Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branchenanalyse | Ägypten | Bauwirtschaft

Große Pläne und große Herausforderungen in Ägyptens Bausektor

Neue Städte, Produktionsanlagen, Verkehrs- und Energieinfrastruktur: Die Vielfalt der Bauvorhaben in Ägypten ist groß. Die Gefahr der Überhitzung allerdings auch. (Stand: Februar 2025)

Von Marcus Knupp | Kairo

Ausblick der Bauwirtschaft in Ägypten

Bewertung:

  • Wohnbau muss weiter gesteigert werden aufgrund wachsender Bevölkerung.
  • Wegen der angespannten Haushaltslage werden vorerst kaum neue Projekte implementiert.
  • Entwicklung von Ras-Hekma an Ägyptens Mittelmeerküste mit Investitionen von 35 Milliarden US-Dollar wird starke Impulse für die gesamte Bauwirtschaft setzen.

Anmerkung: Einschätzung des Autors für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Die Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: April 2024

  • Hochbau: Marktlage und Marktentwicklung

    Rund 600.000 Wohnungen pro Jahr benötigt Ägypten, um den Bedarf der wachsenden Bevölkerung decken zu können. Auch die Nachfrage nach Flächen für Einzelhandel und Büros wächst.

    Das Ende der Devisenknappheit hat für viele Unternehmen 2024 eine Entspannung der wirtschaftlichen Lage gebracht. Ausstehende Zahlungen wurden nach der Freigabe des ägyptischen Pfundes in vielen Fällen ausgeglichen. Für Lieferanten steigt damit in der Tendenz die Sicherheit im ägyptischen Markt. Belastungen sind demgegenüber für einheimische Unternehmen durch die deutliche Abwertung der Währung entstanden. Importierte Baumaterialien haben sich verteuert.

    Stabilisierung der Baukonjunktur

    Die Zahl der fertiggestellten Wohneinheiten ging in den vergangenen Jahren zurück. Unsicherheiten mit Blick auf den Wechselkurs und ein hohes Zinsniveau haben Investoren verunsichert. Die Stabilisierung der gesamtwirtschaftlichen Lage und der massive Zustrom ausländischen Kapitals vor allem in großangelegte Immobilienprojekte haben die Perspektive 2024 verändert. Die reale Zunahme der Wertschöpfung in der Bauindustrie hat sich nach vorläufigen Angaben der ägyptischen Zentralbank im Finanzjahr 2023/24 auf 5,7 Prozent erhöht (Vorjahr: 5,2 Prozent). Sie liegt bei rund 10 Prozent des ägyptischen Bruttoinlandsproduktes (BIP).

    Hoher Anteil von Luxuswohnungen

    Mit einem Wachstum der Einwohnerzahl von jährlich 1,6 Prozent sorgt allein die demografische Entwicklung für einen stetig zunehmenden Bedarf an Wohnraum in Ägypten. Das Ministerium für Wohnungsbau, Versorgung und Urbanisierung geht von einem jährlich nötigem Zubau von 600.000 Wohneinheiten aus. Diese Rate wird aktuell nicht erreicht. Das spiegelt sich in steigenden Preisen für Mieten und Wohneigentum. Berechnungen der American Chamber of Commerce in Egypt (AmCham) zeigen eine Zunahme der durchschnittlichen Quadratmeterpreise im Großraum Kairo zum Stichtag 1. August 2024 zwischen 7 und 77 Prozent je nach Wohnlage.

    Die aus den 1960er Jahren stammende Klassifizierung von Wohnungen in Ägypten unterscheidet Wohneinheiten nach Größe und Ausstattung. Als "economic" werden Wohnungen mit bis zu drei Räumen und 90 Quadratmetern bezeichnet. "Medium housing" (average und above average) umfasst nach Angaben der Statistikbehörde CAPMAS Wohnungen mit einer Fläche von 100 bis 150 Quadratmetern. Als "luxurious" gelten Wohneinheiten mit besonderen Dienstleistungen, etwa in Gated Communities mit Sicherheitsdienst. Getrennt erfasst werden Wohneinheiten in größeren Investitionsprojekten, ohne dass eine genaue Zuordnung nach Größe oder Ausstattung erfolgt.

    Viele Wohnungen im oberen PreissegmentAnteil der fertiggestellten Wohneinheiten nach Kategorien in Prozent 2022/23
    Kategorie

    Anteil an Investitionen

    Anteil an der Zahl der Wohneinheiten

    Low Cost

    0,1

    0,3

    Economic

    29,5

    37,4

    Average

    13,5

    20,8

    Above Average

    4,3

    3,4

    Luxurious

    24,7

    13,3

    Investment

    27,8

    24,9

    Quelle: CAPMAS 2024

    Aus den Zahlen geht hervor, dass ein hoher Anteil der Investitionen in den Wohnungsbau in die oberen Kategorien fällt. Lediglich 38 Prozent der rund 240.000 im Jahr 2023 fertiggestellten Wohnungen entfielen auf die Kategorien economic und low cost. An anderer Stelle wird die Zahl von 47.107 Sozialwohnungen ausgewiesen; diese können außer in der Kategorie economic auch in investment housing enthalten sein. Insgesamt geht das Angebot an Wohnraum am Bedarf vorbei, was sich in den oberhalb der Inflationsrate steigenden Mieten zeigt. AmCham nennt für die Neubaugebiete 6th of October City und New Cairo Mietzunahmen von 42 und 43 Prozent im 1. Quartal 2024.

    Ein Grund für das Auseinanderklaffen von Angebot und Nachfrage ist der Umstand, dass der Staat der mit Abstand größte Grundeigentümer im Land ist und kraft seines Quasi-Monopols Grundstücke zu hohen Preisen an Immobilienentwickler veräußert. Zur Steigerung der Margen fokussieren sich Immobilienentwickler auf das hochpreisige Segment. Dies führt zu einer Wohnungskrise, die sich durch das Entstehen von illegalen Wohnsiedlungen (ashwa’ijat) äußert - vor allem in Ballungsräumen wie Kairo.

    Neue Büros entstehen vor allem in neuen Städten

    Der Großraum Kairo ist der mit Abstand wichtigste Bürostandort in Ägypten. Mit der Verlagerung von Ministerien und Regierungsinstitutionen in die neue Verwaltungshauptstadt östlich von Kairo und der gezielten Ansiedlung von Gewerbe in den neu geplanten Städten wie 6th of October City und Sheikh Zayed westlich von Kairo sowie in New Cairo östlich der Hauptstadt entstehen hier Büroräume im hochpreisigen Segment. Gleichzeitig ergeben sich im Stadtzentrum mit dem Wegzug von Unternehmen und Institutionen neue Nutzungspotenziale.

    Nach Schätzungen des Immobilienunternehmens JLL sind im Großraum Kairo 2024 circa 600.000 Quadratmeter hochwertige Büroflächen zusätzlich auf den Markt gekommen. Gleichzeitig zeigt sich ein Trend zu kleineren Flächen, was auch im Zusammenhang mit der Abwertung des ägyptischen Pfundes im März 2024 steht. Denn oft werden Mieten im oberen Segment in US-Dollar oder Euro berechnet, was den Preis in ägyptischen Pfund erheblich erhöht hat. Im Jahr 2023 lag der durchschnittliche Quadratmeterpreis laut JLL bei 361 US$.

    Gewerbeflächen: Chancen durch Produktionsansiedlung 

    Mit dem Ziel, das produzierende Gewerbe auszubauen, hat Ägypten in den letzten Jahren das Angebot an Industrie- und Gewerbezonen vergrößert. Die Stabilisierung der Währung und Beilegung der Devisenknappheit hat 2024 zu einer Verbesserung des Investitionsklimas beigetragen. In Folge haben sich Investitionsankündigungen aus dem In- und Ausland verdichtet. Branchen wie die Automobil- oder die Textilindustrie planen, Montagewerke und Fertigungsanlagen nach Ägypten zu verlagern. Es wird sich nun zeigen müssen, inwiefern den Ankündigungen Taten folgen.

