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Start-ups in der Ukraine gewinnen deutlich an Wert

Trotz des Krieges entwickelt sich die Ukraine zum attraktiven Standort für Start-ups in Mittel- und Osteuropa. Bei der Finanzierung gibt es aber noch Lücken.

Von Martin Gaber, Yevgeniya Rozhyna, Waldemar Lichter | Bonn, Warschau

  • Steckbrief Start-ups in der Ukraine

    Ukrainische Start-ups werden wertvoller und das Ökosystem verbessert sich. In Mittel- und Osteuropa gehört das Land zur Spitzengruppe.

    Die Start-up-Szene in der Ukraine wächst trotz des anhaltenden Krieges. Das Ökosystem verbessert sich und die Bewertung der Start-ups steigt: Die Marktkapitalisierung verzehnfachte sich zwischen 2017 und 2023 nahezu und betrug 28 Milliarden Euro. Besonders der Verteidigungssektor treibt Innovationen voran. Mittlerweile entwickeln über 300 Jungunternehmen militärische Technologien. Auch Green und Agri Tech bieten Chancen. Internationale Fonds zeigen weiterhin Interesse, während lokale Investoren und staatliche Mittel noch ausbaufähig sind.

    "Insgesamt ist jetzt eine der besten Zeiten, um in Deutschland oder der Ukraine ein Start-up zu gründen. Es gibt Start-up-Programme, die Unterstützung bei der Mittelbeschaffung, beim Networking, beim Mentoring und beim Branchenwissen bieten."

    Alex Kuvallini Start-up-Gründer in Deutschland und der Ukraine

    Von Martin Gaber | Bonn

  • Start-up-Szene in der Ukraine wächst trotz Krieg

    Die ukrainische Start-up-Szene prescht voran: Das Ökosystem wird besser, die Start-ups wertvoller. Nachholbedarf gibt es noch bei der Finanzierung.

    Die Start-up-Szene der Ukraine trotzt dem russischen Angriffskrieg. Die Bewertung ukrainischer Start-ups hat sich in den vergangenen Jahren vervielfacht. Von bescheidenen 2,9 Milliarden Euro im Jahr 2017 ist deren Wert bis 2023 auf rund 28 Milliarden Euro gestiegen, so ein Bericht der Daten- und Analyseplattform Dealroom zur Entwicklung in Mittel- und Osteuropa. Das Land gehört damit zu den Top 3 der Region: gleichauf mit Estland und nur hinter Polen, dessen Start-up-Szene mit 49 Milliarden Euro bewertet wurde.

    Auch 2024 haben sich die ukrainischen Start-ups positiv entwickelt und konnten im dritten Kriegsjahr umgerechnet 287 Millionen Euro an neuen Investitionen anziehen, meldet die Onlineplattform AIN. Rund 80 Prozent der Mittel entfielen auf drei Empfänger: Creatio, Viseven und das britisch-ukrainische Carmoola.

    Verteidigungssektor kurbelt Innovationskraft an

    Einen Schub erleben Start-ups im Verteidigungssektor. Über 300 entwickeln militärische Innovationen, darunter durch künstliche Intelligenz (KI) gestützte Drohnen und Cyberabwehrsysteme. Investitionen kommen auch aus dem BRAVE1-Cluster, einer von der Regierung ins Leben gerufenen Plattform. Sie ist zentrale Anlaufstelle für die Zusammenarbeit zwischen staatlichen Institutionen, Start-ups, Unternehmen, Investoren und internationalen Partnern.

    Die Bereiche Green- und Agritech bieten Chancen für Start-ups, die sich mit Themen wie nachhaltiger Landwirtschaft und Technologien, mit Klimainnovationen oder mit Energiemanagement beschäftigen. Beispiele sind Rekava (biologisch abbaubare Produkte), Ecofactor (Technologien für E-Auto-Ladestationen) oder Profeed (KI-gestützte Systeme zur Automatisierung von Fütterungsprozessen).

    Rahmenbedingungen werden besser

    Ungeachtet der aktuellen Herausforderungen zählen die Ukraine und eine Reihe ukrainischer Städte im weltweiten Vergleich zu den attraktiven Standorten für die Gründung. Laut dem Global Startup Ecosystem Index der Analyseplattform StartupBlink gehört die Hauptstadt Kyjiw zu den Top 35 der am besten entwickelten urbanen Start-up-Ökosysteme weltweit. Zweitplatziert unter den ukrainischen Standorten ist Lwiw. In den globalen Top 1.000 sind außerdem Charkiw, Dnipro, Odessa und Winnyzja vertreten. 

