Venezuela: Rechtssystem

Verfassung von 1999

Die Verfassung der Bolivarischen Republik Venezuela (Constitución de la República Bolivariana de Venezuela de 1999 - CRBV/99) ist das oberste Gesetz und die grundlegende Basis des venezolanischen Rechtssystems. Die von der verfassungsgebenden Nationalversammlung am 20. Dezember 1999 verkündete Verfassung schafft Institutionen und legt Grundrechte und -pflichten fest. Durch seine in der Verfassung vorgesehene rechtlich-politische Organisation ist Venezuela als „demokratischer und sozialer Rechts- und Gerechtigkeitsstaat“ konzipiert (Art. 2 CRBV/99).

Politisch-administrative Teilung

Venezuela ist politisch und verwaltungsrechtlich in 23 Bundesstaaten (estados), den Hauptstadtdistrikt (Distrito Capital, Caracas) und einen Inselkomplex (dependencias federales) unterteilt. Das gesamte räumliche Gebiet, zu dem auch die Meereszonen gehören, wird in der Verfassung von 1999 als venezolanischer „geografischer Raum“ (espacio geográfico) bezeichnet (Art. 16 bis 18 CRBV/99).

Öffentliche Gewalten

Die venezolanische Verfassung sieht in Artikel 136 die so genannte vertikale Verteilung der öffentlichen Gewalt vor: die nationale, die bundesstaatliche und die kommunale Gewalt. Was die horizontale Aufteilung der nationalen öffentlichen Gewalt betrifft, so wurden zusätzlich zu den traditionellen Gewalten zwei weitere, insgesamt fünf Gewalten, aufgenommen:

1. Exekutiv (Poder Ejecutivo): Sie leitet das Regierungshandeln. Die Amtszeit des Präsidenten der Republik (Presidencia) beträgt sechs Jahre. Der Präsident kann nur einmal in Folge für eine weitere Amtszeit wiedergewählt werden. Die Wahl des Präsidenten erfolgt in allgemeiner, direkter und geheimer Wahl.
2. Legislative (Poder Legislativo): Sie wird von der Nationalversammlung (Asamblea Nacional - AN) ausgeübt und hat die Aufgabe, Gesetzesentwürfe vorzulegen und zu verabschieden. Sie setzt sich aus 277 Abgeordneten verschiedener politischer Parteien zusammen, die die Bundesstaaten und den Hauptstadtdistrikt vertreten.
3. Judikative (Poder Judicial): Sie ist für die Lösung von Rechtsstreitigkeiten durch gesetzlich festgelegte Verfahren zuständig. Sie setzt sich aus dem Obersten Gerichtshof (Tribunal Supremo de Justicia - TSJ) und unteren Gerichten zusammen.
4. Bürgermacht (Poder Ciudadano): Sie ist für die Korruptionsbekämpfung und für die Wahrung der Menschenrechte zuständig. Sie setzt sich zusammen aus der Volksanwaltschaft (Defensoría del Pueblo), dem Generalstaatsanwalt (Ministerio Público) und der Generalkontrollbehörde (Contraloría General de la República).
5. Wahlmacht (Poder Electoral): Sie ist für die Regulierung, Organisation und Überwachung der Wahlaktivitäten zuständig. Sie wird vom Nationalen Wahlrat (Consejo Nacional Electoral - CNE) ausgeübt.

Wirtschaftliche Rechte

Die venezolanische Verfassung enthält ein eigenes Kapitel über wirtschaftliche Rechte. Alle Personen können frei die wirtschaftliche Tätigkeit ihrer Wahl ausüben (Art. 112 CRBV/99), sofern es keine gesetzlichen oder verfassungsmäßigen Ausnahmebestimmungen gibt. Beschränkungen können u.a. aus Gründen der nationalen Sicherheit und des Umweltschutzes (z.B. Ausbeutung natürlicher Ressourcen und Erbringung öffentlicher Dienstleistungen) erfolgen.

Der Staat ist verpflichtet, strenge Maßnahmen zur Bekämpfung aller Praktiken zu ergreifen, die rechtswidrig sind oder die freie Preisbildung (libre formación de precios) beeinträchtigen. Monopole und Praktiken, die als „Machtmissbrauch“ (abuso de la posición de dominio) bezeichnet werden, sind verboten (Art. 113 und 114 CRBV/99).

Mitgliedschaft in internationalen Organisationen

Venezuela ist Mitglied verschiedener internationaler Organisationen, wie etwa der Vereinten Nationen (UN - United Nations), der Welthandelsorganisation (WTO - World Trade Organisation), der Inter-Amerikanischen Entwicklungsbank (Inter-American Development Bank), des Lateinamerikanischen Wirtschaftssystems (SELA - Sistema Económico Latinoamericano) und der Lateinamerikanischen Integrationsvereinigung (ALADI - Asociación Latinoamericana de Integración). Venezuela ist ein Gründungsmitglied der OPEC (Organization of the Petroleum Exporting Countries).

In den letzten Jahren hat Venezuela eine Reihe von multilateralen und bilaterale Abkommen geschlossen (Petrosur, UNASUR, ALBA, CELAC usw.), insbesondere über die Ölversorgung und die globale geopolitische Strategie. Im Jahr 2007 tilgte Venezuela alle seine Schulden beim Internationalen Währungsfonds (International Monetary Fund - IWF) und der Weltbank (Worldbank). Die Zusammenarbeit Venezuelas mit beiden Organisationen ist heute praktisch nicht mehr vorhanden. Im Jahr 2012 wurde Venezuela Mitglied des MERCOSUR (Mercado Común del Sur). Die Mitgliedschaft ist aber seit 2018 ausgesetzt.

Sonstiges

Freihandelsabkommen

Am 23. April 1993 unterzeichneten die Europäische Union und die Mitgliedsländer der Andengemeinschaft (Comunidad Andina - CAN) ein Kooperationsrahmenabkommen (Acuerdo Marco de Cooperación), dem auch Venezuela beigetreten war. Dieses Abkommen führte in der Folge zu engeren Handelsbeziehungen zwischen der Europäischen Union und den Andenländern. Venezuela trat jedoch 2006 aus der Andengemeinschaft aus. Zurzeit gibt es also kein Freihandelsabkommen zwischen Venezuela und der Europäischen Union.

Wettbewerbsfähigkeit im globalen Kontext

Venezuela belegt im „Doing Business Report“ der Weltbank 2020 Platz 188 von 190.

Handelspartner Deutschlands

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes belegte Venezuela in der Rangfolge der Handelspartner im Außenhandel der Bundesrepublik Deutschland des Jahres 2021 Platz 140 von 239.. Das Volumen der Exporte nach Venezuela betrug 51 Millionen Euro. Aus Venezuela importiert wurde für ca. 42 Millionen Euro. Die Rangfolge ist am 18. Juli 2022 erschienen.

Korruptionswahrnehmung

Im Korruptionswahrnehmungsindex (Corruption Perceptions Index, CPI) 2021 von Transparency International belegt Venezuela Platz 177 von 180 (Platz 1= wenig korrupt, Platz 180= sehr korrupt). Der Index 2021 ist am 25. Januar 2022 erschienen.

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