    Mit der steigenden Zahl von Bewohnern wächst in den neuen Stadtteilen östlich und westlich von Kairo oder im Umland von Alexandria auch der Bedarf an Dienstleitungen und Einkaufsgelegenheiten. Diese finden sich in den Neubaugebieten vor allem in modernen Einkaufszentren. Dazu gehören auch Gastronomie und Freizeiteinrichtungen. Denn weil es nur wenige öffentliche Parks und - wegen der starken Fokussierung auf Autos - kaum Straßencafés oder andere öffentliche Freizeiträume gibt, sind die Einkaufstempel auch soziale Begegnungsstätten und Orte der Freizeitgestaltung.

    Von Marcus Knupp | Kairo

  • Hochbau: Nachhaltiges Bauen und Energieeffizienz

    Energieeffizientes Bauen steht in Ägypten noch am Anfang. Ein vereinfachtes Zertifizierungssystem kann bei der Umsetzung in mehr Projekten helfen.

    Wohngebäude sind der mit Abstand größte Stromverbraucher in Ägypten. Nach Angaben der Egyptian Electricity Holding Company für das Finanzjahr 2022/2023 stand dieser Bereich für 46 Prozent der gesamten verkauften Elektrizität. Damit besitzt er auch ein überragendes Einsparpotenzial. Ein erheblicher Teil des Verbrauchs geht auf den Einsatz von Klimaanlagen zurück. Mit heißeren und längeren Sommern im Zuge des globalen Klimawandels wird dieser Aspekt tendenziell weiter an Bedeutung gewinnen. Große Neubauprojekte geben Gelegenheit, die Energieeffizienz zu verbessern.

    Vor- und Nachteile der bestehenden Gebäudestruktur

    Fast die gesamte Bevölkerung Ägyptens konzentriert sich in den traditionellen Siedlungsräumen des Niltals und des Nildeltas. Abgesehen von einige Oasen kann nur dort Landwirtschaft ohne erheblichen Aufwand für künstliche Bewässerung betrieben werden. Das Land wird entsprechend intensiv genutzt. Dörfer und Städte sind in der Regel sehr dicht gebaut, um möglichst wenig der wertvollen Anbaufläche zu verlieren. Es dominiert daher eine kompakte Bauweise, in den Städten fast ausschließlich im Geschosswohnungsbau.

    Allerdings ist ein beträchtlicher Teil der Wohngebäude in informeller Weise errichtet, und wird zum Teil nach und nach um Stockwerke erweitert, wenn Geld zur Verfügung steht. Diese Gebäude sind technisch sehr einfach gebaut, etwa was Beleuchtung oder Wasserversorgung angeht. Aufgrund der in der Vergangenheit erheblichen Subventionen auf den Energiepreis bestand wenig Anreiz zu energieeffizientem Bauen. Auch fehlt meistens das Bewusstsein und das Wissen hierzu. Fortschritte lassen sich eventuell mittelfristig durch den Ersatz von Geräten (Klimaanlagen) oder den Einbau von Verbrauchsreglern (Smart Meter) erreichen.

    Anders sieht es bei den Gebäuden in den neu geplanten Entlastungsstädten wie New Cairo aus. Sie werden komplett in der Wüste errichtet. Da die Nutzungskonkurrenz mit der Landwirtschaft keine Rolle spielt, ist der Anteil von Villen und Einfamilienhäusern hier größer. Auch Geschosswohnungen weisen oft größere Flächen auf. Die Immobilienpreise liegen hier höher als in den meisten Vierteln des alten Kairo. Effizienzkriterien können bei den Neubauten von Beginn an berücksichtigt werden. Höhere Investitionen in die Bauausführung oder die Ausstattung können eher im Miet- oder Verkaufspreis abgebildet werden.

    Welche Zertifizierung passt?

    Um einen höheren Preis beim Verkauf oder der Vermietung zu erzielen, kann es hilfreich sein, das Gebäude nach einem anerkannten Standard als energieeffizient zertifizieren zu lassen. International gibt es eine Vielzahl von Zertifikaten, die sich an den Bedingungen im jeweiligen Herkunftsland orientieren und in der Zahl der betrachteten Variablen sowie ihrer Gewichtung voneinander abweichen. Verbreitet sind etwa der britische Standard BREEAM, der US-amerikanische Standard LEED oder EDGE von der Weltbank-Gruppe. Verpflichtend ist eine Zertifizierung nicht.

    Ägypten hat sich 2005 den ersten Building Energy Efficiency Code (ECP 306-2005) gegeben. Formuliert hat ihn das Egyptian Housing and Building National Research Center (HBRC). Auf Basis von LEED hat das HBRC dann bis 2011 das Green Pyramid Rating System (GPRS) entwickelt. Einen alternativen Standard für nachhaltiges Bauen hat das Egypt Green Building Council (EGBC) entworfen. Das Tarsheed genannte Regelwerk orientiert sich am Standard EDGE und betrachtet mit den Kategorien Wasser, Energie und Gebäudequalität lediglich drei Bereiche. Gefordert wird dann jeweils eine Verbesserung um mindestens 20 Prozent gegenüber von Basiswerten.

    Während nach den von EDGE publizierten Zahlen die Standards LEED und EDGE in Ägypten bisher am meisten verwendet worden sind, zeigt die Aufstellung außerdem, dass diese Zertifizierungen sich ausschließlich auf Gewerbebauten beschränken. GPRS und Tarsheed wurden dagegen zumindest zu einem geringen Prozentsatz auch bereits auf Wohngebäude angewendet. Unabhängige Untersuchungen weisen darauf hin, dass Inhalte zum nachhaltigen Bauen erst langsam in die Lehrpläne der Universitäten Eingang finden und viele der aktiven Architekten nur Teilkenntnisse in diesem Bereich aufweisen. Ein weniger umfangreicher Standard wie Tarsheed könnte hier die Anwendung schneller ausweiten.

    Wenig Geld für Förderung

    Es gibt keine direkten Förderprogramme für nachhaltiges Bauen in Ägypten. Speziell im Energiebereich sind aber einzelne Regelungen anwendbar, die zu einer Verbesserung der Gebäudebilanz führen können. Dies sind etwa ein Tarif zur Einspeisung von aus Abfällen erzeugter Elektrizität oder die 2023 erweiterten Möglichkeiten zum Einsatz kleiner Solaranlagen und deren Anschluss an das nationale Stromnetz.

    Auch ägyptische Banken haben nach Angaben von EDGE bisher keine speziellen Finanzierungsprodukte für nachhaltiges Bauen im Angebot. Wohl aber besteht über einzelne lokale Banken die Möglichkeit, auf geförderte Finanzierungen internationaler Institutionen zuzugreifen. Genannt werden hier die Green Economy Finance Facility des Green Climate Fund (GCF) und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) sowie der Market Accelerator for Green Construction (MAGC) der International Finance Corporation (Weltbank-Gruppe).

    Von Marcus Knupp | Kairo

  • Hochbau: Marktchancen für deutsche Produkte und Dienstleistungen

    Mit dem Abbau von Subventionen auf Strompreise rückt Energieeffizienz im Bau stärker in den Fokus. Know-how für innovative Stadtplanung bleibt gefragt.

    Deutsche Architektur- und Planungsbüros sowie Consultants sind im ägyptischen Markt bereits aktiv und erfolgreich. Auch im Rahmen der deutschen und europäischen Entwicklungszusammenarbeit widmen sich zahlreiche Berater einzelnen Segmenten und können in Bedarfsfällen als Ansprechpartner fungieren.

    Im Wohnungsbau für mittlere Einkommensschichten herrscht ein intensiver Wettbewerb beim Design. Bauunternehmen versuchen sich durch eine ansprechende Gestaltung von Wettbewerbern abzugrenzen. Landschaftsplanung spielt eine wichtige Rolle bei Wohn- und Ferienanlagen.

    Das Ministry of Housing setzt auf die gemeinsame Umsetzung von Projekten mit privaten Unternehmen. Dies geschieht über die dem Ministerium untergeordnete New Urban Communities Authority (NUCA). Beim Städtebau veräußert die NUCA die Grundstücke an Immobilienentwickler, die diese Grundstücke mit Wohn- und Gewerbeeinheiten bebauen und bereits während der Bauphase verkaufen.

