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Entwicklungen im Gesundheitswesen

Auch nach dem Höhepunkt der Pandemie gehören Wartezeiten zum Alltag von Patienten. Die EU-Hilfsgelder ermöglichen zusätzliche Finanzmittel für das staatliche Gesundheitssystem.

Von Oliver Idem | Madrid

Spanien steht wie andere Industrieländer vor einer medizinisch-demografischen Herausforderung. Eine alternde Gesellschaft mit hoher Lebenserwartung bedeutet mehr chronische Krankheiten, die behandelt werden müssen. Zudem wachsen die Ansprüche der Bevölkerung an die medizinische Versorgung. 

In der Hochphase der Covid-19-Infektionswellen stieß das Gesundheitssystem an seine Grenzen. Doch auch danach deuten Wartezeiten für Operationen auf knappe Ressourcen im System hin. Der Aufbau- und Resilienzplan sieht zusätzliche Mittel für die technische Modernisierung vor.

Modernisierung und neue Krankenhäuser steigern den Medizintechnikbedarf

Der spanische Markt für Medizintechnik sieht bis 2024 einem Wachstum auf knapp 7,1 Milliarden Euro entgegen. Verglichen mit dem Wert von 2020 entspricht das einem kumulierten Wachstum von rund 10 Prozent.

Die bereits im Koalitionsvertrag der Regierung 2019 vereinbarte Modernisierung des staatlichen Gesundheitsdienstes Sistema Nacional de Salud (SNS) erhält Auftrieb durch die europäischen Hilfsgelder, von denen Spanien der mit Abstand größte Empfänger ist. Hinzu kommen mehrere große Krankenhausprojekte, die eine moderne technische Ausstattung erfordern. 

Digitale Gesundheitswirtschaft führend und mit Ausbaupotenzial

Spanien verfügt über eine vergleichsweise weit entwickelte digitale Gesundheitswirtschaft. Der neueste Index der Bertelsmann-Stiftung sieht das Land auf Rang 5 im weltweiten Vergleich. 

Elektronische Rezepte sind bereits weit verbreitet. Ein Basis-Datensatz der Krankenakte ist kompatibel mit regionalen und landesweiten Registern.

Die Autonomen Gemeinschaften befinden sich jedoch auf unterschiedlich hohen Digitalisierungsniveaus. Vorreiter wie Andalusien, das Baskenland, Katalonien und Valencia stehen auch im internationalen Vergleich gut da. 

Weite Teile Spaniens sind dünn besiedelt und in vielen Provinzen die Wege entsprechend weit, um Gesundheitsleistungen in Anspruch zu nehmen. Die Ausgangslage für Telemedizin zum Überbrücken von Distanzen ist günstig. Dieser Bereich verfügt noch über ein erhebliches Ausbaupotenzial.

Ein Vorbild könnte dabei die portugiesische Region Alentejo sein, die mit ähnlichen räumlichen und demografischen Schwierigkeiten konfrontiert ist. Dort wurde 1998 das erste Telemedizin-Programm aufgelegt. Das dortige Netzwerk bilden 20 zentrale Einrichtungen und fünf Krankenhäuser. Anwendungen umfassen Konsultationen sowie die Bereiche Radiologie, Ultraschall und Pathologie.

Die Kombination aus Fortschritt und weiterem Potenzial in Spanien bildet sich auch in einer Untersuchung zum Stand der Digitalisierung im Gesundheitswesen ab. Im Juni 2020 kam eine Studie des Medizintechnikverbandes Fenin und der Innovationsstiftung COTEC zur digitalen Reife zu einem zweigeteilten Resultat. Bei der technischen Infrastruktur (42,3 Prozent der möglichen Punkte) und den Werkzeugen für professionelles Gesundheitspersonal (41,3 Prozent) war das Land bereits weit entwickelt. Dem stand ein schwaches Abschneiden bei den Dienstleistungen für Patienten (22,8 Prozent) und der Datenanalyse zur Entscheidungsfindung (17,8 Prozent) gegenüber.

Auftrieb für die Biotechnologie 

Spanien ist im Bereich der medizinischen Biotechnologie gut aufgestellt. Gemessen an den Umsätzen verfügt das Land über den viertgrößten Biotechnologiesektor in Europa. Die Coronakrise beflügelte die Entwicklung von Impfstoffen und Diagnostika.

