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Branchen | Polen | Pharmaindustrie

Nachfrage nach Arzneien und medizinischem Bedarf steigt

Polen benötigt mehr Arzneien und Heilmittel, wozu die Nachfrage der ukrainischen Geflüchteten beiträgt. Die Hartmann-Gruppe produziert ab 2023 in Oberschlesien Verbandsmaterial.

Von Beatrice Repetzki | Berlin

Die Umsätze der polnischen Apotheken steigen im bisherigen Jahresverlauf 2022 laut der Marktforschungsfirma PEX Pharma Sequence auf Złoty-Basis nominal deutlich schneller als 2021. Jedoch sinkt die Anzahl der Apotheken seit Jahren. Im Mai 2022 gab es landesweit 13.019 Apotheken, ein Jahr zuvor waren es noch 13.308. Rezeptfreie Arzneimittel bilden die größte Produktgruppe in ihrem Sortiment. Nicht verschreibungspflichtige Mittel stellt Polen in hohem Umfang selbst her. Dazu gehören auch zahlreiche Nahrungsergänzungsmittel.

Verkäufe der Apotheken in Polen (in Millionen Euro)

2021

Veränderung 1)

Januar bis Mai 2022 

Veränderung  2)

Insgesamt, darunter

8.888

7,6

3.835

17,7

   Erstattungsfähige, rezeptpflichtige Arzneien

2.800

3,1

1.126

8,0

   Rezeptpflichtige Arzneien für Selbstzahler

2.225

20,2

984

19,9

   Rezeptfreie Präparate

3.790

4,5

1.692

23,9

1) nominale Veränderung zu 2020 auf Złoty-Basis in Prozent; 2) nominale Veränderung zu Januar bis Mai 2021 auf Złoty-Basis in ProzentQuelle: PEX Pharma Sequence Juni 2022

Das Marktsegment der Nahrungsergänzungsmittel entwickelt sich besonders dynamisch. Die Branche umfasst bereits annähernd 30.000 Firmen. Dabei handelt es sich zumeist um Händler. Die Anzahl der Produzenten stieg 2021 laut der Auskunftei Dun & Bradstreet auf 1.440 (2020: 1.379). Die Verkäufe von Nahrungsergänzungsmitteln liegen bei etwa 1,4 Milliarden Euro jährlich. Das errechnete die Marktforschungsfirma PMR. Waren in der Coronakrise Mittel zur Stärkung des Immunsystems besonders gefragt, wächst nun der Bedarf an anderen Präparaten wieder, wie zum Beispiel spezielle Produkte für sportlich aktive Menschen.

Geflüchtete aus der Ukraine kaufen Pharmazeutika

Polens gesetzliche Einheitskrankenkasse, der Nationale Gesundheitsfonds (Narodowy Fundusz Zdrowotny; NFZ), erstattete Patienten 2021 insgesamt 2.104 Millionen Euro, fast ein Viertel ihrer Ausgaben in Apotheken (auf Złoty-Basis +2,6 Prozent zu 2020). Im Jahr 2022 dürfte sich dieser Betrag weiter erhöhen, zumal die bislang annähernd 3 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine Zugang zum polnischen Gesundheitswesen erhalten und somit ebenfalls von den Erstattungen profitieren.

Das Gleiche gilt für die Umsätze der Apotheken. Schon im Mai 2022 lagen diese laut PEX Pharma Sequence mit 740 Millionen Euro auf Złoty-Basis nominal um 14,6 Prozent höher als im Mai 2021. Auch Arztpraxen und Krankenhäuser werden zusätzliche Medikamente für die Flüchtlinge aus der Ukraine brauchen. Die nominalen Umsätze steigen zusätzlich durch die anziehende Inflationsrate und den schwachen Wechselkurs des Złoty, der Importe verteuert.

Schon vor dem Ukrainekrieg waren in Polen einige Präparate knapp, sodass sich jetzt weitere Engpässe ergeben könnten. Zudem kaufen viele Polen Verbandsmaterialien, Desinfektions- und Schmerzmittel, um Menschen in der Ukraine damit zu versorgen.

Hartmann produziert Verbandsmaterial

So kommt das Projekt der deutschen Hartmann-Gruppe zur richtigen Zeit: Die Gruppe errichtet in Libidza bei Częstochowa (Tschenstochau) eine große Fabrik für Verbandsmaterialien zur Wundversorgung. Die Testphase für die Produktion bei Hartmann Manufacturing Polska soll Ende 2022 beginnen, sodass die Serienfertigung mit 160 Beschäftigten 2023 starten kann.     

Ein bedeutender polnischer Hersteller von Verbandsmaterial ist die Firma Toruńskie Zakłady Materiałów Opatrunkowych S.A. (TZMO). Solche Produkte bilden in Polen jedoch eher ein Randsortiment. 

Die Pharmabranche im eigentlichen Sinne produziert in starkem Maße Generika. Hinzu kamen 2020 laut dem Statistischen Hauptamt GUS 9.029 Tonnen (Pro-)Vitamine und deren Derivate (2019: 8.447 Tonnen) sowie 1.528 Tonnen (2019: 2.341 Tonnen) verpackte pharmazeutische Kräuter.

Investitionen steigen

Die Investitionen der Pharmabranche erreichten 2021 laut GUS rund 164,9 Millionen Euro (auf Złoty-Basis nominal +14,4 Prozent gegenüber 2020; 148,1 Millionen Euro). Die Umsätze der Produzenten stiegen 2021 auf Złoty-Basis real um 3,5 Prozent auf 2.921 Millionen Euro (2020: 2.851 Millionen Euro). Das Pharmaunternehmen Biomed Lublin investiert 27,7 Millionen Euro in Forschungskapazitäten und eine neue Produktionsstätte. Dort sollen künftig über 200.000 Packungen seiner Erzeugnisse jährlich hergestellt werden, mit der Möglichkeit einer Erweiterung auf 300.000 Stück. Biomed Lublin ist auf Impfstoffe gegen Tuberkulose und spezielle onkologische Präparate spezialisiert. Die Firma erwirtschaftete 2021 einen Umsatz von 9 Millionen Euro mit einem Nettogewinn von 0,9 Millionen Euro.

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