    Subventionsabbau für Strom erfordert Energieeffizienz

    Bei den Subventionen für Strom, Kraftstoffe und Wasser stehen die Zeichen auf mehr Kostendeckung. Seit 2014 hat sich die Regierung dieses unpopulären Themas angenommen und fährt die Ausgaben zurück. Die Debatten um das Wohl der Umwelt erreichen zwar immer mehr Teile der Bevölkerung. Vor allem aber sorgen spürbar steigende Preise für eine intensivere Auseinandersetzung, beispielsweise mit dem Stromverbrauch von Anlagen und Geräten oder der Integration von Solarlösungen. 

    Das Thema Energieeffizienz dürfte daher in der Bauwirtschaft eine wachsende Rolle spielen. Dies gilt insbesondere für Neubauten der gehobenen bis Luxuskategorie, sei es in Wohnanlagen, bei Büro- und Geschäftsbauten oder im Tourismussektor. Auch der öffentliche Sektor öffnet sich mit seinem Baubestand und seiner Bautätigkeit verstärkt dem Thema. Die NUCA als wichtiger Motor des ägyptischen Städtebaus integriert zunehmend Solarenergielösungen in ihre Pläne und setzt auf mehr Nachhaltigkeit. Trotz dieser Fortschritte sind die als Green Code bezeichneten Regeln über Energieeffizienz im Gebäudebau noch nicht verpflichtend.

    Städtebau in der Wüste verlangt anspruchsvolle Lösungen

    Nachhaltige Architektur und Stadtentwicklung sowie die Planung von Städten gehören zu den interessanten Arbeitssegmenten in Ägypten. Da die neuen urbanen Gebiete fast ausschließlich jenseits der bestehenden Siedlungsflächen im Niltal und Nildelta in den umliegenden Wüsten liegen, sind ganzheitliche Ansätze für Wüstenumgebungen gefragt. Das bietet Potenzial für alternative Energieprojekte, innovative Landschaftsgestaltung oder ressourcenschonende Landwirtschaft. Das gilt im Rahmen der neuen Hauptstadt beispielsweise auch für Kairo. Der Bau in der Wüste stellt zudem besondere Anforderungen an Materialien.

    Wenn es um fortschrittliche Technik gerade für die neuen Planstädte geht, haben ausländische Anbieter gute Karten. Moderne Lösungen sollen zum Beispiel bei der Verkehrs- und Kommunikationstechnik und in der Energieversorgung genutzt werden. Großer Beliebtheit erfreuen sich deutsche Anbieter im Bereich der Überwachungstechnologie. Ansonsten gilt im ägyptischen Markt, der auch im Bauwesen ein Preismarkt ist, die folgende Formel: Gesucht wird keine gute Qualität, sondern Qualität, die gut genug ist. 

    Industrieparks und Tourismus weiterhin wichtig

    Da das Industrieministerium zunehmend auf Industriezonen setzt, sind die Planung, der Bau und der Betrieb von Industrieparks bedeutende Aktionsfelder geworden. In den kommenden Jahren sollen weitere Gebiete erschlossen werden, deshalb dürfte dieser Tätigkeitsbereich im Fokus bleiben.

    Chancen bieten sich für deutsche Unternehmen bei der Planung, aber auch bei der Ausführung im Anlagenbau. Dämmungstechnik und Gerüstbau sind Beispiele für Letzteres.

    Im Tourismus gewinnen Solarwärmeanlagen für das Heizen von Pools, für Wäschereien und sonstigen Wasserheizungsbedarf in Hotels an Bedeutung. Effiziente Beleuchtungssysteme spielen sowohl bei privaten Vorhaben als auch im öffentlichen Raum und in öffentlichen Gebäuden eine wachsende Rolle.

    Von Marcus Knupp | Kairo

  • Hochbau: Projekte

    Megaprojekte wie die neue Hauptstadt oder Ras El-Hekma am Mittelmeer ziehen die größte Aufmerksamkeit auf sich. Daneben gibt es viele kleinere Vorhaben.

    Die immer noch rasch steigende Bevölkerungszahl und die weitgehend ausgeschöpfte Aufnahmefähigkeit der traditionellen Siedlungsgebiete im Niltal und Nildelta zwingen Ägypten zur Suche nach Alternativen. Die umliegenden Wüsten bieten ein großes Flächenpotenzial. Die Küsten am Mittelmeer und am Roten Meer spielen für den Tourismus, aber auch für die Logistik und damit die Industrieansiedlung eine wichtige Rolle.

    Planstädte verändern die Siedlungsstruktur

    Bereits seit der zweiten Hälfte der 1970er Jahre verfolgt Ägypten die Strategie, komplett neue Städte in der Wüste anzulegen. Fokus war zunächst die Ansiedlung von Industrie und der dort beschäftigten Bevölkerung. Die für die Umsetzung geschaffene New Urban Communities Authority (NUCA) begann zunächst im Umfeld von Kairo neue Planstädte zu entwickeln. Beispiele sind 10th of Ramadan City nordöstlich der Hauptstadt oder 6th of October City im Westen. Es folgten neue Städte der zweiten Generation wie Sheikh Zayed ebenfalls westlich und solche der dritten Generation wie New Cairo östlich von Kairo. In kleinerem Maßstab wiederholt sich das Muster auch in vielen Städten entlang des Niltals.

    Mittlerweile plant und baut die NUCA weitere 20 Städte der vierten Generation für insgesamt 30 Millionen Einwohner. Die beiden wichtigsten sind die neue Verwaltungshauptstadt wiederum östlich von New Cairo und New El Alamain westlich von Alexandria. Ebenso entstehen westlich des Suezkanals New Galala City oder New Mansoura am Mittelmeer. Mit dem von Abu Dhabi finanzierten 24-Milliarden-Dollar-Stadtprojekt Ras El-Hekma erhält die Mittelmeerküste zusätzliche Aufmerksamkeit. Insgesamt soll der Anteil der besiedelten Fläche Ägyptens von gegenwärtig rund 6 Prozent bis zum Jahr 2050 auf 14 Prozent steigen.

    Die Wohnungen in sämtlichen neuen Städten verkaufen sich zwar gut, jedoch ziehen nur wenige Käufer tatsächlich dort ein. In der Folge schaffen es die neuen Städte sämtlicher Generationen im Durchschnitt auf eine Belegungsquote von gerade einmal 30 Prozent. In diesem Zusammenhang ist häufig von Geisterstädten die Rede. Einige Beobachter gehen daher von einer entstehenden Immobilienblase aus. Dagegen sprechen aber der geringe Anteil an Hypothekenfinanzierung und die Tatsache, dass Immobilien in Krisenzeiten gefragte Geldanlagen darstellen.

    Neue Hauptstadt und New Cairo ergänzen die Metropole

    New Cairo liegt rund 30, die neue Verwaltungshauptstadt etwa 60 Kilometer östlich von Kairo. Beide sollen die Metropole am Nil entlasten. Während sich New Cairo mehr und mehr füllt, steht die neue Hauptstadt erst am Ende der ersten Ausbauphase. Mit dem Umzug der Spitzen der Ministerien bis Ende 2023 hat die Verlagerung der Regierung begonnen. Nach der ägyptischen Zentralbank und der Börse sind nach Angaben des American Chamber of Commerce in Egypt mittlerweile auch die Hauptverwaltungen von 18 der 38 kommerziellen Banken des Landes in die neue Hauptstadt umgezogen. Hinzu kommen fünf internationale Universitäten.

    Die Entwicklung liegt in den Händen der Projektgesellschaft Administrative Capital for Urban Development (ACUD), einer Partnerschaft der NUCA und des ägyptischen Militärs. Im Vergleich zum Umzug der öffentlichen Einrichtungen verläuft die Ansiedlung von Privatpersonen noch schleppend. Bis Juni 2024 waren nach Angaben von ACUD rund 1.000 Familien in die neue Hauptstadt umgezogen und über 34.000 Wohnungen fertiggestellt. In den kommenden drei Jahren soll die Zahl der Einwohner auf eine Million anwachsen.

