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Chinesische Kapitalgeber ziehen sich seit 2018 aus den USA zurück. Der Vorsprung bei 5G-Patenten könnte Huawei-Technologie für Netzbetreiber eines Tages unverzichtbar machen.
10.12.2020
Von Heiko Steinacher | San Francisco
Der Technologiebann für chinesische Anbieter durch die Trump-Administration führte dazu, dass Start-up-Gründer aus dem Reich der Mitte viele Geschäfte in den USA aufgaben. Mit der Verschärfung der Investitionskontrollen im Jahr 2018 ist auch das zuvor langjährige chinesische Interesse an der Finanzierung von Silicon-Valley-Start-ups zurückgegangen: Seitdem werden Investitionen in US-Unternehmen geprüft, die bestimmte Tätigkeiten in Verbindung mit kritischen Technologien, kritischen Infrastrukturen und sensiblen persönlichen Daten von US-Bürgern ausüben. Zur kritischen Infrastruktur zählen dabei Netze in den Bereichen Telekommunikation, Energie- und Wasserversorgung, Öl und Gas sowie Infrastruktur zum Betrieb der Finanzmärkte und auch militärischer Einrichtungen. Zuständig für die Investitionskontrollen ist ein ressortübergreifender Ausschuss (Committee on Foreign Investment in the United States; CFIUS).
Nach einer damaligen Schätzung des Marktforschungsunternehmens Rhodium hätten nach den neuen Regeln bis zu drei Viertel der chinesischen Risikokapitalinvestitionen durch das CFIUS überprüft werden müssen. Das veranlasste viele zum Umdenken. "Viele chinesische Investoren haben entschieden, dass es sich nicht lohnt, mehr als ein Jahr auf eine CFIUS-Prüfung zu warten, die mit einem "nein" enden könnte, und deshalb auf Geschäfte in den USA verzichtet“, sagt Charles Liu, Mitbegründer des Private-Equity-Fonds HAO Capital. Laut unbestätigten Meldungen waren davon mehrere geplante Investitionen in US-Halbleiterdesignunternehmen betroffen. "Das Schlimmste für Investoren ist die Unsicherheit", meint Liu.
Auch sind US-Unternehmen ihrerseits vorsichtiger geworden: So lehnte Volley Labs bereits 2018 Angebote chinesischer Investoren ab. Das Silicon-Valley-Start-up, das mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) Schulungsmaterial für Unternehmen erstellt, sammelte in einer Finanzierungsrunde im Jahr davor unter anderem auch Geld chinesischer Investoren ein.
Reuters berichtete im Januar 2019, dass sogar das FBI Geschäftsleute darauf hingewiesen habe, keine Deals mit chinesischen Investoren abzuschließen; dabei sei es um Unternehmen gegangen, die KI-Systeme und autonome Antriebstechnologien entwickeln. Ferner habe die Nachrichtenagentur von Anwälten erfahren, dass einige US-Start-ups eigens ihre Vertragsbedingungen geändert hätten, um einer Überprüfung durch das CFIUS zu entgehen: Neue Bestimmungen sollen ausländische Investoren zum Beispiel daran hindern, firmeninterne technische Informationen zu erhalten, oder ihnen Aufsichtsrats- und Vetorechte in künftigen Finanzierungsrunden verweigern.
Von dem Technologiestreit zwischen den USA und China sind vor allem die Bereiche Telekommunikationsdienste, Cloud-Dienstleistungen, App-Stores und App-Vorinstallationen betroffen. Wohin er führen wird, ist schwer zu sagen. Die Kampfrhetorik seitens des US-Präsidenten und Maßnahmen gegen China dürften angesichts der bevorstehenden US-Wahl in den nächsten Wochen wohl kaum nachlassen. Im August kündigte das Weiße Haus an, mehr Frequenzen im für den 5G-Ausbau besonders wichtigen Mittelbandspektrum versteigern zu wollen: Wenn US-Anbieter in dem Bereich aufholen, könnten "Buy America"-Anforderungen womöglich auch stärker auf den Technologiesektor ausgeweitet werden, um heimischen Unternehmen einen Vorteil zu verschaffen.
Andererseits könnte sich der Abstand der USA zu China in dem Bereich durch den Streit auch noch vergrößern. Denn chinesische Unternehmen haben den größten Anteil an allen 5G-Patenten weltweit. Vor allem Huawei hat sich einen reichhaltigen Patentfundus für die drahtlose Kommunikation gesichert. Damit könnte Huawei-Technologie für Netzbetreiber eines Tages unverzichtbar werden.
Immer wahrscheinlicher scheint, dass die Chinesen bei Schlüsseltechnologien wie Halbleitern und KI von Grund auf komplett neue Standards entwickeln müssten, um stärker in den US-Markt vorzudringen. Im Moment wird das eher als schwierig gesehen, denn für die Entwicklung wettbewerbsfähiger Alternativen wären in einigen Hochtechnologiebereichen wie Halbleiterfertigung oder Quantencomputing Milliardeninvestitionen nötig, voraussichtlich über viele Jahre.
Auch wird es im sino-amerikanischen Technologierennen vermutlich viel um Fintech und digitale Währungen gehen. Chinas Bemühungen rund um seine eigene Kryptowährung, den digitalen Yuan, sind bereits sehr weit fortgeschritten. Auftrieb verleiht digitalen Währungen derzeit die Coronoakrise, zum einen wegen der Geldflut der Zentralbanken und zum anderen durch die Sorge um eine Virusübertragung bei Bezahlvorgängen.
Zu einem weiteren Schlachtfeld könnten soziale Medien werden: Im Gegensatz zu US-Plattformen warteten chinesische Apps wie TikTok in den letzten Jahren mit größeren Innovationen auf, unter anderem mithilfe von Algorithmen und der immer gezielteren Personalisierung von Inhalten. Auch WeChat hat sich zu einer Super-App entwickelt, die neben Messaging-Diensten inzwischen viele weitere Funktionen anbietet wie Zahlungen, Einkäufe und Gaming.
Bei neuen Lösungen werden die Kosten eine wichtige Rolle spielen: So konzentriert sich zum Beispiel bereits ein Huawei-Team auf die Entwicklung kostengünstiger Lidar-Sensoren für autonome Fahrzeuge. Medienberichten zufolge will Huawei in China Lidar-Sensoren für umgerechnet 100 US-Dollar herstellen. Sollte das möglich sein, wären diese um ein Vielfaches günstiger als US-amerikanische Pendants. Und sie würden gewiss das Interesse von Entwicklern autonomer Fahrzeuge rund um den Globus wecken, auch in den USA.
Branche | Investor | Unternehmen, an dem Anteile erworben wurden | Investitionsvolumen | Jahr |
Finanzen | CIC | Morgan Stanley | 5.000 | 2007 |
SAFE | TPG Fund | 2.510 | 2008 | |
Fosun | Ironshore | 1.840 | 2015 | |
Tourismus | HNA | Blackstone | 6.500 | 2016 |
Anbang | Blackstone | 5.720 | 2016 | |
HNA, Jin Jiang Hotels | Carlson Hotels | 2.010 | 2016 | |
Unterhaltung | Dalian Wanda | Legendary Entertainment | 3.500 | 2016 |
Tencent | Snapchat | 2.240 | 2017 | |
Dalian Wanda | Carmike Cinemas | 1.160 | 2016 | |
Andere | Shuanghui | Smithfield Foods | 7.100 | 2013 |
Haier | General Electric | 5.400 | 2016 | |
Creat | Grifols | 1.930 | 2019 |