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Künstliche Intelligenz sorgt für Boom bei Rechenzentren

Die Nachfrage nach Rechenleistung in den USA wächst exponentiell. Dabei müssen die Data-Center in Zukunft nicht nur leistungsfähiger, sondern auch nachhaltiger werden.

Von Heiko Stumpf | San Francisco

Künstliche Intelligenz, Big Data – überall in den USA schießen neue Rechenzentren in den Himmel. Nach Prognosen von McKinsey erhöht sich die Anschlussleistung in den amerikanischen Data-Centern bis 2030 auf etwa 35 Gigawatt. Das wäre mehr als eine Verdopplung, verglichen mit dem Wert von 17 Gigawatt im Jahr 2022.

Die zunehmende Verbreitung von Cloud Computing sorgt schon seit Jahren für hohes Wachstum. Der Wettlauf, den sich Techunternehmen bei künstlicher Intelligenz (KI) liefern, lässt die Nachfrage nach Data-Centern förmlich explodieren. Programme wie ChatGPT müssen mit riesigen Datenmengen trainiert werden. Die dafür benötigte Rechenleistung sprengt alles bisher Dagewesene.

In den großen Datenknotenpunkten der Vereinigten Staaten steigen die Investitionen in neue Zentren deshalb sprunghaft an, zur Jahresmitte 2023 befand sich eine Anschlussleistung von rund 3,3 Gigawatt in Bau. Hinzu kommen mehr als 11 Gigawatt in der Planungsphase.

Trotzdem kommt es zu Engpässen: "Noch nie zuvor befanden sich Angebot und Nachfrage derart im Ungleichgewicht", bilanziert Curt Holcomb, Executive Vice President Data Center Solutions beim Immobiliendienstleister Jones Lang LaSalle (JLL). In den Markt kommende Kapazitäten würden so schnell absorbiert, dass neue Flächen erst ab 2025 wieder zur Verfügung stünden, so Holcomb.

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Virginia bleibt Mekka für Investitionen

Besonders gefragt ist der Norden des Bundesstaates Virginia. Mit einer installierten Anschlussleistung von rund 3.600 Megawatt ist die Region südlich der Hauptstadt Washington, D.C der mit Abstand größte Hub für Data-Center weltweit. Neben der Nähe zu gut ausgebauten Datenautobahnen sind günstige Strompreise und staatliche Fördermittel hilfreich für Investoren.

Der lokale Stromversorger Dominion Energy rechnet für die kommenden Jahre mit einer hohen Ausbaugeschwindigkeit. Aufgrund der von Entwicklern eingereichten Leistungsanfragen für einen Stromnetzanschluss wird bis 2030 ein Bedarfsanstieg auf knapp 6.400 Megawatt prognostiziert. Im Jahr 2038 könnten Data-Center mit 13.000 Megawatt noch mal ein Vielfaches mehr verschlingen.

Allein der Branchengigant Amazon Web Services (AWS) will bis 2040 rund 35 Milliarden US-Dollar (US$) in Northern Virginia investieren. Dazu zählen vier gigantische Data-Center in Spotsylvania County mit einer Gesamtfläche von etwa 1 Million Quadratmetern. Zudem fließen rund 11 Milliarden US$ in zwei Cloud-Computing-Center in Louisa County.

Goldgräberstimmung auch in Phoenix, Arizona: Laut dem Versorger Salt River Project sind für Data-Center zusätzliche 7.000 Megawatt angefragt.

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Rechenzentren brauchen mehr Strom UND mehr Nachhaltigkeit

Insbesondere KI-Anwendungen erfordern immer leistungsfähigere Server. In traditionellen Rechenzentren für Cloud-Computing bestehen die Prozessoren in der Regel aus "Central Processing Units" (CPU) mit einer Leistungsdichte von bis zu 10 Kilowatt pro Server-Rack. In den KI-Data-Centern ist der Energiehunger aufgrund der benötigten "Graphic Processor Units" (GPU) um ein Vielfaches höher. So bietet der Betreiber Digital Reality beispielsweise schon Server-Racks mit einer Leistungsdichte von 70 Kilowatt an.

Der Energiebedarf steigt was Fragen der Nachhaltigkeit aufwirft. Betreiber bemühen sich deshalb zunehmend um Direktabnahmeverträge für grünen Strom. OpenAI beispielsweise betreibt die Computer für das Training von ChatGPT ausschließlich mit regenerativer Energie.

Nach den Servern ist das Abkühlen der von Superrechnern erzeugten Hitze der größte Energiefresser in Data-Centern. Die bislang genutzten Luftkühlungssysteme stoßen bei Leistungsdichten von mehr als 20 Kilowatt an ihre Grenzen. Häufig eingesetzte Kühltürme (Verdunstungskühlung) sorgen zudem für einen hohen Wasserbrauch. So stieg der Flüssigkeitsbedarf bei Microsoft durch die KI-Programme der Konzerntochter OpenAI 2022 um 34 Prozent an. 

Immer mehr Betreiber orientieren sich deshalb an effizienter Flüssigkeitskühlung. Skybox Datacenters in Houston und Microsoft in Washington, D.C. setzen bereits auf die innovative Immersionskühlung, bei der das gesamte elektrische Gerät in sogenannte dielektrische Flüssigkeit getaucht ist. Aber auch die direkte Flüssigkühlung auf dem Chip bietet Chancen. Insgesamt soll der US-Markt für Rechenzentrumskühlung nach Prognosen von Grand View Research bis 2030 um 9,7 Prozent pro Jahr wachsen.

Supercomputer verbinden sich zu Netzwerken

Nachhaltige Lösungen sind so dringend, weil die Rechenleistung in immer neue Dimensionen vorstößt. In einem Data-Center am Stadtrand von Chicago ging im November 2023 mit dem Aurora Exascale Supercomputer der bisher leistungsstärkste Rechner der Welt in Betrieb. Die Anlage besteht aus mehr als 60.000 GPU und erreicht eine Rechenleistung von mehr als 2 Exaflop. Dies ermöglicht komplexe KI-Anwendungen, zum Beispiel für Klimawandelmodelle oder zur Arzneientwicklung.

In Zukunft dürften aber auch GPU-Prozessoren nicht mehr ausreichen. Das Start-up Cerebras Systems und G42 wollen bis 2024 drei auf KI spezialisierte Supercomputer mit einer Leistung von jeweils 4 Exaflop in Betrieb nehmen. Der erste Standort dieses "Condor Galaxy Supercomputing Network" befindet sich im kalifornischen Santa Clara; dort werden speziell für KI entwickelte Prozessoren verwendet sogenannte "Wafer Scale Engines" (WSE). Laut Cerebras Systems ist deren Kapazität bis zu tausendmal größer als die bei GPU.

Auch Google entwickelt eigene KI-Prozessoren: Die "Tensor Processing Units" (TPU) werden beim Training der KI-Plattform Gemini eingesetzt, sie bilden die Grundlage für den cloudbasierten Google-AI-Hypercomputer. Amazon wiederum nutzt für seine Rechenzentren den KI-Prozessor "Trainium2".

Der Wettlauf um immer mehr Rechenleistung führt zu deutschen Folgeinvestitionen. Siemens baut in Texas für 150 Millionen US$ eine Fertigungsstätte. Schon ab dem Jahr 2024 sollen in Fort Worth Elektronikbauteile für Data-Center produziert werden.

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