    Bei den Hauptaufträgen dominieren große staatliche und private ägyptische Bauunternehmen das Bild - sowie die China State Construction Engineering Company und die China Fortune Land Development Company, die mit chinesischen Krediten das Geschäftsviertel und dessen Wolkenkratzer bauen. Im zweitgrößten ägyptischen Ballungsraum entsteht in der Nähe von Alexandria mit New El Alamein und Investitionen in Milliardenhöhe eine weitere Entlastungsstadt. Auch hier bauen chinesische Firmen die Hochhäuser im Geschäftsbezirk.

    Wirtschaftszone Suezkanal kann Investitionen sichern

    Das größte laufende Industrieprojekt ist die Suez Canal Economic Zone (SCEZ). Diese erstreckt sich auf einer Fläche von 460 Quadratkilometern entlang des Suezkanals und besteht aus vier Industriezonen sowie sechs Häfen. In der SCEZ soll durch den Ausbau der logistischen Infrastruktur (hier vor allem Häfen und Transport) das geografische Potenzial Ägyptens als Brücke zwischen Europa und Asien besser genutzt werden. Ziel ist es, exportstarke Branchen mit hoher Wertschöpfung anzusiedeln.

    War das Interesse internationaler Unternehmen bisher verhalten, so wirkt sich das verbesserte Investitionsklima derzeit positiv aus. Seit 2024 haben vermehrt Firmen der Metall-, Textil- oder Nahrungsmittelbranche angekündigt, Produktionsanlagen in der SCEZ aufbauen zu wollen. Gegenüber der Zeitung Al-Ahram bezifferte der Geschäftsführer der Sonderwirtschaftszone, Walid Gamal El-Din, im Februar 2025 die gesamten vorliegenden Investitionszusagen auf 1,7 Milliarden US-Dollar (US$).

    Tourismus steht vor Erweiterungen

    Ägyptens Tourismus hat den Krieg in Gaza erstaunlich gut verkraftet. Wie bereits 2023 stieg die Zahl der Besucher 2024 abermals an. Nach 14,9 Millionen besuchten im vergangenen Jahr 15,7 Millionen Touristen das Land am Nil. Laut der nationalen Tourismusstrategie soll die Besucherzahl schon 2028 bei 30 Millionen liegen. Um dieses Ziel zu erreichen, plant die Regierung in den kommenden Jahren 250.000 neue Hotelzimmer zu schaffen. Zahlreichen Großprojekten am Roten wie am Mittelmeer, etwa dem schon erwähnten Vorhaben der Stadt Ras El-Hekma, kommt dabei eine besondere Rolle zu. Der Bau eines vierten Terminals soll die Kapazität des Flughafens Kairo um mindestens 30 Millionen Passagiere pro Jahr erhöhen. Eine Erweiterung um zusätzlich 10 Millionen ist in den Plänen vorgesehen.

    Ausgewählte Großprojekte im ägyptischen Wohnungs- und WirtschaftsbauInvestitionssumme in Milliarden US-Dollar

    Vorhaben

    Investitionssumme 

    Projektstand

    Projektträger und Details
    Ras El-Hekma City 

    23,9

    Angebotsbeurteilung The General Authority for Investment and Free Zones (GAFI)
    MoHUUC- South Med North Coast 

    21,0

    DesignphaseTalaat Moustafa Group  Ministry of Housing, Utilities and Urban Communities
    NOOR Capital Gardens in New Administrative Capital 

    9,6

    DurchführungsphaseNew Urban Communities Authority, Talaat Moustafa Group
    Alamein Petrochemischer Komplex

    8,5

    Studienphase

    Egyptian Petrochemicals Holding (ECHEM)

    Ölraffinerie und Herstellung petrochemischer Produkte

    SCZONE - Kaliumchlorid Produktionsanlage 

    8,0

    StudienphaseSuez Canal Economic Zone
    Mostakbal City Mischungsnutzung  Development 

    7,0

    StudienphaseMIDAR
    Suez Ölraffination und Petrochemie Komplex

    4,9

    DurchführungsphaseMinistry of Petroleum
    Aliva Residential Compound 

    4,5

    DesignphaseMountain View Egypt
    Medizinstadt - Mischnutzungsprojekt

    2,7

    StudienphaseTalaat Moustafa Group, Madinaty City Mixed-Use Development
    Quelle: MEED Projects, Februar 2025

    Weitere Informationen zu Projekten finden Sie in der GTAI-Datenbank "Entwicklungsprojekte".

    Von Marcus Knupp | Kairo

  • Tiefbau: Marktlage und Marktentwicklung

    Ägypten will seine Rolle als Produktionsstandort und Logistikhub stärken. Das bedingt den zielstrebigen Ausbau der Transport- und Energieinfrastruktur.

    Die geografische Lage Ägyptens schafft einzigartige Potenziale, stellt das Land aber auch vor besondere Herausforderungen. Die Rolle als Scharnier zwischen Asien, Afrika und Europa kann Ägypten nur wahrnehmen, wenn entsprechende Infrastruktur den Austausch ermöglicht. Neben dem Suezkanal gehören dazu Häfen, Logistikzentren, Straßen- und Bahninfrastrukturen. Zugleich gehört Ägypten zu den trockensten Ländern der Erde. Eine nachhaltig gesicherte Wasserversorgung hat daher oberste Priorität. Der Nil als Hauptwasserquelle des Landes begrenzt die landwirtschaftlich nutzbare Fläche.

    Der in der Folge im Wesentlichen auf das Niltal und Nildelta sowie einige Küstenabschnitte beschränkte Siedlungsraum erleichtert andererseits die Erschließung, die hier weitgehend linear erfolgen kann. Autobahnen und Eisenbahntrassen lassen sich parallel zu den Siedlungsflächen in der Wüste anlegen. Dort entstehen auch Entlastungsstädte und Gewerbezonen, die sich so gut anbinden lassen. Die Wüstengebiete bieten darüber hinaus hervorragende Bedingungen zur Nutzung erneuerbarer Energien.

    Nutzung des Potenzials kostet Geld

    Das alles ist aber nicht umsonst zu haben. Der Infrastructure Outlook der G20-Initiative schätzte 2015 die Kosten für den notwendigen Ausbau der Infrastruktur im Zeitraum 2016 bis 2040 auf rund 675 Milliarden US-Dollar (US$). Diesen Betrag kann die ägyptische Regierung nicht alleine aufbringen. Sie setzt daher ergänzend auf die Privatwirtschaft, etwa in Form von öffentlich-privaten Partnerschaften. 

    Hier ergeben sich zum Teil Zielkonflikte: Damit sich für ein Privatunternehmen etwa der Betrieb einer Wasseraufbereitungsanlage oder einer Bahnstrecke lohnt, müssen die gegenwärtig noch subventionierten Nutzungsgebühren und Tarife stark angehoben werden. Andernfalls wäre der Betrieb wirtschaftlich nicht profitabel.

    Nach mehreren tiefgreifenden Subventionskürzungen und angesichts der immer noch hohen Inflation stellen Preiserhöhungen öffentlicher Dienstleistungen die Entscheider vor schwierige Abwägungen. Eine kostendeckende Querfinanzierung durch Steuern scheitert am geringen Aufkommen. Eine stärkere Orientierung der Nutzergebühren an den tatsächlichen Kosten erfolgt aus sozialpolitischen Gründen eher behutsam. 

    Für das Finanzjahr 2024/25 hat die Regierung zudem den Gesamtbetrag öffentlicher Investitionen auf 1 Billionen Ägyptische Pfund (umgerechnet 19,3 Milliarden Euro) gedeckelt. Diese Maßnahme steht im Zusammenhang mit den Forderungen des Internationalen Währungsfonds (IWF), die öffentlichen Ausgaben insgesamt zu begrenzen.

