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Usbekistans Abfallstrategie verspricht viele Geschäftschancen
Bis 2028 sollen mehr als 2 Milliarden US-Dollar in das Abfallmanagement fließen. Damit setzt Usbekistan seine 2019 beschlossene Neuausrichtung der Branche fort.
04.04.2023
Von Uwe Strohbach | Taschkent
Mit ihrer Strategie hat sich die usbekische Regierung zum Ziel gesetzt, Abfälle aller Art flächendeckend einzusammeln - darunter aus Haushalten, von Baustellen und medizinischen Einrichtungen. Hinzu kommt die Errichtung moderner Müllumladestationen sowie die Rekultivierung und der Neubau von Deponien. Auch die Gewinnung und Verarbeitung von Sekundärrohstoffen sowie die Erzeugung von Wärmenergie und Strom aus Abfällen sollen vorangetrieben werden.
Viele Anknüpfungspunkte für Kooperationen mit ausländischen Partnern
Know-how und Technologien aus dem Ausland können einen wesentlichen Beitrag zum Aufbau einer nachhaltigen Siedlungsabfallentsorgung in Usbekistan leisten. Gefragt sind sowohl das Fachwissen von Ingenieurbüros und Beratern als auch die Expertise von Verwertern von Sekundärrohstoffen. Bedarf besteht zudem an Deponie-, Fahrzeug- und Anlagentechnik.
Ausländische Unternehmen können sich außerdem bei der Etablierung tragfähiger öffentlich-privater Partnerschaften (PPP) einbringen. Die Regierung ist am Ausbau bestehender und der Implementierung neuer effektiver PPP-Geschäftsmodelle interessiert. Der Anteil privater Akteure an der Einsammlung und Verwertung von Haushaltsabfällen soll schon bald die 50-Prozent-Marke übersteigen.
Bilanz von PPP-Projekten im Abfallmanagement 2019-2022 und geplante Projekte
Periode | |
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Zeitraum 2019 bis 2022 | |
Implementierte und vorbereitete Projekte (Anzahl) | 54 |
Projektwert (in Mio. US$) | 75 |
Implementierte Cluster-Projekte (Anzahl) | 19 |
Projekte vor der Vertragsunterzeichnung (Anzahl) | 7 |
Laufende Ausschreibungen für PPP-Projekte (Anzahl) | 28 |
Zeitraum bis Ende 2023/Anfang 2024 | |
Neue geplante Cluster-Projekte (Anzahl) | 32 |
Projektwert (in Mio. US$) | 38 |
Regierung unterstützt Branche mit neuen Förderpaketen
Mehr öffentliche Gelder sowie steuerliche und andere Vorzugsbedingungen sollen in den kommenden Jahren neue Projekte in der Abfallwirtschaft ankurbeln. Maschinen und Ausrüstungen sowie Komplettierung- und Ersatzteile für den Bedarf der Abfallentsorger und -verwerter können zunächst bis zum 1. August 2025 zollfrei importiert werden.
Für die Beschaffung von Sortier-, Aufbereitungs- und Verwertungsanlagen stehen den Unternehmen zinsgünstige Kredite zur Verfügung. Die Fördergelder werden aus Krediten von Geberbanken gespeist. Cluster in der Abfallwirtschaft kommen in den Genuss eines besonders stark ermäßigten Satzes von jeweils nur 1 Prozent für die Sozialabgabe sowie die Grund- und Vermögensteuer.
Fokus der 2023 bis 2028 geplanten Aktivitäten in der Abfallwirtschaft
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Aus dem Staatshaushalt fließen 2023 bis 2025 etwa 100 Millionen US-Dollar in die Abfallwirtschaft. Die Gelder sind vor allem für folgende Projekte bestimmt:
- Rekultivierung von 29 Deponien für Haushaltsabfälle (2023 und 2024; Gesamtfläche: 191 Hektar),
- Errichtung von 26 Deponien für Bauschutt (2023 und 2024; Gesamtfläche: 170 Hektar),
- Errichtung von 60 Zentren für die Einsammlung, Behandlung und Entsorgung medizinischer Abfälle (2023),
- Errichtung von 437 Müllsammelstellen (2023: 257; 2024: 180) und 38 Müllumladestationen (2023/2024: jeweils 13, 2025: 12),
- Beschaffung von 18.900 Abfallcontainern (bis Ende 2023).
