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Special China Seidenstraße

Chinas Südwesten rückt in den Mittelpunkt der neuen Seidenstraße

Gleich drei Transportkorridore treffen sich in Südwestchina. In Chongqing und über den Golf von Tonkin soll Südostasien eng mit dem Reich der Mitte vernetzt werden.

Von Marcus Hernig | Bonn

Seit Anfang 2021 konzentrieren sich die Auslandsreisen des chinesischen Außenministers auf Mitgliedsländer der Belt and Road Initiative (BRI) in Afrika und Asien. Zwischen dem 11. und dem 14. September bereiste Wang Yi in drei Tagen Vietnam, Kambodscha und Singapur. Jedes der drei ist ein Schlüsselland für die immer engere Verbindung zwischen China und Südostasien.

Neben der bereits im Bau befindlichen Bahnverbindung nach Laos kann der Ausbau eines neuen Transportkorridors Richtung Vietnam und Südostasien besonders interessant werden. Ein wichtiger Hintergrund der jüngsten Aktivitäten ist das für 2022 geplante Inkrafttreten des asiatisch-pazifischen Wirtschaftsabkommens Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP).

Chongqing ist Knotenpunkt dreier Korridore

Im Zentrum der Entwicklung steht zunächst die westchinesische Metropole Chongqing. In der Megastadt an den beiden Flüssen Yangtse und Jialing treffen sich die drei zentralen Verkehrskorridore Chinas:

  • China-Europa-Eisenbahn in Richtung Duisburg
  • Yangtse-Korridor mit Autobahn-, Bahn-, Binnenschifffahrts- und Air-Cargo-Verbindungen sowie Pipelines, die Westchina mit der wirtschaftlich bedeutsamen Region um Shanghai verbinden
  • Neuer Land-Meer-Korridor Westchinas

Chongqing ist die einzige Binnenstadt Chinas, die diese diversen Anbindungen in einem transkontinentalen Knotenpunkt verbindet.

Neuer Land-See-Korridor erleichtert Transport in Richtung Südchina

Im Jahr 2019 wurden Pläne der Staatlichen Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC) vorgestellt, den neuen Land-See-Korridor Westchina mit Chongqing und der chinesischen Südküste als Logistikdrehscheiben bis 2035 als übergreifendes Projekt der neuen Seidenstraße im Inland zu entwickeln. So will China mit neuen Standards sowohl globale Technologieentwicklungen wie auch den Welthandel entscheidend prägen.

Die Entwicklungen werden bereits genutzt: Logistik-Unternehmer wie Stefan Krauter, Chef des österreichischen Unternehmens Cargo-Partner, organisieren seit Jahren Fracht über den Hub Chongqing nach Qinzhou am Golf von Tonkin, nahe der vietnamesischen Grenze. Dort besteht Anschluss an die globalen Schifffahrtsrouten im Pazifik und im Indischen Ozean. Die Verbindung mit Märkten und Produktionsstätten im chinesischen Hinterland ist über die Bahnverbindungen des Hubs Chongqing sieben bis zehn Tage schneller als per Lastkahn über die Wasserstraßen Inlandchinas. Die Bahnfrachtpreise via Chongqing liegen laut Cargo-Partner nur bei 30 bis 50 Prozent der Kosten für den Lkw-Transport über Land.

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Golf von Tonkin entwickelt sich zum Drehkreuz zwischen China und ASEAN

Der Golf von Tonkin (auf Chinesisch Beibu-Golf) war immer schon ein Tor des Reichs der Mitte in die Welt. Schon während der Han-Dynastie (206 vor bis 220 nach Christus) existierten dort wichtige Häfen, die als Startpunkte einer frühen "maritimen Seidenstraße" dienten.

Mit Qinzhou, Fangchenggang und Beihai liegen dort heute drei neue Häfen eng beieinander, die gleichzeitig wichtige Wachstumsmotoren des chinesischen Westens sind. Die Stadt Beihai erzielte zwischen 2006 und 2020 ein durchschnittliches Wachstum ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 10,6 Prozent. Zum Vergleich: Shenzhen, die Vorzeigemetropole bei Hightech, kommt im selben Zeitraum durchschnittlich nur auf 2,5 Prozent.

Die Region Nanning-Beihai gilt als eine der Vorzeigeregionen der maritimen Seidenstraße in China selbst. Nanning, Hauptstadt der Provinz Guangxi, soll noch enger an den Golf angebunden werden. Dazu beginnt 2022 der Bau des Pinglu-Kanals, der den Südwesten mittels Binnenschifffahrt alternativ zu Bahn und Straße direkt an die Küste anbinden soll. Mit der Option, Lastkähne für den Containertransport zwischen Küste und Hinterland einzusetzen, erhöht sich die Ladekapazität auf den Routen des neuen Korridors.

Bis 2025 soll der Warenumschlag der drei Häfen von über 5 Millionen Standard-Containergrößen (Twenty-foot Equivalent Units, TEU) im Jahr 2020 auf insgesamt 10 Millionen TEU erweitert werden. Im Vergleich zu Shanghai, dem größten Hafen der Welt mit 43,3 Millionen TEU, oder der Greater Bay Area mit den drei Häfen Hongkong (18,3 TEU), Guangzhou (23,2 TEU) und Shenzhen (25,8 TEU), die 2019 insgesamt 67,3 Millionen TEU umgeschlagen haben, scheint das wenig. Doch das Wachstum der drei südwestchinesischen Häfen ist mit jährlich fast 33 Prozent laut chinesischen Quellen das höchste im Lande. Qinzhou gilt nach Größe und Wachstumspotenzial als bedeutendster der drei Häfen, die von der Beibu Gulf Port Group betrieben werden.

Regionale Vernetzung mit Vietnam soll sich verbessern

Könnte das eine Chance für eine engere Vernetzung mit dem Nachbarland Vietnam sein? Bislang funktionierte die regionale Kooperation am Golf von Tonkin nicht. Die drei chinesischen Häfen am Golf waren für den Handel mit Vietnam praktisch bedeutungslos. Einerseits wollte der südostasiatische Nachbar die chinesische Konkurrenz für die eigenen Häfen vermeiden, andererseits standen andere Häfen entlang der chinesischen Küste ebenfalls in Konkurrenz zur Beibu-Golf-Region.

Eine starke Steigerung der Containernachfrage macht die Region aber interessanter für eine bessere Vernetzung mit Vietnam. Im Vergleich zum Warenumschlag der chinesischen Häfen im Golf von Tonkin und des Hafens Yangpu auf der Insel Hainan mit insgesamt 6 Millionen TEU im Jahr 2020 fallen die rund 500.000 TEU Umschlag des größten nordvietnamesischen Hafens Haiphong bescheiden aus.

Wenn das Wirtschaftsabkommen RCEP im Jahr 2022 plangemäß in Kraft tritt, dann können die stark wachsenden Infrastrukturkapazitäten am Golf von Tonkin den bisher eingeschränkten interregionalen Transport durchlässiger machen. Die Häfen und ihre Einrichtungen könnten auch für deutsche und europäische Unternehmen interessant werden, die in Vietnam produzieren. Denn einerseits verbessern sich über die Korridorverbindungen die Chancen, den Binnenmarkt des chinesischen Westens zu erschließen; andererseits entstehen neue Optionen für den globalen Handel über den Golf von Tonkin.

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