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Special | Vietnam | Klimaschutz im Dialog

Vietnam verändert sich auf eine gute Art

Vietnams Regierung hat sich zu weitreichenden Klimazielen verpflichtet. Unternehmen müssen noch überzeugt werden.

Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Hanoi

Koos Neefjes, Geschäftsführer des Unternehmens Climate Sense, berät seit vielen Jahren die vietnamesische Regierung in Fragen des Klimawandels und Klimaschutzes. Climate Sense kooperiert zudem mit vietnamesischen, europäischen und internationalen Nichtregierungsorganisationen, Botschaften, Stiftungen und Geberinstitutionen bei der Entwicklung von vietnamspezifischen Lösungsmodellen und Technologien zum Klimaschutz.

Klimaschutz im Dialog, Koos Neefjes Klimaschutz im Dialog, Koos Neefjes | © Klimaschutz im Dialog, Koos Neefjes

Herr Neefjes, sie beraten unter anderem die Regierung Vietnams zu Fragen des Klimaschutzes. Ist der Klimawandel in Politik, Wirtschaft und Bevölkerung ein Thema?

Seit den Verhandlungen zur 13. UN-Klimakonferenz (COP 13) im Jahr 2007 und insbesondere der 15. Klimakonferenz (COP 15) 2009 steht Klimaschutz auf allen politischen Ebenen auf der Tagesordnung. Auf der COP 26 in Glasgow im November 2021 hat sich die vietnamesische Regierung gegenüber der Welt zu extrem weitreichenden Klimaschutzmaßnahmen verpflichtet. Vor allem hat sie verbindlich zugesagt, bis 2050 Kohlenstoffneutralität zu erreichen.

Aber nicht nur in der Regierung, auch bei Bevölkerung und Wirtschaft ist der Klimawandel angekommen. Die Zeitungen berichten ausführlich. Allerdings hapert es noch an der Entwicklung und vor allem praktischen Anwendung von Lösungsansätzen.  

Ist Vietnam überhaupt bereit, sich für den Klimaschutz zu engagieren und auch zu investieren? Schließlich könnte Vietnam als Schwellenland auch sagen: Warum sollen wir für die Beseitigung eines Problems zahlen, das wir nicht verursacht haben?

Tatsächlich wurde diese Frage vor allem zu Beginn der Klimadiskussion in Vietnam, in den Jahren 2007 und 2008, gestellt. Mittlerweile aber sieht die Situation anders aus. Vietnam weiß, dass das Land stark unter den Folgen des Klimawandels leiden wird. Bereits jetzt nehmen durch den Klimawandel verursachte oder verstärkte Naturkatastrophen zu. Überschwemmungen ganzer Regionen, Dürren oder Erdrutsche zählen immer mehr zur Tagesordnung.

Die Gründe für den Klimawandel, also den Ausstoß von Treibhausgasen, zu ignorieren oder die Reduktion von Treibhausgasen ausschließlich anderen Ländern zu überlassen, hilft nicht. Das würde vielleicht gegenwärtig Geld sparen, käme Vietnam aber in Zukunft teuer zu stehen. 

Tatsächlich hat die Regierung erkannt, dass Vietnams steigender Ausstoß von Treibhausgasen mehr und mehr zum Teil des Problems wird. Klimaschädliche Energiegewinnung, hier vor allem Kohlekraft, und eine ineffiziente und umweltschädliche Produktion sind kein nachhaltiges Wirtschaftsmodell. Ein Beharren auf traditionellen Technologien wäre damit auf Dauer schädlich für die Entwicklung des Landes.  

Allerdings kann Vietnam als Schwellenland Investitionen in den Klimaschutz nur beschränkt durch Subventionen anschieben, deswegen braucht es andere politische Instrumente.

Wer investiert dann in den Klimaschutz und wie? 

Landwirte sind bereit, Geld für die Anpassung an den Klimawandel auszugeben, weil sie dadurch die Risiken für ihre Ernte verringern können. Bei Investitionen in die Verringerung der Treibhausgase sieht das anders aus, weil Emissionen für Landwirte erst einmal kein offensichtliches Problem darstellen. Hier wird ein Farmer nur dann investieren, wenn er Kosten spart, die Produktivität steigert oder die Änderungen der lokalen Umwelt zugutekommen.

Wie könnten speziell Unternehmen für mehr Klimaschutz gewonnen werden?

Investiert wird, wenn die Investition wirtschaftlich ist. Investitionen in die Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels sind sinnvoll, wenn sie Produktions- und Umsatzeinbußen vermeiden. Technologien, die den Ausstoß von Treibhausgasen reduzieren, werden dann eingesetzt, wenn Kosten gespart oder das Produkt zu höheren Preisen verkauft werden kann.

Die einheimischen Unternehmen aber wollen, dass sich ihre Investitionen in Effizienzsteigerungen und reduzierte Emissionen oder erhöhte Sicherheit schnell rechnen, oft am besten innerhalb eines Jahres.

Ausländische Unternehmen sind dagegen oft längerfristig orientiert. Sie beziehen auch mögliche Reputationsgewinne in ihre Berechnungen ein. Sie sind daher offener für Investitionen in Klimatechnologien.

Die Regierung erarbeitet zurzeit einen neuen Energie- sowie einen Elektrizitätsmasterplan. Ersten Entwürfen zufolge soll auch in den kommenden Jahren die Kohlekraft ausgebaut werden. Ist das nachhaltig?

Die endgültigen Fassungen dieser Pläne müssen Treibhausgasemissionen reduzieren, da sie die von der Regierung auf der COP 26 eingegangenen Verpflichtungen unterstützen müssen. Das bedeutet, dass es keine neuen Kohlekraftwerke mehr geben sollte und dass die bestehenden schrittweise abgeschaltet und durch erneuerbare, saubere Energiequellen ersetzt werden müssen.

Die tatsächlichen Investitionen hängen auch von der Verfügbarkeit von Investitionsmitteln ab. Denn klar ist, schon heute können Wind- und Solaranlagen Strom billiger erzeugen als Kohle- oder Gaskraftwerke. Die internationale Finanzierung der Kohlekraft geht zurück, während die Investoren nach sauberen und grünen Investitionsmöglichkeiten suchen. Und da die internationale Finanzierung für Kohlekraftwerke zusammenbricht, werden auch die vietnamesischen Banken nicht bereit oder in der Lage sein, das alleinige Risiko der Finanzierung neuer Kohlekraftwerke zu tragen. 

Wie sehen Sie die zukünftigen Entwicklungen?

Klimaschutz macht Sinn, auch wirtschaftlich. Für die vietnamesische Regierung sind Investitionen in den Klimaschutz auch Investitionen in die Entwicklung des Landes zu einem modernen Industriestaat. So wie ich es sehe, verändert sich die Welt auf eine gute Art und Vietnam tut es der Welt gleich. Viele vietnamesische Unternehmen müssen noch davon überzeugt werden, dass Investitionen in grüne und saubere Produktion wirtschaftlich sinnvoll sind, aber auch das wird sich meiner Meinung nach ändern.

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