    Schrittweise Umsetzung statt Paukenschlag

    In diesem finanziellen und regulatorischen Umfeld erfolgt die Umsetzung von Großprojekten graduell, Schritt für Schritt, und nicht selten mit Verzögerungen. Das Metrosystem von Cairo wächst beispielsweise Linie für Linie, Abschnitt für Abschnitt - im Kontrast zur saudischen Hauptstadt Riad, wo von Dezember 2024 bis Januar 2025 gleich sechs Linien eröffnet wurden. Aber es wächst. Und auch wenn die in verschiedenen Phasen geplanten Teilsysteme unterschiedlichen technischen Standards folgen - Vorortbahn, U-Bahn, Light Rail, Monorail - am Ende wird die Transportkapazität verbessert.

    Der Bahnsektor ist mit den Metronetzen und den geplanten Hochgeschwindigkeitsstrecken derzeit der Investitionsschwerpunkt der Regierung. Aber auch im Straßenbau sind Veränderungen sichtbar. Im Rahmen des National Road Projects 2014-2024 wurden etwa 9,7 Milliarden US$ Investitionen eingeplant. Von geplanten 7.000 Kilometern Neubau wurden bis Juni 2024 circa 6.300 Kilometer verwirklicht, von 10.000 Kilometern Ausbau 8.400 Kilometer umgesetzt. Der Africa Infrastructure Index der African Development Bank bescheinigt Ägyptens Infrastruktur mit 91,43 von 100 im Jahr 2024 ein im kontinentalen Vergleich sehr gutes Niveau.

    Herausforderung in der Koordination

    Fast alle Haushalte sind an das nationale Elektrizitätsnetz angeschlossen. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) hat sich der Verbrauch pro Kopf zwischen dem Jahr 2000 und 2022 um 54 Prozent erhöht. Die gesamte Erzeugung stieg im selben Zeitraum um 167 Prozent auf rund 209.000 Gigawattstunden, vor allem durch zusätzliche Gaskraftwerke.

    Mit dem Ausbau erneuerbarer Energiequellen können zwar zusätzliche Ressourcen erschlossen werden. Der Anschluss der neuen Solar- und Windkraftwerke stellt das ohnehin teilweise veraltete Übertragungsnetz jedoch vor erhebliche Probleme. Hier sind weitere Investitionen notwendig.

    Mit dem Ziel, Ägyptens Rolle als Produktionsstandort zu vergrößern, ist die Koordination der einzelnen Planungen immer wichtiger. Industrieparks in den neuen Städten und in der Suezkanal-Zone brauchen nicht nur Häfen, Straßen- und Bahnanschlüsse, sondern auch eine zuverlässige Energie- und Wasserversorgung. 

    Wasser ist Engpassfaktor

    Schon heute leidet Ägypten mit einem Wasserangebot von 570 Kubikmeter pro Person und Jahr unter Wasserknappheit. Mit der Auffüllung des Grand Ethiopian Renaissance Dam (GERD), dem Bevölkerungswachstum und dem Klimawandel wird sich dieser Mangel weiter verschärfen. Zusätzlicher Druck geht von der fortschreitenden Urbarmachung der westlichen Wüste sowie der Industrialisierung des Gebiets um den Suezkanal aus.

    Der längste Hebel für Wassereinsparungen liegt in der Landwirtschaft. Deren Anteil am Gesamtverbrauch beträgt 80 Prozent. Neben der Einführung effizienterer Bewässerungsmethoden setzen ägyptische Planer auf die Wiederverwertung landwirtschaftlichen Drainagewassers.

    Dazu sollen mit dem Bau von Wasserentsalzungsanlagen an den ägyptischen Küsten neue Wasserquellen erschlossen werden. Zu den Nachteilen von Wasserentsalzung zählt der sehr energieintensive Prozess. Aber auch hier gibt es Lösungen, die auf Solarenergie setzen.

    Von Marcus Knupp | Kairo

  • Tiefbau: Marktchancen für deutsche Unternehmen

    In Ägypten bietet der technisch anspruchsvolle Tiefbau Geschäftschancen für deutsche Anbieter.

    Die dynamische Entwicklung der Solar- und Windenergie eröffnet etwa Marktchancen für deutsche Planungsunternehmen und Ausrüstungslieferanten. Fotovoltaikanlagen entstehen in verschiedenen Größenordnungen. Beispielsweise errichtete das deutsche Unternehmen ib vogt im Solarpark Benban drei Anlagen mit einer Kapazitätsspitze von insgesamt 166,5 Megawatt auf der Basis eines EPC-Auftrages (Engineering, Procurement and Construction). Gleichzeitig ist es auch für den Betrieb und die Instandsetzung der Anlagen verantwortlich.

    Beratungsleistungen als Betätigungsfeld

    Machbarkeitsstudien für Projekte sind ein weiterer Sektor mit Nachfrage. Verstärkt kommt auch die Durchführung von Umweltverträglichkeitsuntersuchungen hinzu und das Verfassen entsprechender Studien. Insbesondere, wenn internationale Geldgeber bei Projekten einbezogen werden, gehören diese Themen in der Regel zu den erforderlichen Bestandteilen. Großprojekte eröffnen zumeist Chancen in einer Vielzahl von Subsektoren. So war beim Bau der Tunnel unter dem Suezkanal ein deutsches Architekturbüro mit der Bauaufsicht betraut.

    Deutsche Anbieter sind bei Bahntechnik ausdrücklich erwünscht

    Die massiven Investitionen in die Bahninfrastruktur bieten Chancen für deutsche Anbieter, sich auch hier zu positionieren. Neue Strecken, die Sanierung alter Bahntrassen und die Erneuerung von Signaltechnik sind Beispiele für laufende Aktivitäten. Dabei wünschen sich offizielle ägyptische Stellen, dass sich auf Ausschreibungen im Bahnsektor vor allem deutsche Unternehmen bewerben.

    Gute Chancen in den Bereichen Wasser und Abfall

    Der Bereich Wasser, in dem Deutschland traditionell gut aufgestellt ist, wird auch künftig vielfältige Chancen eröffnen – von der Planung und Realisierung von Klär- und Wasserwerken bis zur Verbesserung der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung in der Deltaregion und in Oberägypten. Weiteren Bedarf hat Ägypten an Untersuchungen zur Nutzung von Grundwasservorkommen und für die Planung neuer Bewässerungsnetze sowie im Bereich der landwirtschaftlichen Bewässerung mit Ertragsoptimierung und bei Themen der Wassereffizienz.

    Die lokale Produktion besteht aus einfacheren Maschinen und Anlagen. Deutsche Erzeugnisse genießen einen guten Ruf. Die AHK Ägypten sieht beste Chancen für Exporteure von technisch hochwertigen Turbinen, Armaturen, Pumpen und Steuerungen, aber auch Gutachter- und Beratungsleistungen sind demnach gefragt. Starke Konkurrenz im Wassersektor kommt vor allem aus Spanien und Italien.

    Die Kompetenzen Deutschlands bei Strategien, Technik und der Finanzierung von Abfallsystemen genießen eine außergewöhnlich hohe Wertschätzung in Ägypten. Ein besondere Aufmerksamkeit erhält dabei die Gewinnung von Strom und Wärme aus Müll sowie die moderne Deponierung von Reststoffen.

    Chinesische Anbieter bringen Finanzierung mit

    Auch in Ägypten ist die steigende Präsenz chinesischer Unternehmen bei der Umsetzung von Infrastrukturprojekten spürbar. Daraus erwächst deutschen und anderen etablierten Anbietern neue Konkurrenz. Chinesische Anbieter bringen zudem oft Finanzierungslösungen für Projekte mit. Dieses Argument überzeugt insbesondere in Ländern wie Ägypten mit knappen Investitionsbudgets. Im Fokus des chinesischen Interesses steht der Infrastrukturbereich mit den Schwerpunkten Energie und Verkehrswege. Der ägyptischen Seite kommt entgegen, dass sich eine Verhandlungsalternative zu europäischen und US-amerikanischen Anbietern auftut.

    Von Marcus Knupp | Kairo

  • Tiefbau: Projekte

    Bahnprojekte stehen weiter ganz oben auf der Agenda beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in Ägypten.

