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Zoll
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Zollbericht WTO Globaler Handel
Update: Auch knapp drei Jahre nach Beginn der Coronakrise sind die Auswirkungen für Unternehmen spürbar.
01.12.2022
Von Melanie Hoffmann, Dr. Achim Kampf | Bonn
Handelshemmnisse jeglicher Art schränken den Austausch von Waren und Dienstleistungen zwischen Handelspartnern ein und wirken sich folglich negativ auf den internationalen Freihandel aus.
Seit 2009 ist die Anzahl der geltenden Einfuhrbeschränkungen stetig gewachsen. 2011 waren lediglich 1,3 Prozent der weltweiten Einfuhren von Einfuhrbeschränkungen betroffen. 2021 erreichte die Kurve ihren Höhepunkt und lag bei 9,3 Prozent.
Weitere Informationen zur Entwicklung von Handelsbarrieren
Es gibt tarifäre und nichttarifäre Handelshemmnisse, wobei innerhalb dieser Kategorien weitere Formen zu unterscheiden sind.
Tarifäre Handelshemmnisse beschränken den Außenhandel in direkter Weise. Dazu zählen vor allem Zölle. Ob noch weitere Maßnahmen wie zum Beispiel Mindestpreise, Exportsubventionen und Verbrauchsteuern zu den tarifären Maßnahmen zählen, ist sehr umstritten.
Nichttarifäre Handelshemmnisse sind all die Maßnahmen, die nicht in Listen oder Zolltarifen geführt werden und ausländischen Teilnehmern den Zugang zum inländischen Markt erschweren. Aufgrund ihrer Intransparenz lassen sich nichttarifäre Maßnahmen nur schwer erfassen.
Die WTO gliedert nichttarifäre Handelshemmnisse beispielsweise in folgende Kategorien:
Weitere Informationen zu den tarifären und nichttarifären Hemmnissen
Eine Umfrage des DIHK (März 2022) zeigt, dass 2017 lediglich 32 Prozent der rund 2.700 befragten Unternehmen eine Zunahme von Hemmnissen bei ihren internationalen Geschäften spürten - 2020 waren es schon 50 Prozent und 2022 bemerkten bereits 54 Prozent der Unternehmen eine Zunahme von Handelshemmnissen bei ihren internationalen Geschäften.
Der größte Teil der Betriebe, die eine Zunahme feststellten, fühlen sich durch verstärkte Sicherheitsanforderungen benachteiligt. Diese gehen mit zusätzlichen Produktprüfungen und somit weiteren Kosten und Zeitpuffern einher. Aber auch lokale Zertifizierungsanforderungen werden als Hindernis gesehen. Solche Anforderungen können ausländische Unternehmen nicht nur diskriminieren, sondern führen auch zu höheren Kosten und längeren Lieferzeiten. Neben dessen stellen auch intransparente Gesetzgebungen, höhere Zölle sowie Sanktionen nach wie vor ein Problem dar - rund 30 Prozent der Unternehmen sind davon betroffen.
Wie bereits im Vorjahr spüren die Unternehmen vor allem die Handelshemmnisse mit dem Vereinigten Königreich (VK), die sich durch den Austritt aus dem EU-Binnenmakt ergeben. Im Vorjahr meldeten 39 Prozent der befragten Unternehmen eine Zunahme an Handelshemmnissen mit dem VK - in 2022 sind es bereits 45 Prozent. Auch der Handel mit China wird von Handelshemmnissen geprägt. 2021 nahmen 33 Prozent der befragten Unternehmen eine Zunahme an Handelshemmnissen mit China wahr - 2022 sind es schon 35 Prozent. Dabei werden vor allem Local-Content-Vorschriften und Vorgaben zum Technologietransfer genannt.