Eine Vorzeigeinitiative ist die BioRegió de Catalunya in Katalonien. Um das Potenzial des Sektors besser zu nutzen, könnten die Koordinierung von Forschungsaktivitäten und die nichtstaatliche Finanzierung ausgebaut werden.

Rund 200 Unternehmen bilden laut dem Fachverband Farmaindustria die spanische Arzneimittelindustrie. Von ihnen werden insgesamt 173 Produktionsstätten betrieben. Der Sektor befindet sich gemessen am Kapital mehrheitlich in inländischer Hand. Unter diesem Gesichtspunkt dominiert spanisches Kapital mit 61 Prozent, während 22 Prozent auf Unternehmen aus dem übrigen Europa entfällt.

Die Unternehmen erreichten 2020 einen Produktionswert von 14,9 Milliarden Euro. In den vergangenen vier Jahrzehnten hat die Bedeutung der Forschung und Entwicklung immer mehr zugenommen. Laut den neuesten verfügbaren Zahlen lagen die Forschungsausgaben der Pharmaunternehmen im Land 2019 bei rund 1,2 Milliarden Euro.

Mehr Forschung und Digitalisierung für eine bessere Versorgung 

Der Koalitionsvertrag von Dezember 2019 setzt auf innovative, aber erprobte Technologien zur Modernisierung des staatlichen Gesundheitssystems. Neben Sicherheit und Wirksamkeit stehen niedrige Kosten besonders im Fokus. Die Digitalisierung soll vorangetrieben und Doppelarbeiten bei diagnostischen Tests vermieden werden. 

Im Rahmen der EU-Hilfsgelder hat die Regierung ein strategisches Sonderprojekt zur Spitzenmedizin aufgelegt. Diese Sonderprojekte speisen sich aus europäischen und nationalen Finanzmitteln. Im Fall der Gesundheitspläne verfolgt Spanien vier Kernziele. Für Krankheiten wie Diabetes und neurodegenerative Erkrankungen soll eine Spitzenposition in der Forschung erreicht werden. Die personalisierte Präzisionsmedizin wird aus dem Programm ebenfalls Impulse erhalten.

Zudem steht die Digitalisierung des staatlichen Gesundheitsdienstes SNS im Fokus. Eine bessere Datenintegration wird angestrebt, um Prävention, Diagnostik, Behandlung, Rehabilitation und Forschung voranzubringen. Die digitale Transformation soll auch ein Motor sein, um die Leistungsfähigkeit der medizinischen Grundversorgung in den Gesundheitszentren zu erhöhen.

Im Rahmen des Aufbau- und Resilienzplans fließen zusätzliche Mittel in das Gesundheitswesen. In der Förderperiode 2021 bis 2026 entfallen 1,07 Milliarden Euro direkt auf das staatliche Gesundheitssystem SNS.


Eckdaten Gesundheitsmarkt

Indikator

Wert

Einwohnerzahl (2021 in Mio.) 1)

47,4

Bevölkerungswachstum (2020 in % p.a.) 

0,1

Altersstruktur der Bevölkerung (Jahr 2020) 

 Anteil der unter 14-Jährigen (in %)

13,9

 Anteil der über 65-Jährigen (in %)

20,1

Durchschnittseinkommen (2021 in Euro) 2)

24.249

Gesundheitsausgaben (in Millionen Euro)

122.800

 pro Kopf (2021 in Euro)

2.589

 öffentlich

90.300

 privat

32.500

Anteil der Gesundheitsausgaben

 am BIP (2021 in %)

10,9

Medikamente (2019 in %)

15,0

Anzahl Krankenhäuser (2021), davon

835

 öffentlich (in %)

43,9

 privat (in %) 

37,2

 andere (in %) 3)

18,9

Ärzte/1000 Einwohner (Jahr 2020)

4,6

Krankenhausbetten/1000 Einwohner (Jahr 2018)

3,0

1) angemeldete Einwohner zum 01.01.2022; 2) Brutto; 3) kirchliche, von Stiftungen getragene etc. Quelle: INE; Ministerio de Sanidad; Alimarket Sanidad y Dependencia; OECD; World Bank DataBank

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