    Internationale Fonds engagieren sich in der Ukraine

    Das Interesse internationaler Fonds an ukrainischen Start-ups hält an. Mehrere westliche Fonds werden sich auch 2025 engagieren, insbesondere in Technologie- und Innovationsbereichen. Dazu gehört etwa Horizon Capital. Horizon ist der größte Private-Equity-Fonds in der Ukraine. Er wird von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) und der Weltbank-Tochter IFC unterstützt. Dieser Fonds spielt eine zentrale Rolle bei der Unterstützung von Start-ups und wachstumsstarken Unternehmen. Beispiele sind die Start-ups Preply, GoIT und Viseven.

    Weitere in der Ukraine engagierte internationale Fonds sind der amerikanische Green Flag Ventures (Start-ups mit dualen Nutzungstechnologien) oder der Ukraine-Moldova American Enterprise Fund (Programme wie U.Ventures Seed- und Pre-Seed-Finanzierungen). Daneben können private Unterstützungsprogramme genutzt werden. Dazu zählt der Google for Startups Ukraine Fund. 

    Hohe Anforderungen bei ausländischer Finanzierung

    Die Finanzierung durch ausländische Geldgeber ist aber generell schwierig geworden. Gefordert wird häufig, dass ukrainische Unternehmen im Ausland registriert sein müssten, um Zugang zu internationalen Investitionen zu erhalten. Investoren bevorzugen rechtliche und wirtschaftliche Stabilität, die sie in anderen Ländern als sicherer empfinden.

    Schwierigkeiten, Kapital zu beschaffen, haben vor allem Start-ups in der Frühphase, da sich Investoren lieber auf etablierte Unternehmen konzentrieren. Der Rückgang des verfügbaren Risikokapitals hat dazu geführt, dass Start-ups oft auf staatliche Förderprogramme oder internationale Hilfsprojekte angewiesen sind.

    Nach Schätzungen gib es rund 2.600 aktive Start-ups mit ukrainischen Wurzeln. Davon ist der größte Teil in der Ukraine selbst registriert und tätig. Etwa 600 sollen im Ausland aktiv sein. Beliebteste Ziele für eine Ansiedlung im Ausland sind vor allem Polen, aber auch die USA, Deutschland, Kanada und Estland. Acht Start-ups mit ukrainischen Wurzeln haben den Unicorn-Status erreicht, also eine Bewertung von über 1 Milliarde US-Dollar. Grammarly hat diese Schwelle sogar schon um mehr als das Zehnfache überboten und gilt deswegen als Decacorn.

    Die am höchsten bewerten Start-ups mit ukrainischen Wurzeln

    Start-up

    Produkt

    Bewertung in Mio. US$

    Firmensitz

    Grammarly

    Digitaler Schreibassistent

    13.000

    San Francisco, USA

    GitLab

    Plattform zur automatischen Softwareentwicklung (DevSecOps)

    4.000

    San Francisco, USA

    CreatioNo-Code-Plattform für Workflow-Automatisierung

    1.200

    Boston, USA

    AirSlate

    Softwarelösungen für Dokumenten-Workflow

    1.300

    Brookline, USA

    People.ai

    Softwaregestützte Ertragsanalysen

    1.100

    Redwood City, USA

    Unstoppable Domains

    Domain-Verwaltung

    1.000

    San Francisco, USA

    BitFury Group

    Infrastruktur und Abwicklung von Blockchain-Prozessen

    1.000

    Amsterdam, Niederlande

    Restream

    Plattform für Multistreaming

    200 bis 300

    Austin, USA

    PreplyE-Learning

    200 bis 300

    Brookline, Massachusetts, USA
    Quelle: Dealroom.co 2024

    Lokale Investoren fehlen, staatliche Mittel sind unzureichend

    Ukrainische Start-ups stehen jedoch auch im Jahr 2025 vor Herausforderungen. Zentrales Problem bleibt die Finanzierung, da lokale Investoren fehlen und internationale Kapitalgeber oft rechtliche Risiken fürchten. Strom- und Internetausfälle sowie die Mobilisierung von Fachkräften für den Militärdienst beeinträchtigen den Betrieb vieler Unternehmen. Fachkräftemangel und rechtliche Unsicherheiten erschweren das Wachstum. Die staatliche Finanzierung für ukrainische Start-ups gilt als unzureichend. Bürokratische Hürden erschweren zudem den Zugang zu Fördergeldern sowie internationalen Märkten. 