    Ein Netzwerk von Hochgeschwindigkeitsstrecken, neue Metrolinien, verbesserte Schnellstraßen, der Ausbau von Häfen und Flughäfen, Logistikzentren und Dry Ports: In den vergangenen zehn Jahren sind über 41 Milliarden US-Dollar (US$) in die ägyptische Transportinfrastruktur geflossen. Bis 2030 sind weitere 32 Milliarden US$ in der Pipeline, erwartet die American Chamber of Commerce in Egypt. Die großen Felder Energie und Wasser sind darin noch gar nicht enthalten. Die Erneuerbare-Energien-Agentur IRENA schätzt allein den Bedarf an Solar- und Windkraftanlagen bis 2030 auf 2,5 Milliarden bis 6 Milliarden US$ jährlich.

    Nächste Phase des Schnellbahnnetzes

    Die erste Phase des Hochgeschwindigkeitsnetzes der ägyptischen Eisenbahn auf der 660 Kilometer langen Strecke zwischen Marsa Matruh am Mittelmeer über Alexandria und Kairo nach Ain-Sokhna am Roten Meer befindet sich im Bau (Hauptauftragnehmer ist Siemens). Bei der Phase 2, der 1.100 Kilometer langen Strecke entlang des Niltals von Kairo nach Assuan und Abu Simbel, kommt es dagegen derzeit zu Verzögerungen in Details der Finanzierung. Die Auslieferung der ersten Züge für die West-Ost-Strecke stockt derweil, da die Depots noch nicht fertig sind.

    Arbeiten an den Trassen gehen unterdessen weiter. Im Juni 2024 wurde die Projektleitung für die 2. und 3. Strecke an ein Konsortium der französischen Unternehmen Egis und Systra vergeben. Das ausführende Konsortium steht auch hier unter der Leitung von Siemens. Die 225 Kilometer lange dritte Strecke verbindet den Tourismusort Hurghada am Roten Meer mit Luxor am Nil.

    Die Weltbank hat unterdessen 400 Millionen US$ für die Finanzierung einer Güterstrecke von Alexandria zum Trockenhafen der Industriestadt 6th of October City zugesagt. Ab 2030 sollen täglich 15 Containerzüge die Verbindung der westlich von Kairo gelegenen neuen Stadt mit dem Mittelmeer herstellen.

    Nahverkehr rund um Kairo wächst

    Zur Erschließung der Entlastungsstädte für den Personennahverkehr werden in New Cairo (East of Nile, 54 Kilometer) und 6th of October City (West of Nile, 43 Kilometer) Monorailbahnen gebaut. Eine offizielle Teileröffnung ist zwar im Oktober 2024 erfolgt, der Regelbetrieb ist aber noch nicht aufgenommen worden. Die Bauarbeiten an weiteren Abschnitten gehen weiter. Die aufgeständerten Fahrwege können hier in vergleichsweise kurzer Zeit errichtet werden. Die Bauarbeiten werden von den heimischen Unternehmen Orascom Construction und The Arab Contractors durchgeführt, technischer Partner ist Alstom.

    Auch der Ausbau der Kairoer Metro geht weiter. Bisher sind drei U-Bahnlinien in Betrieb. Die Linie 4 der Metro der ägyptischen Hauptstadt ist in mehreren Bauabschnitten im Bau. Finanzierung und Technik stammen zu weiten Teilen aus Japan. Die weiteren Linien 5 und 6 sind projektiert. Pressemeldungen zufolge hat die Nationale Tunnelbehörde Ägyptens (NAT) für den Bau der 38 Kilometer langen und 26 Stationen umfassenden Linie 6 mit französischen Unternehmen geplant. Die Ausschreibung wird zur Jahresmitte 2025 erwartet. Alstom gilt hier als wahrscheinlicher Auftragnehmer. Anfang Februar 2025 hat Ägypten außerdem die Erstellung einer Machbarkeitsstudie für die Verlängerung der Metrolinie 1 an das spanische Unternehmen Typsa vergeben.

    Mehr Kapazitäten für Häfen

    Umfangreiche Erweiterungen der Kapazitäten zum Containerumschlag werden voraussichtlich noch 2025 am Hafen Damietta im östlichen Nildelta in Betrieb gehen. Das bestehende Terminal Tahya Misr 1 wird auf 3,5 Millionen TEU (Twenty Foot Equivalent Unit, Standardcontainer) erweitert. Eine ähnliche Größenordnung erreicht das geplante zweite Terminal mit 3,3 Millionen TEU, das ein Konsortium um die deutsche Reederei Hapag-Lloyd errichtet.

    Mehrere Erweiterungen erfährt der Hafen von Al Arish an der Mittelmeerküste der Halbinsel Sinai. Dazu gehören neue Hafenbecken, ein neues Containerterminal, Umschlagplätze für trockene und flüssige Ladungen. Federführend ist hier neben der Suez Canal Authority die Armed Forces Engineering Authority. Für den Hafen Dekheila in Alexandria wurde im September 2024 die Vergabe von Machbarkeitsstudien für PPP-Projekte (Public Private Partnership) angekündigt. Unter anderem für ein Containerterminal, einen Trockenhafen und einen Pipelineanschluss für die Industrie. 

    Am Hafen Safaga am Roten Meer investiert der Betreiber Abu Dhabi Ports (AD Ports) 200 Millionen US$ in neue Anlagen zum Umschlag von Massengütern mit einer Kapazität von 5 Millionen Tonnen im Jahr. AD Ports hat im Dezember 2023 eine 30-Jahres-Lizenz für das Mehrzweck-Terminal erhalten.

    Massiver Ausbau der Kläranlagen

    Die Wiedernutzung gereinigten Wassers ist in Ägypten, das durch akute Wasserknappheit gekennzeichnet ist, ein wesentlicher Bestandteil, um das Defizit zu verringern. Bis 2037 will die Regierung umgerechnet 20,5 Milliarden US$ in neue Anlagen investieren. Mitte 2024 gab es nach Angaben der General Authority for Investment and Free Zones (GAFI) 590 Kläranlagen mit einer Gesamtkapazität von 9,3 Milliarden Kubikmeter im Jahr. Viele sollen sukzessive erweitert werden.

    Die Großanlage Gabal El Asfar im Norden der Agglomeration Kairo wird beispielsweise von 2,5 Millionen Kubikmeter am Tag auf 3,5 Millionen Kubikmeter erweitert. Die Investitionen werden mit 350 Millionen Euro angegeben; 61,5 Millionen Euro davon stellt die französische Entwicklungsagentur AFD zusammen mit der EU zur Verfügung.

    Mehrere große Solarkraftwerke entstehen in verschiedenen Landesteilen. So wird der Benban Solarpark bei Assuan um weitere 1.000 Megawatt (MW) Stromerzeugungs- und Speicherkapazität vergrößert. Im Juni 2025 soll der Auftrag für ein 600 MW-Solarkraftwerk in Qena im mittleren Niltal vergeben werden. Ganz in der Nähe wird bei Sohag eine Windfarm mit einer geplanten Kapazität von 1.000 MW errichtet. Etwas kleinere Dimensionen haben die 2024 vergebenen Projekte für Windfarmen bei Alexandria mit 300 MW und Ras Gharib am Golf von Suez mit 200 MW.