Geberbanken beteiligen sich finanziell an Großprojekten
Eine wichtige Finanzierungsquelle für Projekte im Abfallmanagement Usbekistans bleiben zinsgünstige Darlehen ausländischer Kreditgeber. Aber auch erste private Unternehmen aus dem Ausland beteiligen sich an den geplanten Vorhaben.
Ausgewählte international finanzierte Großprojekte in der Abfallwirtschaft Usbekistans
Bezeichnung des Vorhabens | Investitionssumme (in Millionen US$) | Zeitraum der Realisierung | Projektträger |
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Abfallmanagement mit Fokus auf kleine Städte und ländliche Regionen; Beschaffung von Müllcontainern und -fahrzeugen, Spezialtechnik sowie Laborausrüstungen, Errichtung regionaler Servicezentren für Müllfuhrparks | 112 (Kredit der ADB: 60) | 2021 bis voraussichtlich 2025 | Ministerium für natürliche Ressourcen, Vereinigung öffentlicher regionaler Entsorgungsunternehmen |
Abfallmanagement in der Hauptstadt Taschkent, 1. Etappe; Neuausrichtung- und strukturierung des Projekts ab 2019/2020, weitere Umsetzung als PPP-Projekt geplant | 92 (Kredit der ADB: 69) | Realisierung seit 2015/2016, Neuausrichtung des Projekts ab 2019/2020, Mittelabruf des ADB-Darlehens Ende 2021: 60% | Staatsunternehmen Maxsustrans |
PPP-Cluster-Projekt im Ballungsgebiet Taschkent; Erwartungen an Investor: Erarbeitung und Umsetzung eines Programms für Abfallentsorgung, Investitionen (Müllsammelstellen, Fuhrpark, Sortier- und Verwertungsanlagen), erwartete Investitionsverpflichtung des privaten PPP-Partners ab etwa 2025 bis 2051 | 263 | Memorandum (Regierung und ADB) vom September 2021 über geplantes PPP-Cluster-Projekt im Ballungsgebiet Taschkent, Ausschreibung in früher Vorbereitung | |
Abfallmanagement in der Autonomen Republik Karakalpakstan (2 Mio. Einwohner); Modernisierung/Bau von 3 Deponien, Errichtung von 8 Müllumladestationen, Bau von Müllsortierfabriken und Beschaffung von Spezialtechnik | 80 (Kredit der EBRD: 70) | 2023 bis voraussichtlich 2025/2026 | Ministerium für natürliche Ressourcen/ Regionaler Staatsbetrieb Toza Xudud (Toza Chudud) |
Abfallmanagement in der Provinz Choresm (2 Mio. Einwohner); Errichtung von zwei Deponien, 6 Müllumladestationen, Bau von Müllsortierfabriken und Beschaffung von Spezialtechnik | 57 (Kredit der EBRD: 50) | 2023 bis voraussichtlich 2025/2026 | Ministerium für natürliche Ressourcen/ Regionaler Staatsbetrieb Xorazm Toza Xudud (Choresm Toza Chudud) |
Installation von Gasturbinen für die Umwandlung von Methan in Strom (installierte Kapazität: mindestens 16 MW), Deponien Achangaran und Maidontol (Provinz Taschkent) | 55 | 2022/2023 bis 2024/2025 | Sejin G&E Co., Ltd. (Korea, Direktinvestition), Kontakt über das Ministerium für natürliche Ressourcen |
Abfallmanagement in der Stadt Samarkand (ca. 600.000 Einwohner); Bau/Modernisierung von Müllsammelstellen, Beschaffung von Containern sowie Müll- und Spezialfahrzeugen, Errichtung einer Deponie und von Sortieranlagen | 45 (Kredit der AFD: 28,5; Zuschuss der EU: 9,7) | Realisierung seit 2019/2020, Mittelabruf bis zum 1.1.2023: 12,5 Mio. US$ | Staatsunternehmen Maroqand Obod |
Nachholbedarf bei der Abfallentsorgung bleibt unvermindert groß
Die Bemühungen der Regierung blieben bisher noch ein gutes Stück hinter den proklamierten Zielen zurück. Zu groß ist der Nachholbedarf bei der Errichtung einer zuverlässigen Abfallwirtschaft in allen Landesteilen. Defizite bestehen zudem bei den finanziellen und rechtlichen Rahmenbedingungen für die Branchenakteure, den Regulierungs- und Überwachungsinstitutionen sowie der Integration informeller Werkstoffsammler in Abfallwirtschaftskonzepte.