    Von Waldemar Lichter | Warschau

  • Neue Akteure prägen die Förderlandschaft in der Ukraine

    Ukrainische Start-ups entwickeln sich zu Osteuropas Top-Performern. Dafür erhalten sie Unterstützung von nationalen und internationalen Akteuren.

    Trotz der vielen Herausforderungen entwickelt sich die Start-up-Szene in der Ukraine dynamisch. Das Ökosystem verbessert sich und die Hauptstadt Kyjiw gehört nicht nur in Osteuropa, sondern auch im globalen Vergleich zu den angesagten Destinationen. Damit Start-ups die Herausforderungen gerade in der Anfangsphase meistern können, hat die Ukraine im Jahr 2018 mit dem Ukrainian Startup Fund (USF) eine staatliche Institution ins Leben gerufen, die junge Unternehmer unterstützt.

    Hilfe kommt seit diesem Jahr auch von der EU. Diese hat das Netzwerk der European Digital Innovation Hubs (EDIH) auf die Ukraine ausgeweitet. Damit gibt es nicht nur Unterstützung vor Ort, sondern auch europäische Vernetzung.

    USF fördert Start-ups mit bis zu 50.000 US$

    "Wir sehen uns als Plattform, die Start-ups mit finanzieller Unterstützung und Ressourcen für ihre Entwicklung versorgt", sagt Anastasiia Kravchenko-Uhrekhelidze, die als Projektmanagerin beim USF arbeitet. Damit das gelingt, stellt der USF Fördermittel zur Verfügung. Bislang sind laut USF 8,7 Millionen US-Dollar (US$) an über 380 Start-ups vergeben worden. Start-ups in der Pre-Seed- und Seed-Phase können aktuell zwischen 25.000 und 50.000 US$ an Förderung beantragen. Das hilft jungen Tech-Unternehmen, ihre innovativen Projekte ohne Fremdfinanzierung zu entwickeln. Finanzielle Unterstützung für das Projekt kommt vom Ukraine-Moldova American Enterprise Fund. Insgesamt sollen in diesem Rahmen 2,5 Millionen US$ an Start-ups ausgeschüttet werden. Neben der finanziellen Unterstützung erhalten die Start-ups auch ein Mentoring. 

    8,7 Millionen US$

    hat der USF an ukrainische Start-ups als Fördermittel vergeben.

    Auch das deutsch-ukrainische Start-up Handstree hatte seinen Weg mit Hilfe des Ökosystems begonnen. "Unsere Reise in die Start-up-Welt begann mit unserem ersten Accelerator-Programm bei 1991 in Mariupol", sagt Gründer Alex Kuvallini im Gespräch mit Germany Trade & Invest (GTAI). Der Accelerator 1991 bietet eine Palette an Unterstützung für Start-ups in verschiedenen Phasen.

    Unterstützung für Defense-Start-ups nimmt zu

    "Zudem haben wir ein Förderprogramm für den Bereich Verteidigung", sagt Kravchenko. Das Programm stellt für Dual-Use-Projekte Förderungen von bis zu 35.000 US$ bereit. Unterstützung kommt aber auch vom Brave1-Cluster und dem Techosystem Defense Cluster. Die Cluster helfen den Start-ups sowohl bei der Vernetzung als auch mit Förderung. Gerade im Bereich Verteidigung hatte die ukrainische Start-up-Szene zuletzt einen Schub erhalten und zählt um die 300 Start-ups.

    Die Start-up-Phasen im Überblick

    Von der Idee bis zum Marktchampion - dabei durchläuft ein Start-up sechs verschiedene Phasen: Pre-Seed (Orientierung), Seed (Planung), Start-up (Gründung), 1st Stage (Aufbau), 2nd Stage (Wachstum) und 3rd/Later Stage (Reife). Einen detaillierten Überblick zu den einzelnen Phasen bietet das Media Lab Bayern.

