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Special | Frankreich | Smart Farming

Agrarwirtschaft: Einsatz von Smart Farming noch sehr heterogen

Die Nutzung digitaler Lösungen weitet sich langsam aus. Sie ist aber je nach Einsatzgebiet noch höchst unterschiedlich. 

Von Peter Buerstedde | Paris

Frankreich war 2019 nach Daten des Landwirtschaftsministeriums mit einem Produktionswert von 76 Milliarden Euro vor Deutschland und Italien der größte Agrarproduzent in der Europäischen Union (EU), sowohl in der Pflanzen- als auch in der Tierproduktion.

In der Pflanzenproduktion war Frankreich mengenmäßig Nummer 1 bei Weizen und Gerste und bei Mais Nummer 2 nach Rumänien. Das Land hatte 2019 mit 18,2 Millionen Tieren den größten Rinderbestand mit weitem Abstand vor Deutschland, spielt aber bei Schweinen eine geringere Rolle. In der Kuhmilchproduktion lag Frankreich an zweiter Stelle nach Deutschland. Der höchste Produktionswert entfiel 2019 auf den Weinbau mit 16,9 Prozent vor Getreide (15,2 Prozent), Milch (14,0 Prozent) und der Rinderhaltung (9,6 Prozent).

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Frankreich zählte 2016 (letztes Jahr, für das vergleichbare Zahlen verfügbar sind) 428.000 landwirtschaftliche Betriebe mit einer durchschnittlichen Fläche von 63 Hektar. Deutschland kam in dem Jahr auf einen ähnlichen Durchschnitt von 60 Hektar. Frankreich weist aber anteilsmäßig mehr größere Betriebe ab 100 Hektar und ab 200 Hektar und mehr Kleinbetriebe unter 10 Hektar auf als Deutschland. In Deutschland gibt es deutlich mehr mittlere Höfe mit 10 bis 50 Hektar. 

Frankreich erreicht im Außenhandel weiter einen Überschuss. Dieser wird allein von der wichtigsten Produktkategorie im Export - Getränke - gestützt, wo die Ausfuhren bis 2019 stark angestiegen sind. Wichtige Segmente wie Getreide sowie Milch und Milchprodukte schwanken seit zehn Jahren etwa auf einem gleichbleibenden Niveau. In den vergangenen Jahren sind vor allem die Einfuhren von Früchten, Fisch und Meeresfrüchten sowie Fleisch angestiegen.

Eckdaten zur Landwirtschaft und Infrastruktur in Frankreich

2019

Einwohner (in Millionen)

67,4

landwirtschaftliche Nutzfläche (in 1.000 Hektar)

28.600

Anteil der Landwirtschaft an der Entstehung des BIP (in Prozent) 1)

1,8

IMD Digital Competitiveness Ranking (Rang unter 63 untersuchten Ländern) 2)

24

*) inklusive Forstwirtschaft und Fischerei; Angabe von 2020Quelle: UN; IMD; Agreste

Mehr Betriebe mit 4G-Zugang

Die Voraussetzungen für den Smart-Farming-Einsatz haben sich mit dem Ausbau der Mobilfunknetze nach einer Studie vom Beratungsunternehmen Hyltel-Datagri (Agrinautes 2020) verbessert. Rund 70 Prozent der Landwirte besaßen im Herbst 2020 ein Smartphone. Etwa 67 Prozent hatten am Sitz des Betriebs 4G-Empfang und 55 Prozent auf ihren Parzellen. Im Jahr 2018 waren es erst 46 beziehungsweise 42 Prozent. Mit 99 Prozent verfügen nahezu alle Landwirte über einen Computer (oder Tablett), auch weil die Anträge für EU-Fördermittel online über das Portal Telepac gestellt werden müssen. Rund 86 Prozent greifen täglich auf das Internet zu und 70 Prozent kaufen über das Internet ein.

