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Special Frankreich Wege aus der Coronakrise

Konjunktur- und Hilfsprogramme

Die Regierung verkündet ein Investitionsprogramm, während Coronahilfen weiter zurückgefahren werden. (Stand: 26. November 2021)

Von Peter Buerstedde | Paris

Gemäß dem Selbstverständnis des französischen Staates als Lenker der Wirtschaft ist die Regierung den Unternehmen bereits im März 2020 aktiv zur Seite gesprungen. Zunächst hat sie ähnlich wie in Deutschland ein umfassendes Hilfspaket aufgelegt. Bereits im Mai folgten Konjunkturmaßnahmen für verschiedene Sektoren, die später im Konjunkturpaket France Relance zusammengefasst wurden. Mitte Oktober 2021 lancierte Präsident Emmanuel Macron zusätzlich das Investitionsprogramm France 2030.

Krisenmaßnahmen der französischen Regierung 2020 und 2021

Umfang: bisher etwa 360 Milliarden Euro, etwa 14,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (2019), gegenüber 1,1 Prozent nach der Finanzkrise 2008/2009


1. Phase ab März 2020: Hilfspaket - Kurzarbeit, Kreditgarantien, Soforthilfen, Stundung von Abgaben (bis Ende Juni 2021 etwa 230 Milliarden Euro, davon etwa 139 Milliarden Euro Kredite mit Staatsgarantie) 

2. Phase ab Mai 2020: Sektorprogramme

3. Phase ab September 2020: Maßnahmenpaket France Relance (mit Sektorprogrammen etwa 100 Milliarden Euro) - Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und der Nachhaltigkeit

4. Phase: Investitionsprogramm France 2030: im Oktober 2021 vorgestellt, 30 Milliarden Euro zur Förderung von Zukunftsbranchen und disruptiven Technologien

Hilfen laufen langsam aus

Die wichtigsten Hilfsinstrumente waren ähnlich wie in Deutschland Kreditgarantien, Kurzarbeitergeld, die Stundung von Steuern und Abgaben sowie ein Solidaritätsfonds. Sie werden langsam zurückgefahren. Für Unternehmen, die von staatlichen Einschränkungen direkt betroffen sind und hohe Einbußen haben, wird das Kurzarbeitergeld erst ab September 2021 nicht mehr voll vom Staat getragen. Für andere Sektoren müssen die Arbeitgeber bereits seit Mai einen steigenden Anteil zuschießen.

Staatlich garantierte Kredite können noch bis Ende 2021 in Anspruch genommen werden. Der Solidaritätsfonds (Fonds de solidarité) gewährte Soforthilfen, die Ende September ausgelaufen sind. In Sektoren, die von direkten Einschränkungen betroffen sind und hohe Verluste verzeichnen, wie Kultur und Tourismus, werden ab Oktober 2021 die Fixkosten zum Teil vom Staat übernommen. Ein 3-Milliarden-Euro-Fonds soll notleidenden Unternehmen in der Übergangsphase mit Überbrückungskrediten helfen. 

Neben den breit angelegten Hilfsmaßnahmen hat die Regierung auch Konjunkturhilfen für bestimmte Sektoren und zur Stärkung von Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit aufgelegt. Parallel zur Lockerung der Einschränkungen des Wirtschafts- und Privatlebens seit Mitte Mai 2020 hatte sie zunächst branchenspezifische Hilfspakete zur Konjunkturbelebung von rund 40 Milliarden Euro lanciert. Diese betreffen vor allem den Gesundheitssektor, die Kfz-Industrie, den Flugzeugbau, den Tourismus, den Bausektor und Start-ups. 

Für die Kfz-Industrie wurden vorübergehend Kauf- und Abwrackprämien angehoben, um hohe Lagerbestände an Fahrzeugen, die in der Krise aufgelaufen waren, abzubauen. Im Gegenzug verpflichtete sich die Industrie, bis 2025 die Produktion von Elektroautos und Plug-in-Hybriden in Frankreich auf 1 Million zu erhöhen. In einem weiteren Investitionsprogramm France 2030 wurde ein Ziel von 2 Millionen bis 2030 festgeschrieben.