    Seit diesem Jahr helfen auch die EDIHs den Start-ups bei der Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten. In der Ukraine wurden zehn solcher Hubs etabliert. "EDIHs können Start-ups mit Informationen über Finanzierung, Fördermittel sowie nationale und internationale Kreditprogramme versorgen. Zudem unterstützen sie bei der Einreichung von Anträgen", sagt Vladyslav Kavelin, Senior Advisor bei der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Kyjiw und zuständig für die EDIHs. 

    Ökosystem hilft bei der Vernetzung

    Ein weiterer Baustein der Start-up-Förderung ist der Aufbau von Netzwerken. Die EDIHs vernetzen Jungunternehmer mit Handelskammern, Unternehmernetzwerken, Verbänden und Clustern in der Ukraine und in der EU. Durch ihre Präsenz vor Ort bieten sie Dienstleistungen, die auf die speziellen Bedürfnisse in der Region eingehen. Zudem sind sie mit 250 Hubs in ganz Europa vernetzt und können so für internationalen Austausch sorgen. 

    Der USF wiederum baut Brücken zu etablierten Unternehmen. Dazu dient vor allem das Corporate Innovation Programm. Es unterstützt Start-ups bei der Zusammenarbeit mit führenden Unternehmen. Das ermöglicht ihnen, ihre innovativen Lösungen in große Unternehmensstrukturen zu integrieren, finanzielle Unterstützung zu erhalten und schließlich Partnerschaften aufzubauen.

    Weitere Informationen zum Ökosystem

    Das ukrainische Ministerium für digitale Transformation hat eine Plattform für Start-ups geschaffen. Verschaffen Sie sich den Überblick über das gesamte Ökosystem mit dem Ukrainian Tech Ecosystem Overview.

    Gutscheine bringen Gründer auf globale Konferenzen

    "Wir platzieren ukrainische Start-ups auf internationalen Konferenzen", sagt Kravchenko. Der Aufbau von internationalen Netzwerken ist für die Start-ups wichtig. Dazu bietet der USF Innovationsgutscheine an. Damit kriegen ukrainische Start-ups die Möglichkeit, ihre Innovationen auf globalen Technologiemessen zu präsentieren, ihre Projekte Investoren vorzustellen und Kooperationen mit internationalen Stakeholdern aufzubauen. "Bis August 2024 haben 387 ukrainische Start-ups ihre innovativen Lösungen auf Veranstaltungen weltweit präsentiert", sagt Kravchenko.

    Vernetzung mit deutschen Partnern ist wichtig

    Auch die Vernetzung mit deutschen Partnern spielt eine wichtige Rolle. "Wir waren mit ukrainischen Start-ups auf dem OMR Festival in Deutschland. Das ist eines der größten Events für Digitales in Europa. Der Erfahrungsaustausch mit der deutschen Start-up-Community ist uns sehr wichtig", sagt Kravchenko. Auch bei einem Workshop von GTAI zur Rolle von Start-ups beim Wiederaufbau der Ukraine während des diesjährigen Cafe Kyiv betonte der USF die Bedeutung der Zusammenarbeit. Ukrainische Start-ups könnten in den Prozessketten deutscher Unternehmen eine wichtige Rolle einnehmen und Innovationen einbringen.

    Auch für die Hubs ist die Zusammenarbeit mit europäischen und gerade deutschen Partnern wichtig. "Die EDIHs können zum Beispiel gemeinsame Projekte mit ihren deutschen Pendants auf den Weg bringen. Denkbar sind Best Practices im Bereich der digitalen Transformation und wie man sie auf den lokalen und regionalen Kontext runterbricht – und das in beide Richtungen", sagt Kavelin.

    EU und Deutschland unterstützen ukrainische Start-ups

    Förderung gibt es auch von der EU. So stellt der European Innovation Council (EIC) ukrainischen Start-ups Zuschüsse zur Verfügung. Der EIC ist das führende Innovationsprogramm der EU. Der deutsche Business-Angel-Fonds Ukraimpulse Ventures bietet Start-ups Anfangsinvestitionen zwischen 10.000 und 50.000 Euro an. Zusätzlich fördert die Polish-Ukrainian Startup Bridge ukrainische Start-ups mit bis zu 24.000 Euro.