Jeder zweite Landwirt setzt digitale Entscheidungshilfen ein

Der Einsatz von Smart Farming ist in Frankreich höchst unterschiedlich je nach Sektor und Technologie. Nach der Agrinautes-2020-Studie nutzen 44 Prozent digitale Entscheidungshilfen vor allem für den Düngemitteleinsatz und die Schädlingsbekämpfung. Für die Aussaat nutzten nach einer Umfrage der Fachzeitschrift Terre-Net im März 2021 aber 83 Prozent der Landwirte noch keine digitalen Hilfen. Nur 4 Prozent griffen bei der Auswahl auf Entscheidungshilfen zurück und 7 Prozent für die Berechnung der Saatdichte.

Kostenpflichtige Betriebshilfen sind noch nicht verbreitet. Die Verkaufshilfe Captain Farmer soll 600 Abonnenten haben, die App Farmi, die verschiedene Module umfasst, 9.000 Nutzer. Die Lösungen werden aber weiter verbessert und Apps wie Farmi integrieren immer mehr Funktionen. Immer mehr Farmer wollen nach Informationen von Terre-Net ihre Ernte direkt verkaufen. Die Mehrheit verkauft aber weiter über Händler oder Kooperativen. 

Sensoren noch wenig genutzt

Auch wenn die Integration von Apps mit Sensoren auf den Maschinen immer einfacher wird, nutzen bisher nur wenige Landwirte diese Möglichkeit. So sollen etwa 30 Prozent der Landwirte über Ertragssensoren verfügen. Die Tendenz ist steigend, da drei Viertel der verkauften neuen Maschinen mit Sensoren ausgerüstet sind. 80 Prozent der ausgerüsteten Landwirte ziehen aber nach einer Erhebung des Forschungsnetzwerks Agrotic fast keinen Nutzen aus den Sensoren und verknüpfen diese nicht mit der GPS-Ortung. 20 Prozent nutzen sie für die Kartenerstellung und weniger als 5 Prozent setzen sie für eine Optimierung durch Präzisionslandwirtschaft ein. Ebenfalls nach einer Erhebung von Agrotic nutzten 47 Prozent der Landwirte 2019 GPS-Systeme in ihren Traktoren, davon 70 Prozent mit dem Korrektursignal EGNOS und 30 Prozent mit RTK-Korrektur. Agrotic will auch ermittelt haben, dass etwa 15 Prozent der Landwirte vernetzte Wetterstationen nutzen. Etwa 20.000 davon sollen im Einsatz sein.

In der Robotik besteht eine Kluft zwischen der Tierhaltung und der Pflanzenproduktion. In der Tierhaltung sollen nach Agrotic etwa 11.000 Roboter im Einsatz sein, davon 80 Prozent Melkroboter. Bei einer Erneuerung ihrer Melkanlagen kaufen inzwischen etwa die Hälfte der Landwirte einen Roboter.

Im Pflanzenanbau sind hingegen bisher nur einige Hundert Roboter im Einsatz. Im Weinbau und im Gemüseanbau, wo die Wertschöpfung hoch ist, kommen immer mehr Roboter zum Einsatz, weil die Betriebe die Kosten eher schultern können und weil hier viele Arbeitskräfte benötigt werden.

Kooperativen und Maschinenringe treiben Einsatz voran

Nach Aussagen von Experten gewinnt der Smart-Farming-Einsatz an Fahrt. Aber Landwirte gewinnen erst langsam mehr Erfahrung mit digitalen Lösungen, die oftmals noch teuer in der Anschaffung sind und komplex und nicht immer zuverlässig in der Anwendung. Als Schlüssel für eine breitere Nutzung gelten neben den Landwirtschaftskammern vor allem die 2.300 Kooperativen und etwa 11.700 Maschinenringe (Cuma) und deren Verbände, die Fortbildungen anbieten. Und hier sind es vor allem die Berater und Techniker, denen eine wichtige Rolle bei der Verbreitung digitaler Lösungen zukommt.

Impulse kommen vielfach von regionalen Messen und Demonstrationstagen, die sich immer stärker dem Smart Farming widmen. Um Vorbehalte gegen die Datennutzung durch Smart-Farming-Lösungen abzumildern, hat der Verband FNSEA 2018 das Label Data-agri ins Leben gerufen, das aber bisher nur von einer Handvoll Firmen genutzt wird.

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