Die letzten Welthandelsberichte (Trade Policy Review) der WTO zeigen, dass vor allem zu Beginn der Pandemie zahlreiche Handelshemmnisse sowie -erleichterungen eingeführt wurden. Seit Ausbruch der Pandemie wurden der WTO 443 coronabezogene Handelsmaßnahmen gemeldet. Davon waren 246 (55,5 Prozent) handelserleichternder Natur und 197 (44,5 Prozent) beschränkender Natur. Da die Handelsmaßnahmen zunehmend auslaufen und im Regelfall nicht verlängert werden, bestanden Mitte Oktober 2022 nur noch 134 Handelserleichterungen und 156 Handelsbarrieren.
Knapp 82 Prozent der Handelserleichterungen wurden in Form von Zollerleichterungen umgesetzt. Zahlreiche WTO-Mitglieder sowie Beobachter-Staaten senkten die Einfuhrabgaben auf medizinische Geräte und Produkte, wie zum Beispiel Desinfektionsmittel, Schutzausrüstung oder Medikamente. Die Handelsbarrieren weisen dagegen zumeist einen Exportbezug auf.
Die WTO-Mitglieder sind ebenfalls bestrebt, Unterstützungsmaßnahmen einzuführen. Dabei wurden seit Ausbruch der Pandemie über 1100 Covid-19-bezogene Maßnahmen in Form von zum Beispiel Zuschüssen, Krediten und Konjunkturpakten eingeführt.
Weitere Informationen zu den Covid-19-Handelsmaßnahmen
Eine aktuelle Liste mit den derzeitig aktiven Import- und Exportbeschränkungen können Sie auf der Seite des International Trade Center einsehen. Diese Liste wird stetig um neue Maßnahmen aktualisiert.
Zudem stellt die WTO eine Liste mit allen bereits bei der WTO gemeldeten Maßnahmen zusammen.
Auch knapp drei Jahre nach Beginn der Coronapandemie sind die damit einhergehenden Auswirkungen für Unternehmen spürbar. Unternehmen nennen dabei primär die Probleme in der Lieferkette und Logistik. Damit verbunden sind fehlende Waren sowie Dienstleistungen und folglich Produktionsausfälle. Die Umfrage des DIHK aus März 2022 zeigt, dass in 2022 79 Prozent der befragten Unternehmen mit Problemen in der Lieferkette und Logistik konfrontiert sind. Ein Jahr zuvor waren dies lediglich 40 Prozent der befragten Unternehmen.
Die Probleme in der Lieferkette und Logistik haben sich vor allem durch (coronabedingte) Einschränkungen im Grenzverkehr und Handelsbarrieren ergeben. Denn neue Sicherheitsanforderungen oder zusätzliche Zertifikate (nichttarifäre Handelshemmnisse) im Zuge der Coronapandemie verzögern den Prozess und können nicht selten sogar ganze Lieferketten durcheinander bringen. Neben dessen können auch zusätzliche Zölle und steigende Transportkosten zur Herausforderung werden. Nicht selten schlossen Staaten auch ihre eigenen Landesgrenzen, um das Virus einzudämmen. Solche temporären Grenzschließungen hatten ebenfalls Verzögerungen sowie Lieferausfälle zur Folge.
Aber nicht nur Handelshemmnisse erschweren Lieferketten, auch das Virus an sich führt zu Personalausfällen aufgrund von Krankheit und Quarantäne.
Neue Hemmnisse können schnell zu einer neuen Protektionismuswelle und erschwerten Marktzugängen weltweit führen. Wie kann die internationale Wirtschaft davor geschützt werden?
Der DIHK schlug bereits 2021 vor, dass Zölle und unbegründete Handelshemmnisse vollständig ausgesetzt werden sollten. Für eine Zollbefreiung der Pharma- und Medizinprodukte könnte dann gegebenenfalls die WTO-Vereinbarung über die Zollfreiheit für pharmazeutische Erzeugnisse (The Pharmaceutical Tariff Elimination Agreement) interessant werden.
Diesem Vorschlag sind bereits einige Staaten nachgekommen. Zahlreiche Handelshemmnisse wurden wieder zurückgenommen oder sind ausgelaufen und wurden nicht verlängert. Zudem führen Staaten vermehrt Handelserleichterungen ein.