    Von Martin Gaber | Bonn

  • Start-Ups in der Ukraine: Von der Idee bis zur Gründung

    Für die Gründung eines erfolgreichen Start-ups ist es wichtig, sich über die rechtlichen Rahmenbedingungen frühzeitig Gedanken zu machen. 

    Aufstrebende Start-ups überspringen zu Beginn ihrer Entwicklungsphase häufig die wichtigen Fragen der rechtlichen Ausgestaltung. Der Beitrag vermittelt einen Überblick über wichtige Fragestellungen zu Beginn der Gründung eines Start-ups in der Ukraine.

    Was ist nach ukrainischem Recht ein Start-up?

    Ukrainische Gesetzgebung definiert den Begriff "Start-up" nicht. Aus dem Zusammenspiel von Regularien ergeben sich jedoch folgende kennzeichnende Merkmale:

    1. Handeln aus eigenem Antrieb und nicht im Auftrag von Dritten;
    2. junges Unternehmen mit innovativen Technologien oder Dienstleistungen;
    3. Dauerhafter Charakter;
    4. Gewinnerzielungsabsicht;
    5. Eigenes Risiko der Gründer.

    Diese Merkmale ergeben sich aus folgenden ukrainischen Vorschriften über unternehmerische Tätigkeit und Investitionen:

    Rechtlicher RahmenZweckAnmerkungen
    WirtschaftsgesetzbuchDas Gesetz definiert die Grundprinzipien der wirtschaftlichen Tätigkeit und regelt die wirtschaftlichen BeziehungenDas Gesetz soll im Sommer 2025 umfangreich reformiert werden
    Gesetz über das Unternehmertum Art. 4 regelt die nicht erlaubten TätigkeitenBis auf Art.4 außer Kraft gesetzt
    Zivilgesetzbuch Regelt unter anderem die Tätigkeit von Einzelunternehmen, juristischen Personen und Rechtsbeziehungen zwischen juristischen Personen 
    Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter HaftungRegelt die Anforderungen an die Gesellschaften mit beschränkter Haftung 
    AktiengesetzRegelt die Anforderungen der Aktiengesellschaften 
    Gesetz über die staatliche Registrierung juristischen Personen und EinzelunternehmenRegelt die Anforderungen an die Registrierung von Unternehmen 

    Der perfekte Gründungszeitpunkt?

    Gründer sollten im Blick haben, dass eine späte Registrierung und die Erledigung weiterer Formalitäten, beispielsweise erst bei Fertigstellung des Produkts, Risken birgt. So können rechtliche Schwierigkeiten entstehen, wenn zum Beispiel Vereinbarungen zwischen Partnern über das geistige Eigentum an Quellcodes oder Designlösungen nicht formalisiert wurden.

    Unabhängig von der Entscheidung für eine frühe oder späte Anmeldung sollte die Kontaktaufnahme mit einer Anwaltskanzlei vor Ort nicht hinausgezögert werden. Dieser Schritt ermöglicht es, alle notwendigen Dokumente korrekt auszufüllen und zukünftige Probleme zu vermeiden.

    Welche Unternehmensform passt zu einem Start-up?

    Bei der Wahl der Unternehmensform stehen den Existenzgründern zahlreiche Unternehmensformen zur Verfügung. Die in der Ukraine am häufigsten gewählten Unternehmensformen sind das Einzelunternehmen (Фізична особа-підприємець, kurz ФОП (FOP)) und die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Товариство з обмеженою відповідальністю, kurz ТОВ (TOV)). Welche Unternehmensform gewählt wird, hängt von den Zielen und Möglichkeiten der Gründer ab. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Vor- und Nachteile der einzelnen Gesellschaftsformen.

    Vorsicht vor Musterlösungen

    Vorsicht ist geboten bei der Verwendung fertiger Musterlösungen, die im Internet frei verfügbar sind. Die Mustersatzungen und -dokumente bieten zwar eine gute erste Orientierung, können aber nicht die Besonderheiten jedes Einzelfalls berücksichtigen. Empfehlenswert ist eine Beratung bei einem Rechtsanwalt. Auch die Deutsch-Ukrainische Industrie- und Handelskammer bietet Unterstützung bei der Unternehmensgründung an.

