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Branchen | Ägypten | Bauwirtschaft

Hochbau: Marktlage und Marktentwicklung

Zwischen Luxusresidenzen und illegalen Siedlungen sucht die Mittelschicht Wohnraum. Der Bedarf an Flächen für Einzelhandel und Büros wird weiter wachsen.

Von Sherif Rohayem | Kairo

Die großen Kursstürze der ägyptischen Währung sowie der Mangel an Devisen setzen Bauunternehmen und Immobilienentwickler unter Druck. Die Kosten für Baumaterialien sind gestiegen und fehlende US-Dollar schränken die Verfügbarkeit von Baumaterialien und -gerät aus dem Ausland stark ein. Beides drückt die Margen beziehungsweise verzögert die Fertigstellung von Projekten.

Auf der anderen Seite veranlasst der krasse Wertverlust des ägyptischen Pfundes die ägyptische Bevölkerung mehr als je zuvor, ihr Geld in Wohneigentum zu retten. Dementsprechend verzeichnen Immobilienentwickler trotz und gerade in Krisenzeiten hohe Verkaufszahlen. 

Wohnraumangebot geht an der Nachfrage vorbei

Wohnungen werden in Ägypten aber nicht nur als Schutz gegen die Inflation benötigt und gebaut. Ein wichtiger Treiber des Wohnbaus ist vielmehr das Wachstum der Bevölkerung, das sich auf etwa 2 Millionen Einwohner bei knapp 1 Million Eheschließungen im Jahr beläuft. Das entspricht einem Bedarf an etwa 600.000 Wohneinheiten im Jahr – vor allem für die Bezieher geringer und mittlerer Einkommen.

Gleichwohl geht das Angebot an Wohnraum am Bedarf vorbei. Denn laut Zahlen des Statistikamtes CAPMAS aus dem Jahr 2017 erreichen nur 14 Prozent der Haushalte ein monatliches Einkommen von 2.050 Euro oder mehr. Für sie existiert ein Überangebot an Wohnungen, das sich vor allem an die Oberklasse richtet. Hingegen müssen 51 Prozent mit 125 bis 450 Euro monatlich wirtschaften.

Grund für diese Diskrepanz ist, dass der Staat als mit Abstand größter Grundeigentümer im Land kraft seines Quasi-Monopols Grundstücke zu hohen Preisen an Immobilienentwickler veräußert. Zur Steigerung der Margen fokussieren sich Immobilienentwickler auf das hochpreisige Segment. Dies führt zu einer Wohnungskrise, die sich durch das Entstehen von illegalen Wohnsiedlungen (ashwa’ijat) äußert - vor allem in Ballungsräumen wie Kairo. Die Hypothekenfinanzierung steckt in Ägypten noch in den Kinderschuhen. Viele Menschen im Land haben erst gar kein Bankkonto, weil die Banken allein für die Eröffnung hohe Einlagen fordern.

Auch bei neuen Büros liegt der Fokus auf dem Hochpreissegment

Bei den Büroflächen zeigt sich ein ähnliches Phänomen wie im Wohnbau. Hier entstehen vor allem in 6th of October City und Sheikh Zayed westlich von Kairo sowie in New Cairo östlich der Hauptstadt Büroräume im hochpreisigen Segment. Und auch hier liegt es zum Teil an den hohen Grundstückspreisen, die der Staat verlangt.

Laut einem Bericht von Mordor Intelligence rangieren die Büromieten im Großraum Kairo zwischen 200 und 335 US$ pro Quadratmeter im Jahr. Diese für ägyptische Verhältnisse hohen Preise verursachen vor allem für kleinere Unternehmen Platznot. Unter Verstoß gegen Bauplanungsvorschriften weichen solche Betriebe oft in Wohnhäuser aus, hauptsächlich Ärzte und Architekten, zuweilen aber auch kleine Textilfabriken.

Auch sind die Anforderungen für Wohnraumgenehmigungen geringer als die an gewerblich genutztem Raum. Hierfür verlangt das ägyptische Baugesetz unter anderem Parkplätze oder ab einer gewissen Gebäudehöhe eine Genehmigung der militärischen Luftabwehrbehörde. Die Preisexplosion der Büromieten wird am ehesten infolge des bereits jetzt absehbaren Überangebots gebremst werden.

Kein Rückgang der Nachfrage an Gewerbeflächen durch Digitalisierung

Die während der Coronapandemie veranlasste Verlagerung zur mobilen Arbeit haben die Arbeitgeber zu großen Teilen wieder rückgängig gemacht. Letzteres ist auf die in Ägypten ausgeprägte Präsenzkultur zurückzuführen. Ähnliches dürfte auch für Einzelhandelsflächen gelten. Zwar erlebt der E-Commerce einen Boom während der Coronakrise. Aber auch hier gilt, dass der digitale Handel dem stationären keine nennenswerten Marktanteile wegnehmen wird.

Denn die zahlreichen Einkaufszentren, die in den neuen Stadtvierteln östlich und westlich am Stadtrand von Kairo entstehen, sind mehr als nur Einkaufsflächen. Weil es nur wenige öffentliche Parks und - wegen der starken Fokussierung auf Autos - kaum Straßencafés oder andere öffentlichen Freizeiträume gibt, sind die Einkaufstempel vor allem soziale Begegnungsstätten und Orte der Freizeitgestaltung.

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