Erleichterungen | Ausgelaufene Erleichterungen | Beschränkungen | Ausgelaufene Beschränkungen | Gesamt | |
---|---|---|---|---|---|
Import | 201 | 113 | 20 | 10 | 221 |
Export | 29 | 16 | 168 | 141 | 197 |
Andere | 16 | 5 | 9 | 5 | 25 |
Gesamt | 246 | 134 | 197 | 156 | 443 |
Unabhängig davon, welche Richtung eingeschlagen wird, eine transparente und faire Handelspolitik sollte das Vorbild aller Länder sein. Die WTO verpflichtet zwar ihre Mitglieder, die WTO-Grundprinzipien einzuhalten, die unter anderem auf transparentes und faires Verhalten untereinander, ausgerichtet sind, dennoch werden viele Handelsmaßnahmen nicht gemeldet. Dieses Verhalten sowie weitere Alleingänge der einzelnen Staaten führen zu Intransparenz und wirken sich in Zeiten von Corona vor allem auf die Staaten negativ aus, die auf Importe für die medizinische Versorgung angewiesen sind.
Mehr zu "Welche Handelspolitik verfolgen andere Länder?"
Die Veränderungen im internationalen Handelssystem stellen die WTO vor eine neue Herausforderung. Die Auswirkungen der Coronapandemie, die Blockade des DSB, aber auch die steigende Anzahl bilateraler Abkommen stellen dabei nur einige Hürden dar.
Ein zukunftsfähiges Handelssystem, welches sich an die Veränderungen der Gesellschaft und des Handelssystems anpasst, ist nun wichtig. Zahlreiche WTO-Mitglieder streben deshalb eine WTO-Reform an. Im Rahmen einer Modernisierung sollten dann auch andere Vereinbarungen angestrebt oder bestehende Abkommen ausgebaut oder zum Abschluss gebracht werden (beispielsweise die Liste der IT-Produkte im Rahmen des ITA oder das Joint Statement zum E-Commerce). Zudem sollten die WTO-Mitglieder die nachhaltige Entwicklung in den Mittelpunkt der WTO-Reformbemühungen stellen und sich für eine Angleichung von Nachhaltigkeit und Handel einsetzen.
Nur so können Alleingänge von Mitgliedern, Stillstand im System und unehrliches Monitoring vorgebeugt werden.
Mehr zur Zukunft der WTO
Zudem sollten offene Märkte mit fairen und gleichen Bedingungen das Gebot der Stunde sein. Diese können durch Handelsabkommen erreicht werden, da damit ein Abbau von Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen angestrebt und somit der Zugang zu neuen Märkten erleichtert wird. Die EU setzt vermehrt darauf, Handelsabkommen mit Drittstaaten zu schließen, um so dem Protektionismus entgegenzuwirken und Unternehmen offene Märkte bieten zu können.
Handelsabkommen könnten durch die sensiblen Themen im Rahmen der Coronapandemie frischen Wind bekommen haben. Möglich wäre die Berücksichtigung weiterer Themen in Freihandelsabkommen, wie zum Beispiel Medizinprodukte oder auch Katastrophensituationen. Handelsabkommen bieten nicht nur zahlreiche Chancen, sondern sind zudem flexibel anwendbar.
Die Hürden im internationalen Handel nehmen zu, protektionistische Maßnahmen werden neu aufgebaut. Das wirkt sich auch auf internationale Lieferketten aus, die ohnehin unter Druck stehen.
Im Schwerpunkt "Globaler Handel & Lieferketten" geht GTAI auf mögliche Risiken und Lösungsmöglichkeiten ein. Sehen Sie aktuelle Highlights aus unserem Informationsangebot zur Handels- und Lieferkettenthematik, informieren Sie sich über die Regeln des Welthandels und die Folgen für deutsche Unternehmen oder werfen Sie einen Blick auf die Chancen, die aus globalen Konnektivitätsinitiativen erwachsen können.