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Ungarns Maschinenbauer kämpfen mit schwacher Konjunktur
Die Ausrüstungsinvestitionen ungarischer Unternehmen sind rückläufig. Die schwache Auslandsnachfrage macht der exportabhängigen Maschinenbaubranche zu schaffen.
16.05.2025
Von Kirsten Grieß | Budapest
Ausblick des Maschinenbaus in Ungarn
Bewertung:
- Die Nachfrage der wichtigsten inländischen Abnehmer von Maschinen und Anlagen sinkt, eine Trendwende ist vorerst nicht in Sicht.
- Deutschland ist der mit Abstand größte Exportmarkt der Branche, die Krise der deutschen Automobilindustrie ist deutlich zu spüren.
- Neue Infrastrukturprojekte und staatliche Förderprogramme könnten die Inlandsnachfrage nach neuer Ausrüstung mittelfristig stimulieren.
Anmerkung: Einschätzung der Autorin für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: Mai 2025
Markttrends
In Ungarns Wirtschaft läuft es seit einiger Zeit nicht rund. Das Wachstum für 2024 blieb mit 0,6 Prozent deutlich unter den Erwartungen. Auch für 2025 wurden die staatlichen Wachstumsprognosen deutlich nach unten korrigiert. Die exportorientierte ungarische Wirtschaft leidet unter der Krise der deutschen Automobilindustrie. Und der von den USA angezettelte Handelskonflikt sorgt für zusätzliche Unsicherheit.
Gerade bei den wichtigsten inländischen Abnehmern von Maschinen und Anlagen ist die konjunkturelle Lage alles andere als gut: 2024 schrumpfte die Industrieleistung um 4,3 Prozent, die Produktion im Fahrzeugbau – dem bedeutendsten Industriezweig Ungarns – ging um 9,0 Prozent zurück. Auch die Bauwirtschaft und der Agrarsektor arbeiten im Krisenmodus. Das beeinflusst die Investitionsentscheidungen der Unternehmen.
In der Krise wird weniger Ausrüstung beschafft
Ungarische Betriebe investierten 2023 laut Herbstprognose der EU-Kommission 10,5 Prozent weniger in neue Ausrüstungen. Für 2024 wurde ein Rückgang in gleicher Höhe prognostiziert, 2025 soll wieder ein leichtes Plus von 2,5 Prozent bringen. Doch der inländische Markt spielt für ungarische Maschinenbauer nur eine untergeordnete Rolle: 81,3 Prozent des Gesamtumsatzes stammte 2024 aus Exporterlösen.
Die Produktionsleistung des ungarischen Maschinenbaus ging 2024 um 7,2 Prozent zurück. Die Gesamtumsätze lagen um knapp 10 Prozent im Minus. Für die exportorientierte Branche ist die schwache Nachfrage in wesentlichen Zielmärkten das größte Problem: Die Exporte nach Deutschland, dem wichtigsten Markt für ungarische Maschinen und Anlagen, brachen im Jahr 2024 um immerhin 8,4 Prozent ein.
Bau- und Industrieprojekte versprechen mehr Nachfrage
Angesichts schwieriger Rahmenbedingungen ist unsicher, ob Ungarn 2025 die erhoffte konjunkturelle Wende gelingt. Positive Signale kommen aus dem Bausektor, dort sind größere Infrastrukturprojekte geplant – etwa Tiefbauprojekte, die Spezialmaschinen erforderlich machen. Mehr Mittel könnten auch im Agrarsektor fließen: Branchenvertreter erwarten neue staatliche Ausschreibungen für moderne Ausrüstungen, Präzisionsmaschinen und den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI).
Die Regierung rechnet außerdem mit weiterhin starken ausländischen Industrieinvestitionen. Zuletzt siedelten sich große chinesische Unternehmen in Ungarn an, die ihre Maschinen und Anlagen in der Regel gleich mitbringen. Andere ausländische Investoren kündigten 2024 Produktionserweiterungen und -modernisierungen an. Investitionsprojekte werden von der ungarischen Regierung mit Zuschüssen und steuerlichen Vergünstigungen gefördert.