    Dennoch ist es ratsam, sich im Vorfeld über folgende Punkte Gedanken zu machen:

    • Prozentuale Beteiligung an den Gesellschaftsanteilen;
    • Regelungen für das Ausscheiden eines Gesellschafters;
    • Mechanismen zur Erhöhung des Gesellschaftskapitals;
    • Regelungen zur Änderung von Gesellschaftsanteilen;
    • Regeln zur Vererbung von Gesellschaftsanteilen.

    Dies gilt auch für die Wahl des Firmennamens. Es sollte ausgeschlossen werden, dass ähnliche oder sogar identische Firmennamen bereits im Besitz von anderen Unternehmen. Eine frühzeitige Anmeldung kann vor Abmahnungen schützen und die Marktposition sichern.

    Bei der Eröffnung eines Bankkontos sollten die strikten Währungsregelungen beachtet werden. Es ist wichtig, sich zu überlegen, in welcher Währung das Konto geführt werden soll. Das gilt insbesondere für Start-ups, die am internationalen Markt tätig werden wollen. Es kann hilfreich sein, neben einem ukrainischen auch ein ausländisches Konto zu eröffnen.

    Schutz des geistigen Eigentums

    Ein Vertrag zum Schutz des geistigen Eigentums ist wichtig, um rechtliche Probleme zu vermeiden. Insbesondere für Technologieunternehmen ist es wichtig, da die Investoren oft den Wert des Unternehmens am geistigen Eigentum bewerten. Folgende Punkte sind zu beachten:

    • Klare Regelungen zu allen geistigen Eigentumsrechten wie Patenten, Marken und Designrechte;
    • Geheimhaltevereinbarungen;
    • ausführliches Portfolio von relevanten geistigen Eigentumsrechten.

    Das Kompetenzzentrum für den gewerblichen Rechtschutz ist das ukrainische nationale Amt für geistiges Eigentum und Innovation (UANIPO). Das Amt arbeitet nach dem Prinzip des One-Stop-Shop: Alle bürokratischen Schritte können somit bei einer einzigen Anlaufstelle durchgeführt werden.

    Welche Steuern sind zu zahlen?

    Der Basissteuersatz für die Körperschaftssteuer liegt bei 18 Prozent für Unternehmen. Einzelunternehmer und kleine Unternehmen unterliegen einer Pauschalbesteuerung. Die Höhe hängt von der Steuergruppe ab und muss bei der zuständigen Steuerbehörde beantragt werden. Hinzu kommt die Militärsonderabgabe. Die folgende Tabelle zeigt die Steuerarten in der Ukraine. 

    In bestimmten Fällen können jedoch steuerliche Erleichterungen angewandt werden, zum Beispiel für Investitionen mit beträchtlichem Vermögen gibt es eine Befreiung für fünf Jahre von der Körperschaftsteuer. Ferner gibt es steuerliche Erleichterungen für Residenten von Diia-City

    Diia-City: Besonderes rechtliches- und steuerrechtliches Regime für ukrainische IT-Unternehmen 

    Diia-City ist ein virtuelles Land für Menschen aus der Informationstechnologie. Am 14. Dezember 2021 trat der steuerrechtliche Teil des Diia-City-Regimes in Kraft. Sogenannte Bewohner von Diia-City haben die Rechtswahl zwischen der Kapitalertragsteuer in Höhe von 9 Prozent oder der Gewinnsteuer in Höhe von 18 Prozent. Sie profitieren vom Zugang zu ausländischen Investitionen und Schutz vor Kontrollen durch die Strafverfolgungsbehörden.

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    Von Yevgeniya Rozhyna | Bonn

  • Von Mariupol über Berlin nach Mykolajiw: Eine Start-up-Geschichte

    Alex Kuvallini hat in der Ukraine und in Deutschland ein Start-up gegründet. Mit GTAI spricht er über seinen Weg, Chancen und Herausforderungen.

    Aleksei Kuvalin (aka Alex Kuvallini) Aleksei Kuvalin (aka Alex Kuvallini) | © Michal Wozniak (GTAI)

    Handstree ist eine Crowdfunding-Plattform für einfache Kommunikation und direkte Spenden an lokale gemeinnützige Organisationen in der Ukraine. Gründer Alex Kuvallini hatte sich in verschiedenen Wohltätigkeitsinitiativen engagiert und eine Hepatitis-C-Stiftung ins Leben gerufen. Und dann entschlossen, sein eigenes Unternehmen in Mariupol zu gründen. Wie es dazu kam und wie die Reise weiterging, erzählt er im Gespräch mit Germany Trade & Invest (GTAI).