Staat fördert Entwicklung eines Hybrid- oder Wasserstoffflugzeugs

In der Kfz-Industrie und im Luftfahrtsektor wurden Fonds geschaffen, um notleidende Zulieferer mit Liquidität zu versorgen und die Modernisierung und Automatisierung voranzutreiben. Airbus als Herzstück der Luftfahrtindustrie soll von der Erneuerung der Flotte von Air France profitieren. Dies war eine Bedingung für eine staatliche Kreditgarantie über 7 Milliarden Euro an die Fluglinie. Zusätzliche Fördermittel sollen helfen, bis 2030 ein regionales Hybrid- oder Wasserstoffflugzeug zu entwickeln.

Kurzfristige und langfristige Hilfen

Im September 2020 hatte die Regierung in einer dritten Phase das Maßnahmenpaket "France Relance" aufgelegt, in das die Sektorprogramme integriert wurden. Von etwa 100 Milliarden Euro werden 40 Milliarden aus dem 750-Milliarden-Euro-Krisenpaket der Europäischen Union (EU) finanziert. Bis Ende August 2021 waren etwa 47 Milliarden Euro zugesagt und 29 Milliarden Euro ausgezahlt worden. Bis Jahresende sollen 70 Milliarden Euro an Projekte vergeben werden.

France Relance umfasst drei Bereiche. Zur Stärkung des "Zusammenhalts" (Cohésion) werden kurzfristig 36 Milliarden Euro für den Gesundheitssektor, für Ausbildung und Lohnzuschüsse für junge und behinderte Menschen und für das längerfristige Kurzarbeitergeld aufgewendet.

Andere Bereiche sollen die Wirtschaft langfristig stärken, mit einem Zeithorizont bis 2030. Für mehr Nachhaltigkeit, mehr Gebäudeeffizienz, die Modernisierung der Bahnnetze und der Mülltrennung sowie für eine Wasserstoffstrategie gibt es 30 Milliarden Euro. Mit weiteren 36 Milliarden Euro will die Regierung die Wettbewerbsfähigkeit steigern. Für 10 Milliarden Euro jährlich wurden bestimmte Unternehmenssteuern gesenkt.

Mehr Geld für Projektaufrufe

Zudem werden Vorhaben zum Aufbau von Produktionskapazitäten etwa für Arzneimittel, Medizintechnik, wichtige Vorstoffe für die Industrie, Elektronik und Nahrungsmittel in Frankreich subventioniert. Aufgrund der hohen Nachfrage wurden die Mittel Anfang 2021 aufgestockt. 

Der Kalender der Projektaufrufe enthält Links zu den Teilnahmebedingungen. Eine Liste mit etwa 1.800 geförderten Industrieprojekten kann auf dem Datenportal des Wirtschaftsministeriums eingesehen werden. Auch Niederlassungen deutscher Firmen in Frankreich haben Hilfen und Projektfördermittel in Anspruch genommen.

Investitionsplan für Zukunftsbranchen

Als Ergänzung zum Konjunkturpaket hat die Regierung Mitte Oktober 2021 das Investitionsprogramm France 2030 nachgeschoben. Von 30 Milliarden Euro sollen 3 Milliarden bis 4 Milliarden Euro bereits 2022 fließen. Gefördert werden unterschiedliche Branchen wie Biotechnologie, kompakte Kernreaktoren, Landwirtschaft, Start-ups in der Industrie, Elektromobilität, Wasserstoff, Raumfahrt sowie Bergbau in der Tiefsee.

Dabei geht es nach dem Willen der Regierung um die Entwicklung disruptiver Technologien, um französische Champions heranzuzüchten, damit das Land wirtschaftlich unabhängig wird und weiter die Sozialsysteme finanzieren kann. Die Details müssen aber vielfach noch mit den Verbänden geklärt werden.

Die ersten Projektaufrufe für Fördermittel sind bereits lanciert worden. Sie nutzen in der Regel den in der Krise aufgeweichten Beihilferahmen der EU, der bis Mitte 2022 gilt. Größere Projekte sollen als IPCEI (Important Project of Common European Interest) von den Beihilfeeinschränkungen der EU befreit werden.

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