KMU erhalten staatliche Investitionszuschüsse
Für KMU gibt es seit Ende 2024 ebenfalls ein Förderprogramm für Anlageinvestitionen. Das Demján-Sándor-Programm stellt für kleine und mittlere Betriebe zinsgünstige Finanzierungsmöglichkeiten und nicht rückzahlbare Investitionszuschüsse bereit. Schwerpunktmäßig wird der Kauf von Maschinen, Geräten und Automatisierungslösungen gefördert. Allein das Kapitalprogramm von Demján-Sándor ist mit umgerechnet rund 245 Millionen Euro ausgestattet, die maximale Förderhöhe liegt bei knapp 0,5 Millionen Euro.
Einen Automatisierungsschub könnten die neuen Werke von BMW und BYD auslösen. In beiden Produktionsstätten sollen tausende Roboter zum Einsatz kommen. Produktionsstart ist dieses Jahr. Branchenexperten erwarten, dass es zu einem Spill-Over-Effekt auf die Zulieferer kommen könnte. Das würde auch neue Geschäftschancen für Ausrüster eröffnen: Laut International Robotics Federation (IFR, 2023) lag die Roboterdichte in der ungarischen Industrie zuletzt deutlich unter EU-Durchschnitt, hinter Slowenien, Tschechien und der Slowakei.
Akteur/Projekt | Investitionssumme (in Mio. Euro) | Projektstand |
---|---|---|
BYD Kfz-Werk Szeged | mehrere Mrd. Euro | Baubeginn Anfang 2024, geplante Fertigstellung Ende 2025 |
Donau-Brücke bei Mohács, dazu gehörende Straßenanbindungen, Ministerium für Bau und Verkehr | 975 | Baubeginn Q4 2024, Fertigstellung 2028 |
Zoomlion, chinesischer Bau- und Landmaschinenproduzent | 105 | Angekündigt Anfang 2025 |
Kunlunchem, chinesischer Chemiehersteller | 101,6 | Angekündigt März 2025 |
Hungerit, Hühnerzucht und Verarbeitung | 97,6 | Angekündigt Anfang 2025, Produktionsbeginn 2. Hälfte 2026 |
Flex, Kfz-Zulieferer Zalaegerszeg | 90 | Angekündigt Mitte 2024 |
Ceva-Phylaxia, französischer Impfstoffproduzent | 75 | Produktionsbeginn Ende 2026 |
Branchenstruktur und Rahmenbedingungen
Die ungarische Maschinenbauindustrie umfasste 2023 rund 2.200 Unternehmen. Davon waren mehr als 1.600 Betriebe Kleinstunternehmen mit maximal neun Mitarbeitenden. Die 43 größten Hersteller mit mehr als 250 Mitarbeitenden generierten 2023 knapp 70 Prozent des gesamten Branchenumsatzes. Automobilbauer und Automobilzulieferer sind die wichtigsten Abnehmer ungarischer Maschinen.
Größere Maschinenbauer in ausländischer Hand
Die kleineren inländischen Unternehmen produzieren nur selten komplette Maschinen oder Anlagen, sie sind vorrangig auf Maschinenteile spezialisiert. Bei den großen Unternehmen handelt es sich vor allem um ausländische Hersteller. Dazu gehören etwa Kuka Hungaria (Robotertechnik), Grundfos (Spezialpumpen), Claas und McHale (Landmaschinen), Siemens (Turbinenschaufeln) oder Körber Hungária, das seit 1994 Maschinen und Ausrüstungen für die Tabakindustrie herstellt.
Ein aufblühender Industriestandort ist das ostungarische Debrecen. Dort haben namhafte Maschinenbauer ihren Sitz, die weniger stark auf die Kfz-Industrie ausgerichtet sind. Krones gilt als Initialzünder der Entwicklung. Der deutsche Hersteller für Abfüllanlagen nahm sein Werk 2019 in Betrieb und beschäftigt über 760 Mitarbeiter. Das größte ausländische Werk von Harro Höfliger ist ebenfalls in Debrecen. Der Spezialist für Verpackungsanlagen von Medizin- und Pharmaprodukten konnte 2024 einen Rekordumsatz erzielen, eine neue Werkhalle für knapp 15 Millionen Euro ist im Bau.
Csaba Juhász, Geschäftsführer von Harro Höfliger Ungarn, rät Anlagen- und Maschinenbauern, ihre Produktion zu diversifizieren. Wachstumsbranchen wie die Pharma- und Halbleiterindustrie, den Energiesektor oder die Luftfahrt- und Verteidigungsindustrie seien vielversprechende Zielmärkte. Ungarn sei für Maschinenbauer nach wie vor ein hochinteressanter Standort. Das Land punkte mit Kostenvorteilen und Industriekompetenz.