    Warum haben Sie beschlossen, Ihr eigenes Unternehmen zu gründen?

    Ich war in verschiedenen Wohltätigkeitsinitiativen engagiert und habe mich dabei gefragt: Warum ist die Durchführung eines Wohltätigkeitsprojekts in der Ukraine so schwierig? Warum muss ich so viel Zeit und Mühe aufwenden, um Spendengelder zu beschaffen? Ich habe dann festgestellt, dass sich die bestehenden karitativen Lösungen überwiegend auf kurzfristige Kampagnen konzentrieren. Außerdem ließen sie Spender und Unterstützer im Unklaren über die laufenden und zukünftigen Aktivitäten dieser Projekte. 

    "Die Vision war klar: Eine neuartige Wohltätigkeitsplattform zu entwickeln."

    So ist 2021 in Mariupol das Konzept für Handstree entstanden. Die Vision war klar: Eine neuartige Wohltätigkeitsplattform zu entwickeln, bei der sichere, transparente und dauerhafte Partnerschaften zwischen Spendern und gemeinnützigen Organisationen im Vordergrund stehen. 

    Und wie ging es weiter?

    Das Team ist gewachsen: Lia Ivolhina und Ruslan Karandieiev sind dazu gekommen und wir haben uns dem Accelerator 1991 in Mariupol angeschlossen. Dort haben wir mit einer Marktforschung und Problemanalyse begonnen. Doch dann kam der russische Angriffskrieg und hat alles unterbrochen. Nur durch einen glücklichen Umstand sind wir im April 2022 in Berlin gelandet.

    Dort haben wir den Neuanfang gewagt und fanden, dass es der richtige Zeitpunkt war, um ukrainische Non-Profit-Organisationen zu unterstützen. Wir haben Netzwerke aufgebaut, Plattformen entwickelt und ein Unternehmen in Deutschland gegründet. Im Jahr 2024 haben wir dann unser Hauptunternehmen Handstree UG in Berlin registriert.

    Gab es solche Spendenplattformen für Krisenländer nicht schon längst?

    Nicht in dieser Form. Wir haben festgestellt, dass es schwierig ist, direkt an ukrainische gemeinnützige Organisationen zu spenden. Gründe dafür sind die Sprachbarriere und das zunehmende Misstrauen aufgrund der wachsenden Zahl von Betrügern, die sich als seriöse Organisationen ausgeben. Daher spenden Europäer lieber über traditionelle Crowdfunding-Plattformen an lokale Organisationen, während ukrainische aufgrund fehlender Ressourcen für ihre Marketingkampagnen auf dem europäischen Markt unterrepräsentiert bleiben. 

    Bei uns können diese Organisationen direkt mit europäischen Spendern kommunizieren, und dank automatischer Inhaltsübersetzung ohne Sprachbarrieren. Außerdem können sie durch unseren Verifizierungsprozess von Organisationen mit offenen staatlichen Datenregistern und Berichten über ihre Aktivitäten leicht vertrauensvolle Beziehungen aufbauen. 

    Welche Unterstützung haben Sie bei der Gründung in der Ukraine genutzt?

    Unsere Reise in die Start-up-Welt begann mit unserem ersten Accelerator-Programm in Mariupol. Dort sind wir in das Ökosystem eingetaucht, haben unsere Vision verfeinert und lernten die Grundlagen des Aufbaus und der Skalierung eines Start-ups kennen. 

    "Der ganze Gründungsprozess in der Ukraine hat vielleicht eine Woche gedauert."

    In der Ukraine geht alles sehr schnell und digital. Die digitale eGovernment-Plattform DIIA ist dabei eine große Hilfe. An einem Tag haben wir unsere Firma registriert, am nächsten ein Bankkonto eröffnet. Alles online und mit elektronischer Signatur. Der ganze Gründungsprozess in der Ukraine hat vielleicht eine Woche gedauert.

    Welche Chancen sehen Sie und welche Herausforderungen erleben Sie als Start-up auf Ihrer Reise?

    Als Gründer mit Migrationshintergrund in Deutschland war es eine ziemliche Herausforderung, eine juristische Person zu gründen und ein Bankkonto zu eröffnen. Als das geschafft war, kamen Elster und das Finanzamt eine ganz eigene Herausforderung.