    Ausgewählte Großprojekte im ägyptischen Tief-/InfrastrukturbauInvestitionssumme in Milliarden US-Dollar

    Vorhaben

    Investitionssumme 

    Projektstand

    Projektträger und Details

    AtomStroyExport- El Dabaa Nuclear Power Plant 4.800 MW (Masterplan)

    25

    DurchführungsphaseRosatom State Corporation Engineering Division
     African Highway : Cairo to Cap Town 

    15,3

    Durchführungsphase

    The African Union Commission,

    United Nations Economic Commission for Africa

    Grüne Wasserstoffanlage in South Sinai 

    15,0

    StudienphaseReNergy Group
    Grüne Wasserstoff- und Ammoniakanlage

    12,9

    StudienphaseHassan Allam Holding  / BP / Abu Dhabi Future Energy Company  / Infinity Power 
    10 GW Solarkraftwerk in Kairo

    10,0

    StudienphaseNew and Renewable Energy Authority, Egyptian Electricity Holding Company 
    Cairo Metro Network 

    9,8

    DurchführungsphaseNational Authority for Tunnels (NAT) 
    Ras Gargoub Handelshafen in Suez 

    9,7

    DurchführungsphaseMinistry of Investment and International Cooperation
    10 GW Windfarm in Sohag

    8,6

    DurchführungsphaseEgyptian Electricity Transmission Company
    Hochgeschwindigkeitsnetz: Großkairo - Aswan Eisenbahnlinie

    7,4

    DurchführungsphaseNational Authority for Tunnels  (NAT)
    West Port Said Port - Abu Qir Port Bahnstrecke

    4,7

    StudienphaseNational Authority for Tunnels (NAT) 
    Windkraftanlage 3 GW

    5,7

    StudienphaseScatec Solar
    Saudisch - Ägyptischer Stromverbund: 500kV Station 

    2,1

    StudienphaseSaudi Electricity Company, Ministry of Electricity and Energy, Egypt 
    Quelle: MEED Projects, Februar 2025

     Weitere Informationen zu Projekten finden Sie in der GTAI-Datenbank "Entwicklungsprojekte".

    Von Marcus Knupp | Kairo

  • Wettbewerbssituation und Geschäftspraxis

    Einige lokale Bauunternehmen prägen den Markt – verstärkt auch chinesische. Deutsche Unternehmen kommen vor allem im Anlagenbau und bei hohem technischen Anspruch zum Zuge.

    Wettbewerbssituation

    Die Bauwirtschaft in Ägypten ist von tausenden, meist kleinen Unternehmen geprägt. Laut der Oxford Business Group sind lediglich 280 Anbieter in die Kategorien Level 1 bis 3 eingestuft. Damit haben nur diese die Möglichkeit, Projekte mit einem Wert von mehr als 40 Millionen ägyptischen Pfund (EGP, etwa 790.000 US-Dollar) umzusetzen. Die Spitzengruppe (Level 1) umfasst sogar lediglich 20 Anbieter.

    Starke Präsenz von Großunternehmen

    Die bekannten großen Bauunternehmen und Immobilienentwickler sind stark präsent und führen teilweise auch Aufträge im Ausland aus. In Ägypten konkurrieren sie im Hochbau vor allem mit einigen Anbietern aus der Golfregion sowie aus China. Im Fall von Tiefbauvorhaben nimmt die Konkurrenz durch ausländische Unternehmen tendenziell zu.

    Unter den Bietern bei Infrastrukturausschreibungen finden sich viele internationale Namen. Gemeinsame Angebote von ägyptischen und internationalen Unternehmen kommen ebenfalls häufig vor. Dies gilt zum Beispiel bei Metroprojekten, wenn hohe technische Anforderungen erfüllt werden müssen.

    Ausländische Spezialisten ergänzen Angebote der Bauriesen

    Ausländische Spezialfirmen kommen meistens wegen ihres Know-hows zum Zuge, sofern dies in einem Projekt gefragt ist. Somit übernehmen sie eher ergänzende als konkurrierende Aktivitäten. Das breite Spektrum und der wachsende Markt lohnen einen näheren Blick auf nahezu alle Baubereiche. Internationale und bilaterale Finanzierungen sowie PPP (Public Private Partnerships) sollten weiterhin für Bewegung sorgen.

    Deutsche und andere ausländische Firmen sind im Markt aktiv, wenn auch nicht sehr viele. Im Anlagenbau (etwa Düngemittel, Petrochemie, Stahl) ist die Bedeutung größer. Im Regelfall sind Generalunternehmen Firmen aus Ägypten, teilweise aus der Golfregion.

    Deutsche Unternehmen in technisch anspruchsvollen Projekten

    Als Subunternehmer für anspruchsvolle Spezialsegmente (zum Beispiel Brücken, Tunnel, Staudämme) kommen ausländische Firmen zum Zuge. Ein Beispiel dafür war die Errichtung der zweiten Fahrrinne des Suezkanals, bei der deutsche Tunnelbohrtechnik von Herrenknecht zum Einsatz kam. Gleiches gilt für den Bau von sechs Tunneln unter dem Suezkanal. Auch der Metroausbau in Kairo bietet Anknüpfungspunkte für das Unternehmen.

    Ausgewählte Strukturdaten zur Bauwirtschaft in ÄgyptenIn Milliarden Euro, Veränderung in Prozent

    Indikator

    2022/2023

    2023/20241)

    Veränderung2)

    BIP real zu Faktorkosten3)

    291,4

    269,9

    2,3

    Baugewerbe

     

     

     

    Beitrag zum BIP

    24,1

    27,0

    5,7

        öffentlich

    2,1

    2,3

    5,7

        privat

    22,0

    24,7

    5,7

    Anteil am BIP (%)

    8,3

    10,0

    -

      Immobiliensektor

     

     

     

    Beitrag zum BIP

    29,9

    23,1

    3,7

        öffentlich

    0,2

    0,1

    3,5

        privat

    29,7

    23,0

    3,7

    Anteil am BIP (%)

    10,3

    8,6

    -

    1 Abwertung des Ägyptischen Pfundes am 6. März 2024, daher abweichende Wechselkurse; 2 Reale Veränderung in Ägyptischen Pfund; 3 exklusive Steuern.Quelle: Central Bank of Egypt 2024

    Geschäftspraxis 

    Der Marktzugang für ausländische Unternehmen ist leichter, wenn Projekte durch internationale Geberorganisationen gefördert sind.

    Ägyptens wenige große Baufirmen verfügen über genügend nationale und internationale Erfahrung, auch in der Realisierung von Großprojekten. Die Einbindung internationaler Firmen schafft zusätzlich die Chance auf Bildung multinationaler Konsortien mit Zugang zu privatem Auslandskapital wie auch zu Entwicklungsbanken und Hilfsorganisationen.

    Internationale bilaterale Finanzierung über Entwicklungsdarlehen oder Zuschüsse bildet durchaus eine nicht zu unterschätzende Erleichterung. Sie kann ein Türöffner sein für Firmen, die aus dem Geberland stammen, sei es als Baubeteiligte oder als Lieferanten von Maschinen und Ausrüstungen. Zu beobachten ist diese Form der Zusammenarbeit beispielsweise bei Bauabschnitten für die Metro in Kairo oder bei verwandten Aufträgen.

    Local Content-Regeln beachten

    Ausländische Unternehmen dürfen regulär nur 10 Prozent ausländische Arbeitskräfte einsetzen, der Rest müssen Beschäftigte aus Ägypten sein. In Ausnahmefällen ist maximal ein Anteil von 20 Prozent möglich. Dies ist jedoch mit Blick auf die Branche und die Lohnkosten eher von theoretischer Bedeutung, da regelmäßig nur Management, Aufsicht, Technik und Maschinen aus dem Ausland kommen. Wenn es doch mal knapp wird mit dem ausländischen Anteil an Beschäftigten, wird der in der Regel lokale Projektpartner mit in die Berechnung der Angestellten einbezogen. Spätestens dann wird die 10-Prozent-Grenze unterschritten sein.

    Bei Aufträgen von sogenannten Governmental Entities, die sehr große Auftraggeber sind, gilt ein Local Content von 40 Prozent. Über diese Pflicht sehen Auftraggeber hinweg - allerdings ist das Branchenexperten zufolge keine Großzügigkeit, vielmehr dient die Nachsicht zum Aufbau von Verhandlungsmasse.

    Bisweilen kann es zur Verhängung von Schutzzöllen kommen (etwa für Stahl). Für ausländische Interessenten relevante Ausschreibungen werden nach international üblichen Mustern durchgeführt. Tender für Projekte, die durch internationale Geldgeber finanziert werden, sind daher eine gute Gelegenheit, sich innerhalb eines international bekannten Rahmens in einem neuen Markt zu engagieren. Im privaten Sektor gibt es häufig langjährig bestehende Beziehungen, so zwischen Immobilienentwickler und Hauptauftragnehmern oder Consultants. Auch eingespielte Lieferketten und eine bestimmte Auswahl an Subunternehmen bestimmen häufig den Markt.

