Mehr zu:
Vereinigtes Königreich / EUBrexit
Recht
Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?
Ausländisches Wirtschaftsrecht | Rechtsbericht | Vereinigtes Königreich | Brexit
Die Übergangsphase ist im Austrittsabkommen geregelt. Allerdings müssen die nationalen Gesetzgeber auch aktiv werden, damit sie ihre volle Wirksamkeit entfalten kann.
17.01.2020
Von Nadine Bauer, Karl Martin Fischer | Bonn
Der deutsche Gesetzgeber hat für die Bereiche, die besonders stark vom Austritt des Vereinigten Königreichs (VK) aus der Europäischen Union (EU) betroffen sind, Regelungen geschaffen, die den Übergang für Unternehmen erleichtern sollen. Hierzu zählen vor allem das Brexit-Übergangsgesetz, § 122 m des Umwandlungsgesetzes sowie die Anforderungen an eine Arbeitnehmerentsendung.
Der deutsche Gesetzgeber hat das Brexit-Übergangsgesetz (BrexitÜG; abrufbar im Bundesgesetzblatt Teil I 2019 Nr. 11 03.04.2019 S. 402) geschaffen, das am 1. Februar 2020 in Kraft treten wird. Das Gesetz gibt Rechtsklarheit für die Bestimmungen des Bundesrechts, die Bezug auf die Mitgliedschaft in der EU nehmen. Denn das VK ist ab dem 1. Februar 2020 kein Mitgliedstaat der EU mehr und wäre folglich auch nicht mehr von Regelungen erfasst, die gerade auf diese Mitgliedschaft Bezug nehmen. Da das zwischen der EU und dem VK geschlossene Austrittsabkommen aber gerade bewirkt, dass das VK für die Übergangsphase weiterhin wie ein Mitgliedstaat behandelt wird, hat der deutsche Gesetzgeber auf nationaler Ebene ebenfalls vorgesorgt: Bei Bezugnahme des Bundesrechts auf die Mitgliedstaaten der EU ist für den Zeitraum bis zum Ende der Übergangsphase grundsätzlich auch das VK eingeschlossen.
Außerdem befasst sich das Brexit-ÜG mit der Einbürgerung britischer und deutscher Staatsangehöriger. Es regelt, dass Einbürgerungsanträge von Briten oder Deutschen, die vor Ende der Übergangsphase gestellt wurden, nicht zum Verlust der bereits vorhandenen Staatsangehörigkeit führen (§ 3 BrexitÜG). Dies gilt insbesondere auch für Anträge, über die erst nach dem Ende der Übergangsphase entschieden wird. In engen Grenzen nimmt der deutsche Gesetzgeber insoweit die doppelte Staatsbürgerschaft in Kauf.
In Folge des bevorstehenden Brexits hat der deutsche Gesetzgeber zum 1. Januar 2019 Anpassungen des Umwandlungsgesetzes vorgenommen. Diese tragen dem Umstand Rechnung, dass das VK nach dem Ende der Übergangsphase zum Drittstaat wird und demzufolge die innerhalb der EU geltende Niederlassungsfreiheit nicht mehr greift. Dies stellt vor allem Limiteds mit deutschem Verwaltungssitz vor ein großes Problem, denn für diese wird nach dem Austritt des VK die Sitztheorie gelten.
Die Sitztheorie hat zur Folge, dass die betreffende Gesellschaft nach deutschem Recht zu beurteilen ist. Da dem deutschen Recht aber die Gesellschaftsform der Limited fremd ist, wird für sie eine deutsche Auffangform gelten, also zum Beispiel eine offene Handelsgesellschaft (OHG) oder eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Hierdurch erweitert sich aber die ehemals beschränkte Haftung der Gesellschafter der Limited auf eine unbeschränkte und persönliche Haftung. Um diesem Missstand entgegenzuwirken, hat der deutsche Gesetzgeber daher mit § 122 m UmwG die Möglichkeit eines geordneten Wechsels einer Limited in eine deutsche Gesellschaftsform mit beschränkter Haftung geschaffen. Ein solcher Wechsel ist bis zum Ende der Übergangsphase möglich, sofern mit bestimmten Schritten der Verschmelzung bereits vor diesem Zeitpunkt begonnen wurde.
Die A1-Bescheinigung dient als Nachweis, dass bei einer vorübergehenden Auslandstätigkeit der entsandte Arbeitnehmer weiterhin dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegt. Diese ist für jeden noch so kurzen Auslandsaufenthalt zu beantragen.
Während der Übergangsphase wird das koordinierende Sozialrecht der EU weiter gelten. Damit dürfte auch die Entsendung von Mitarbeitern in das VK während der Übergangsphase möglich sein.
Weitergehende Informationen zur Mitarbeiterentsendung in Zeiten des Brexits hält zudem der GKV-Spitzenverband Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland (DVKA) bereit.
Das Brexit-Steuerbegleitgesetz (Brexit-StBG; abrufbar im Bundesgesetzblatt Teil I 2019 Nr. 9 28.03.2019 S. 357) hat hauptsächlich den Zweck, zu verhindern, dass allein der Brexit unerwartete steuerliche Belastungen auslöst. Solche Belastungen sind denkbar, denn viele Geschäfte, die innerhalb der EU abgeschlossen werden, sind steuergünstiger als solche, die mit Drittstaaten abgewickelt werden. Solche Vergünstigungen würden durch das Ende der Mitgliedschaft wegfallen. Das Gesetz enthält Vorkehrungen für beide Brexit-Varianten – für einen Austritt ohne Abkommen ebenso wie für einen Austritt mit Abkommen und Übergangsphase. Letzteres erkennt man an dieser Formulierung: „… ab dem Zeitpunkt, ab dem das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland nicht mehr Mitgliedsstaat der Europäischen Union ist und auch nicht wie ein solcher zu behandeln ist.“
In Großbritannien erfolgt die Umsetzung der Übergangsphase durch den „European Union (Withdrawal Agreement) Act 2020“, der das Austrittsabkommen, also auch die Übergangsphase, in britisches Recht implementiert. Der European Communities Act 1972, der die Vorkehrungen für den damaligen Beitritt schuf, wird zwar aus politischen Gründen zum 1. Februar 2020 aufgehoben. Allerdings sieht das neue Gesetz die Fortgeltung einiger Vorschriften des European Communities Act 1972 bis zum Ende der Übergangsphase vor und ordnet gleichzeitig die Fortgeltung der im Moment des Austritts geltenden europäischen Vorschriften an.
Wie die Übergangsphase grundsätzlich funktioniert, lesen Sie in unserem Rechtsbericht "Brexit - Rechtliche Aspekte der Übergangsphase".
Welche Besonderheiten für den Bereich Warenverkehr während der Übergangsphase gelten, beleuchten wir für Sie in unserem Zollbericht "Brexit - Warenverkehr während der Übergangsphase".