    Aber wir hatten auch tolle Unterstützung: In Berlin fand Handstree bei Phineo ein Zuhause. Der Inkubator hat sich unserer angenommen und uns wertvolle Unterstützung zur Verfügung gestellt. Die Teilnahme des Teams an Veranstaltungen von Phineo hat das Netzwerk innerhalb der Berliner Start-up-Community erheblich erweitert.

    "Partner und Start-up-Programme haben maßgeblich dazu beigetragen, Hürden zu überwinden und unsere Mission voranzutreiben."

    Insgesamt ist jetzt eine der besten Zeiten, um in Deutschland oder der Ukraine ein Start-up zu gründen. Es gibt Start-up-Programme, die Unterstützung bei der Mittelbeschaffung, beim Networking, beim Mentoring und beim Branchenwissen bieten. Diese Programme verfügen über unschätzbare Ressourcen, die den Gründern helfen, die Herausforderungen beim Aufbau eines Unternehmens zu meistern.

    Wo sehen Sie Chancen in der deutsch-ukrainischen Zusammenarbeit?

    In erster Linie empfehle ich, die Ukraine als zukünftiges Mitglied der EU zu betrachten, was als Grundlage für eine vertiefte Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern dienen sollte. Die Stärkung dieser Partnerschaft ist nicht nur strategisch, sondern auch für beide Seiten von Vorteil.

    "Die Ukraine bringt unschätzbares Know-how in den Bereichen Digitalisierung, Cybersicherheit, Dual-Use-Technologien und Prozessoptimierung mit." 

    Gleichzeitig kann Deutschland eine entscheidende Rolle bei der Bereitstellung von Investitionsmitteln für den Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg spielen - eine Anstrengung, die die größte ihrer Art seit dem Zweiten Weltkrieg sein wird.

    Von Martin Gaber | Bonn

  • Kontaktadressen

    Wichtige Ansprechpartner mit Bezug zu Start-ups (Auswahl)

    Auswahl

    Bezeichnung

    Anmerkung

    Einrichtungen 
    Germany Trade & InvestAußenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft
    Deutsch-Ukrainische Industrie- und Handelskammer (AHK Ukraine)Anlaufstelle für deutsche Unternehmen in der Ukraine
    Ministerium für digitale TransformationFür Start-ups zuständiges Ministerium
    Ukrainian Tech Ecosystem OverviewÜberblick über das Start-up-Ökosystem
    European Digital Innovation Hubs (EDIH)Europäisches Netzwerk von Hubs zur Vernetzung und Förderung
    Ukrainian Cluster AllianceVereinigung verschiedener Cluster in der Ukraine
    Mykolaiv Water HubVernetzt Akteure sektorübergreifend in der Region Mykolajiw
    Inkubatoren und Acceleratoren 
    1991Bedeutender VC Fund und Accelerator
    Ukrainian Future Business IncubatorFokussiert auf Hightech-Bereiche wie Maschinenbau, Elektronik, Biotechnologie
    YEPEiner der wichtigsten Acceleratoren in der Ukraine
    UnationAccelerator mit Fokus auf Odessa
    Fördergeber 
    Ukrainian Start-up Fund (USF)Staatliche Förderung von Start-ups
    European Innovation CouncilEU-Förderung für Start-ups
    Ukraimpulse VenturesBusiness-Angel-Fonds mit Anfangsinvestitionen
    Polish-Ukrainian Startup BridgeFörderung für ukrainische Start-ups
    Brave1-ClusterVernetzung und Förderung von Start-ups aus dem Bereich Verteidigung
    Techosystem Defense ClusterVernetzung und Förderung von Start-ups aus dem Bereich Verteidigung
    Messen/Veranstaltungen (Ort) 
    IT Arena (Lwiw)Wichtigste Veranstaltung für Start-ups in der Ukraine
    PowerUp Ukraine Conference (Kyjiw)Wichtiges Start-up Event
    EU-Ukraine Tech Summit (Warschau)Wichtiges Start-up Event
    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2025

    Weitere Ansprechpartner finden Sie auf unserer Sonderseite zum Wiederaufbau der Wirtschaft in der Ukraine.

    Von Martin Gaber | Bonn

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