    Keine zentrale Anlaufstelle für Ausschreibungen

    Zentrale Informationen oder Internetplattformen für Ausschreibungen existieren bislang nicht. Ministerien, Gouvernorate, öffentliche Dienststellen und Unternehmen schreiben für ausländische Interessenten oft kurzfristig aus. Entsprechende Ankündigungen erfolgen meist in ägyptischen Zeitungen auf Arabisch, insbesondere im Bereich der Untervergaben.

    Große Tender werden auch in der Zeitung Al Ahram auf Arabisch und Englisch veröffentlicht. Die American Chamber of Commerce in Egypt bietet einen Tender Alert Service (TAS) für 17 Branchen/Sektoren an. Er speist sich unter anderem aus Auswertungen der Inlandspresse. Schließlich bietet auch der Egyptian Commercial Service des ägyptischen Außenministeriums Informationen zu Ausschreibungen.

    Von Marcus Knupp | Kairo

  • Zulieferprodukte: Marktlage

    Die großen Wohnungsbauprojekte in den neuen Städten Ägyptens schaffen Bedarf für verschiedenste Baustoffe.

    Ägypten verfügt über eine relativ breit aufgestellte Baustoffindustrie. Die Branche zählt zu den wichtigen Exportbranchen des Landes. In etlichen Bereichen, etwa bei Eisen und Stahl für die Bauindustrie oder bei Kabeln, weist der Außenhandel allerdings ein Defizit auf. Mit den elementaren Baustoffen kann sich Ägypten aber selbst versorgen.

    Das gilt auch für die Ausgangsmaterialien. Inländische und ausländische Unternehmen beliefern den Markt mit relativ günstigen und größtenteils heimischen Rohstoffen. Vor allem anspruchsvollere, in der Regel technische Lösungen (Know-how, Ausrüstungen) werden aus dem Ausland bezogen. Schwerpunkte der lokalen Baustoffindustrie sind Stahl, Zement, Keramik und Glas.

    Mehrere Unternehmen investieren in die Herstellung von Gipsprodukten. In der Industriezone Technology Valley in East Ismailia am Suezkanal baut das ägyptische Unternehmen Industrial House für 12 Millionen US-Dollar (US$) eine Fabrik zur Herstellung von Gipsplatten, Gipsputz und entsprechenden Kunststoffverpackungen. Rund 80 Prozent der Produktion sind für den Export vorgesehen. Der saudi-arabische Konzern Beam erweitert die Anlagen der ägyptischen Filiale seines Zementplatten- und Wandelemente-Herstellers CBoard. Die Investitionssumme wird mit 25 Millionen US$ angegeben.

    In der Orascom Industrial Zone in Ain Sokhna hat der Hersteller von Badkeramik Azura Egypt im Februar 2025 eine Fabrik eröffnet. In den 70.000 Quadratmeter großen Hallen sollen pro Jahr 160.000 Stück hergestellt werden. An dem Unternehmen ist neben dem ägyptischen Hersteller Keramika Magenta auch Villeroy & Boch beteiligt.

    Übersicht der in öffentlichen Projekten verbrauchten MaterialienVerarbeitete Mengen Finanzjahr 2022/23
    MaterialEinheit

    Menge

    Bauholzm3

    60.560

    Farbent

    30.765

    Keramik-Fließenm2

    9.144.560

    Mosaik-Fließenm2

    1.090.080

    Marmorplattenm2

    484.480

    Tonziegel1.000

    537.979

    Zementsteine1.000

    117.336

    Asphaltm2

    42.056

    Heißes Bitumenkg

    5.398.720

    Wärmedämmungm2

    1.017.405

    Bitumenplattenm2

    1.259.645

    Zementt

    1.089.413

    Eisent

    186.464

    Verstärkter Betonm3

    1.864.464

    Betonm3

    538.310

    Quelle: CAPMAS 2024

    Von Marcus Knupp | Kairo

  • Zulieferprodukte: Zement und Beton

    Die ägyptische Zementindustrie kämpft mit Überkapazitäten. Produktionsbegrenzungen sollen die Preise stützen.

    Ägypten ist ein wichtiger regionaler Standort der Zementindustrie. Insgesamt 23 Unternehmen teilen sich das Geschäft. Sie verfügen zusammen über eine Produktionskapazität von über 90 Millionen Tonnen im Jahr. Die lokale Nachfrage ist allerdings deutlich geringer. Nach Angaben der Ägyptischen Zentralbank lag die verkaufte Menge im Finanzjahr 2023/24 lediglich bei 40,5 Millionen Tonnen. Der Zementbedarf in Ägypten entfällt zu etwa 65 bis 70 Prozent auf den Wohnungsbau und zu 15 Prozent auf Infrastrukturprojekte. 

    Absatz von Zement bleibt unter der ProduktionskapazitätMengen in Mio. Tonnen
    Jahr

    2019/20

    2020/21

    2021/22

    2022/23

    2023/24

    Produktion

    45,4

    43,9

    45,4

    43,7

    44,7

    Verkauf

    43,6

    41,7

    42,7

    39,3

    40,5

    Quelle: Central Bank of Egypt (CBE) 2024

    Um die Verkaufspreise zu stützen, hat die ägyptische Wettbewerbsbehörde ECA 2021 gemeinsamen Produktionskürzungen der Branchenunternehmen um 14 Prozent zugestimmt. Mitte 2023 sind diese ausgelaufen. Wegen der weiter bestehenden Überkapazitäten haben sich einige Hersteller daher im Sommer 2024 für eine erneute Verringerung der Produktion um mindestens 10 Prozent ausgesprochen.

    Die Unternehmen sind auch von anderer Seite unter Druck. Subventionskürzungen für Strom und Energie haben zu einem deutlichen Anstieg der Produktionskosten geführt. Die erneute Abwertung der ägyptischen Währung 2024 konnte wie die vorausgehenden die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Zementexporte nicht sonderlich steigern. Denn die potenziellen Wechselkursvorteile werden durch die Abhängigkeit ägyptischer Zementhersteller von importierten Vorprodukten und Kapitalgütern wieder wett gemacht. 

    Schließlich befinden sich die meisten Zementproduktionen an strategisch ungünstigen Standorten, von denen ein kostspieliger Weitertransport zu den Exporthäfen erforderlich ist. Der Bau von Zement-Silos in Häfen, die möglichst nah an den Produktionsorten liegen, soll die Lage entspannen. Der Terminalbetreiber Transcargo International plant solche Lager in Al Arish und West Port Said.

    Von Marcus Knupp | Kairo

  • Kontaktadressen

    BezeichnungAnmerkung
    Deutsch-Arabische Industrie- und Handelskammer (AHK)Anlaufstelle für deutsche Unternehmen in Ägypten
    Ministry of Housing, Utilities & Urban DevelopmentMinisterium für Wohn- und Städtebau
    Housing & Building National Research CenterWissenschaftliches Institut für Bauwesen (Oberbehörde im Verantwortungsbereich des Ministeriums für Wohn- und Städtebau)
    New Urban Communities Authority NUCADurchführungsbehörde für Wohn- und Städtebau (Oberbehörde im Verantwortungsbereich des Ministeriums für Wohn- und Städtebau)
    Egyptian Federation for Construction & Building ContractorsBranchenverband für Bauunternehmen
    Egyptian Engineers SyndicateIngenieur- und Architektenkammer
    Buildings Materials Industries ChamberDachorganisation der Kammern für Hersteller von Baumaterialien
    Egypt ProjectsProjektmesse für Ägypten und Afrika
    The Big 5Baumesse für Ägypten
    WinDoorExMesse für Fenster, Türen und Häuserfassaden für Ägypten
    Egypt Expo & Convention AuthorityRegulierungsbehörde für ägyptische Messen
nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.