versicherungsunternehmen gegenseitig absichern, um ihre Fähigkeit zur Übernahme spezifischer Risiken zu erhöhen – unterstützt durch Garantien der EU.
Exklusive Rolle der EIB als strategischer Partner
Die Europäische Investitionsbank (EIB) übernimmt im Rahmen des Ukraine Investment Framework (UIF) eine Schlüsselrolle, die sie deutlich von anderen Finanzinstitutionen abhebt. Sie verfügt über eine exklusive Tranche von mindestens 25 Prozent der UIF-Garantien, rund 2 Milliarden Euro, die ausschließlich für öffentliche Infrastrukturprojekte vorgesehen ist. Damit finanziert die EIB vorrangig strategisch bedeutsame Vorhaben, etwa:
- die Modernisierung von Stromnetzen (bis zu 275 Millionen Euro),
- den sozialen Wohnungsbau (200 Millionen Euro) sowie
- den Ausbau von Bahnverbindungen (250 Millionen Euro).
Dank einer EU-Garantie, die 94 Prozent der Erstverlustrisiken abdeckt, können diese Investitionen auch unter Kriegsbedingungen ohne Risikoaufschläge realisiert werden.
Die EIB finanziert vor allem die Wiederherstellung der InfrastrukturenWichtige Maßnahmen der EIBProgramm | Umfang in Millionen Euro | Geförderte Maßnahmen |
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Ukraine Municipal Infrastructure Programme | 221 | Sanierung, Modernisierung und Schutz kommunaler Infrastruktur in mittelgroßen und großen Städten |
Ukraine Recovery Programme | 225 | Wiederaufbau und Modernisierung von Schulen, Krankenhäusern, Straßen, Brücken, Wasserver- und Abwasserentsorgung, Energieinfrastruktur |
Ukraine District Heating | 250 | Wiederherstellung, Modernisierung und Ausbau des Fernwärmesystems |
Energieeffiziente Widerherstellung von Wohnraum | 230 | Reparatur und Modernisierung von Wohngebäuden mit Erhöhung der Energieeffizienzstandards, Fernwärmesystem |
Notfall-Energieprojekte | 500 | Wiederherstellung und Modernisierung zerstörter Energieinfrastruktur |
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2025
EBRD fokussiert sich auf Privatsektor und KMU
Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) engagiert sich in fünf Kerngebieten in der Ukraine: Energiesicherheit, lebenswichtige Infrastruktur, Ernährungssicherheit, Widerstandsfähigkeit des Privatsektors und Handelserleichterung. Neben (Ko-)Finanzierung für Projekte der ukrainischen Verwaltungseinheiten und Staatsunternehmen, die in offenen Ausschreibungen vergeben werden, engagiert sich die Entwicklungsbank auch, teilweise direkt, in privatwirtschaftlichen Projekten. Für Investitionsprojekte ab 10 Millionen Euro wird direkte Finanzierung angeboten. Für solche im Wert zwischen 2 und 15 Millionen Euro stehen sogenannte Risikoteilungsfazilitäten zur Verfügung, die über Partnerbanken (Raiffeisen Bank Ukraine, Ukrsibbank, Credit Agricole, Pireus Bank) vergeben werden. Zusätzlich wurden unter anderem mit UkrGasBank, Pryvatbank und der Kredobank Abkommen über eine Portfolio-Risikoteilung unterzeichnet, die es den Instituten erlaubt Projekte von KMU bis zu einem Wert von 5 Millionen Euro zu finanzieren.
In Zusammenarbeit mit privaten Versicherern unterstützt die EBRD neuerdings auch durch eine Rückversicherungen den Ausbau des Transportversicherungsmarktes in der Ukraine.
Von Waldemar Lichter
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Warschau