Hauptziele der Strategie für die Einsammlung und Verwertung von festen Haushaltsabfällen bis 2028 (Zielmarken, Anteile in Prozent)
2018 (Ist) | 2021 | 2025 | 2028 | |
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Anteil der von der Mülleinsammlung erfassten Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung | 48 | 85 | 100 | 100 |
Anteil der stofflich und energetisch verwerteten Abfälle am Gesamtabfallaufkommen | 6 | 25 | 45 | 60 |
Verarbeitungsquote im Sektor spezifische Abfälle (Akkus, Altöl, bleihaltige und andere Abfälle) | unter 5 | 10 | 15 | 25 |
Anteil der den Rechtsnormen entsprechenden Entsorgungsanlagen (Deponien) an allen Deponien im Land | 0 | 25 | 65 | 100 |
Anteil rekultivierter oder sich in einer Rekultivierungsphase befindlicher Deponien an allen stillgelegten Deponien | k.A. | 20 | 65 | 100 |
Anteil überwachter Deponien an allen kommunalen Deponien | k.A. | 20 | 75 | 100 |
Nach Angaben des Ministeriums für natürliche Ressourcen waren 2021 geschätzte 73 Prozent der Bevölkerung von der Mülleinsammlung erfasst (inoffiziell höchstens 65 Prozent), gegenüber ursprünglich angepeilten 85 Prozent. Der Anteil verwerteter Abfälle am Gesamtabfallaufkommen betrug kaum mehr als 20 Prozent. Keine einzige der im Land etwa 200 offiziell genutzten Deponien entspricht den ökologischen und sanitären Normen, heißt es in einer Regierungserklärung vom 2. Februar 2022. Zudem kontaminieren entsorgte und endgelagerte Siedlungsabfälle auf unzähligen wilden Müllkippen Boden, Luft und Wasser.
Rahmendaten für die Siedlungsabfallentsorgung in Usbekistan
Indikator | |
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Einwohner (1.1.2023, in Mio.) | 36,0 |
Stadtbewohner | 18,3 |
Landbewohner | 17,7 |
Bevölkerungsdichte (1.1.2023, in Einwohner/qkm) | 80,2 |
Bevölkerungswachstum (1.1.2023/1.1.2022, in 1.000 Personen) | 753,3 |
Jährliches Gesamtvolumen fester Haushaltsabfälle (2019/2020, in Mio. t) | 14,0 bis 14,5 |
Jährliches Gesamtvolumen fester Haushaltsabfälle (Prognose für 2028, in Mio. t) | 16,0 bis 16,7 |
Jährliches offiziell erfasstes Aufkommen an festen Haushaltsabfällen (Schätzung für 2022, in Mio. t) | mindestens 8,0 |
Erwarteter jährlicher Zuwachs (in %) | 2,0 |
Geschätzte jährliche Verwertungsquote (2021, in %) | 20,0 |