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Branchen | Frankreich | IT-Sicherheit

Regierung lanciert neue Strategie

Nach zahlreichen Cyberattacken auf öffentliche Einrichtungen und Krankenhäuser hat die Regierung 2021 eine neue Strategie aufgelegt. Davon sollen auch Audits finanziert werden.

Von Peter Buerstedde | Paris

Verschiedene Cyberstrategien der vergangenen Jahre konzentrierten sich vor allem auf die Landesverteidigung und hatten auch zu einer Personalaufstockung bei der staatlichen Agentur für die Sicherheit von Informationssystemen ANSSI (Agence nationale de la sécurité des systèmes d'information) geführt.

Mit der Häufung von Cyberattacken auf Gebietskörperschaften und Gesundheitseinrichtungen hat die Regierung im Februar 2021 eine neue Strategie angenommen, sowie die Mittel für Cybersicherheit im Konjunkturpaket France Relance aufgestockt. Neben der Stärkung der Cybersicherheit im öffentlichen Sektor will die Regierung mit der Strategie vor allem die Entwicklung des heimischen Cybersicherheitssektors fördern. Bis 2025 soll 1 Milliarde Euro eingesetzt werden, wovon der Staat 720 Millionen Euro beisteuert.

Fördermittel der staatlichen Strategie für Cybersicherheit (in Millionen Euro)

Programm

Staatliche Mittel

Private Mittel

Gesamt

Entwicklung unabhängiger Lösungen

290

225

515

Synergien verstärken (Cyber Campus, etc.)

74

74

148

Einsatz von Cyberlösungen fördern

156

20

176

Eigenkapital der Unternehmen stützen

200

k.A.

200

Gesamt

720

319

1.039

Quelle: Französische Regierung

Regierung will bis 2025 drei französische Unicorns

Die Strategie verfolgt eine Reihe von Zielen. Die Umsätze in der Cybersicherheit sollen von 7,3 Milliarden Euro im Jahr 2019 auf 25 Milliarden Euro 2025 steigen. Auch die Zahl der Arbeitsplätze im Sektor soll von 37.000 auf 75.000 wachsen. Auf der Forschungsseite erhofft sich die Regierung 20 Prozent mehr Patente, doppelt so viele Doktorarbeiten und 30 Prozent mehr Forschungsprojekte mit mehreren Partnern. Bis 2025 soll die Start-up-Szene mindestens drei französische Einhörner, das heißt Start-ups mit einer Bewertung von mindestens 1 Milliarde US-Dollar, hervorgebracht haben.

Helfen soll hier ein Start-up-Inkubator mit Fördermitteln von 50 Millionen Euro. Forschungsprojekte mit Privatfirmen werden mit 400 Millionen Euro gefördert, wovon jeweils 200 Millionen Euro vom Staat und den Unternehmen kommen sollen. Forschungsinstitute erhalten weitere 65 Millionen Euro.

Cyber Campus in Paris als zentrales Cluster

Um die Zusammenarbeit im Sektor zu verbessern, ist bereits seit 2019 ein Cyber Campus im Geschäftsviertel La Defense westlich von Paris im Aufbau. Für 148 Millionen Euro sollen in einem dreizehnstöckigen Büroturm große Firmen, staatliche Einrichtungen, Forschungsinstitute und Start-ups zusammenkommen. Der Campus soll Ende 2021 die Arbeit aufnehmen und das zentrale Cluster für Cybersicherheit in Frankreich bilden.

Die Agentur ANSSI wird ebenfalls auf dem Cyber Campus vertreten sein. Sie richtet außerdem bis Ende 2022 oder Anfang 2023 in Rennes eine Niederlassung ein, um enger mit den dort angesiedelten Cybersicherheitsabteilungen des Armeeministeriums zusammenarbeiten zu können.

ANSSI finanziert Audits

Als Teil der Cyberstrategie und des Konjunkturpakets France Relance hat die Regierung ANSSI einen Fonds von 135 Millionen Euro übertragen. Mit den Mitteln sollen Audits in öffentlichen Verwaltungen, Krankenhäusern und öffentlichen Einrichtungen durch private Firmen kofinanziert werden. Seit dem 21. Mai 2021 können sich interessierte Dienstleister bei der ANSSI eintragen, um Informationen über die Umsetzung zu erhalten. Die Eintragung ist aber nicht obligatorisch für die Durchführung von Audits.

ANSSI hat bisher 230 öffentliche Institutionen für ein Audit ausgewählt. Dabei wird für den Stand der Cybersicherheit eine Note, der CyberScore, nach einem System vergeben, das ANSSI in der Krise kurzfristig entwickelt hat. Darüber hinaus erhält die Institution einen Ziel-CyberScore und Informationen über Maßnahmen, um dahin zu gelangen.

Des Weiteren gibt es Projektaufrufe für diejenigen Institutionen, die keinen Audit brauchen und beim Einsatz von Sicherheitstechnik schon weiter fortgeschritten sind. ANSSI soll außerdem in allen Regionen Reaktionszentren CSIRT (Computer Security Incident Response Teams) einrichten. Diese sollen Institutionen und Unternehmen, die Opfer von Cyberangriffen geworden sind, beraten und helfen. Die CSIRT sollen nach Vorbild des Reaktionszentrums von ANSSI (CERT-FR) aufgebaut werden, das auch für die Cyberabwehr zuständig ist.

Regionale Krankenhäuser mit stärkeren Sicherheitsauflagen

Von den Fördermitteln, die ANSSI übertragen werden, sollen 25 Millionen Euro den Gesundheitseinrichtungen zugutekommen. Hier geht es vor allem um 100 regionale Krankenhäuser, die jeweils die wichtigsten Krankenhäuser in einem regionalen Klinikverbund sind. Sie wurden von ANSSI als essenzielle Dienstleister OSE (Operateurs de services essentiels) eingestuft, im Einklang mit der NIS-EU-Richtlinie (Network and Information Security). Die großen Universitätskliniken sind bereits OSE. Dies beinhaltet eine verstärkte Aufsicht durch ANSSI und Maßnahmen für die Cybersicherheit. Frankreich übernimmt im 1. Halbjahr 2022 die EU-Präsidentschaft und will dann die Novellierung der Richtlinie (NIS 2) vorantreiben. 

Der Gesundheitssektor, der sich in einer starken Digitalisierungsphase befindet, soll aber weit mehr Mittel für Cybersicherheit erhalten. Im Juli 2020 hatte die Regierung ein Hilfsprogramm für den Gesundheitssektor für 19 Milliarden Euro lanciert. Davon waren 2 Milliarden Euro für die Digitalisierung von Krankenhäusern vorgesehen. Im Februar 2021 hatte Präsident Emmanuel Macron angekündigt, dass davon 350 Millionen Euro für eine Stärkung der Cybersicherheit eingesetzt werden sollen. Die Regierung hat außerdem verfügt, dass im Rahmen aller staatlich geförderten Projekte für Informationssysteme in Krankenhäusern 5 bis 10 Prozent für die Cybersicherheit eingesetzt werden müssen.

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