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Indien: Honnavar-Brücke | © © GettyImages/Amith Nag Photography

Special | Indien | Konnektivität

Indien blickt beim Thema Konnektivität nach Osten

Die Regierung in Delhi sieht Chinas Neue Seidenstraße kritisch und will mit regionalen Bündnissen ein Gegengewicht schaffen. Partner ist neben den direkten Nachbarn auch Japan.

Von Boris Alex | New Delhi

Grenzüberschreitende Kooperationen sind in Südasien schwere Unterfangen. Indien ist mit 1,4 Milliarden Einwohnern und dem weltweit sechstgrößten Bruttoinlandsprodukt das politische und wirtschaftliche Schwergewicht in der Region. Die Beziehungen der Nation zu vielen ihrer Nachbarn sind durch zahlreiche Konflikte geprägt; diese belasten die Zusammenarbeit. Die amerikanische Denkfabrik Brookings Institution kommt zu dem Schluss, dass der Subkontinent in Hinblick auf Politik und Wirtschaft eine der am wenigsten integrierten Regionen weltweit sei.

Trotz der schwierigen Ausgangslage wurden in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Initiativen für eine stärkere Kooperation zwischen den südasiatischen Staaten gestartet. Die 1985 gegründete South Asian Association for Regional Cooperation (SAARC) zielt auf die wirtschaftliche Integration der acht Mitgliedsstaaten - Afghanistan, Bangladesch, Bhutan, Indien, Malediven, Nepal, Pakistan, Sri Lanka. Aufgrund des Dauerkonflikts zwischen Indien und Pakistan um die Kaschmirregion rechnen Beobachter allerdings nicht damit, dass die Kooperation auf absehbare Zeit weiterverfolgt werde. Ein weiteres Beispiel ist das im Jahr 2006 in Kraft getretene Handelsabkommen South Asian Free Trade Area (SAFTA), in dem eine schrittweise regionale Senkung der Zölle sowie Handels- und Reiseerleichterungen beschlossen wurden.

Regionales Bündnis stellt Masterplan für Transportsektor vor

Die im Jahr 1997 gestartete Bay of Bengal Initiative for Multi-Sectoral Technical and Economic Cooperation (BIMSTEC) zeigt dahingegen viel Potenzial. Dieser Zusammenschluss strebt eine wirtschaftliche Integration ihrer sieben Mitglieder an und eine engere Zusammenarbeit unter anderem in den Bereichen Transport, Energie, Telekommunikation, Tourismus, Gesundheit und Klimaschutz. Das Bündnis spiegelt die von Indien verfolgte Ausrichtung nach Ost- und Südostasien wieder. So sind mit Myanmar und Thailand auch zwei Mitgliedsstaaten der Association of Southeast Asian Nations (ASEAN) in BIMSTEC vertreten.

Das Thema grenzüberschreitende Konnektivität spielt bei der Organisation eine wichtige Rolle. Es wurden schon erste Initiativen angeschoben. Im April 2021 wurde ein von der Asian Development Bank (ADB) erarbeiteter Generalplan zur Vernetzung im Transportsektor finalisiert. Dieser soll auf dem fünften BIMSTEC-Gipfel Ende 2021 verabschiedet werden. Im "Master Plan for Transport Connectivity" sind 141 Leuchtturm- und 267 kleinere Projekte zur Vernetzung der Land-, See- und Luftwege im Golf von Bengalen aufgeführt.

Förderbank finanziert Konnektivitätsprojekte in Südasien

Die Vorhaben mit einem Investitionsvolumen von 126 Milliarden US-Dollar (US$) sollen Ende 2021 vorgestellt werden. Es bleibt den Mitgliedsstaaten überlassen, ob und wie sie die empfohlenen Projekte realisieren wollen. Auch eine mögliche Finanzierung durch die ADB oder die Asiatische Infrastrukturinvestmentbank wird diskutiert. Die ADB hat über ihr South Asia Subregional Economic Cooperation (SASEC) Programm seit dem Jahr 2001 Kredite in Höhe von 14 Milliarden US$ für regionale Konnektivitätsprojekte in den Bereichen Transport und Energie bereitgestellt.

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Kleinere regionale Initiativen

Neben SAARC und BIMSTEC gibt es eine Reihe von kleineren regionalen Initiativen mit indischer Beteiligung. Im Rahmen der Bangladesh, Bhutan, India, Nepal (BBIN) Initiative wird beispielsweise eine engere Kooperation beim Waren- und Personentransport sowie der Energie- und Wasserversorgung angestrebt. Das im Jahr 2015 geschlossene Motor Vehicle Agreement, mit dem der grenzüberschreitenden Güter- und Personenverkehr zwischen den vier Staaten erleichtert werden soll, liegt weiterhin auf Eis, da Bhutan das Abkommen noch nicht ratifiziert hat.

Indien und Japan wollen enger kooperieren

Auf bilateraler Ebene verfolgt Indien vor allem mit Bangladesch Konnektivitätsprojekte. Im Mittelpunkt stehen dabei Infrastrukturvorhaben, wie die im März 2021 eingeweihte Brücke über den Grenzfluss Feni. Damit wird der indische Bundesstaat Tripura an Bangladeschs wichtigste Hafenstadt Chittagong angebunden. Die beiden Länder hatten im März 2021 weitere grenzüberschreitende Straßen- und Schienenverkehrsprojekte angekündigt. Unter anderem ist eine Zugverbindung zwischen der bangladeschischen Stadt Akhaura und dem indischen Agartala geplant.

Als Rahmen für die regionalen und bilateralen Konnektivitätsinitiativen sieht Indien die von Japan 2016 initiierte "Free and Open Indo-Pacific" (FOIP) Strategie. Japan engagiert sich bereits bei Infrastrukturprojekten im Nordosten Indiens und ist darüber hinaus auch am geplanten Bau eines Industriekorridors zwischen Mumbai und Delhi sowie an der ersten Hochgeschwindigkeitszugstrecke zwischen Ahmedabad und Mumbai beteiligt. Die beiden Länder sind zudem über das Quadrilateral Security Dialogue (Quad) Format eng verzahnt und wollen bei Digitalisierung und dem Aufbau des Mobilfunknetzes der 5. Generation (5G) kooperieren. Zu Quad gehören neben Indien und Japan auch Australien und die USA.

Auf Schienen von Finnland nach Indien

Konnektivitätsinitiativen Richtung Westen gestalten sich schwieriger, da hier aus geografischen Gründen Pakistan und Afghanistan eingebunden werden müssten. Es gibt aber erste Versuche, Indien über den multimodalen International North-South Transport Corridor (INSTC) mit Europa zu verbinden. Ende Juni 2021 machte sich ein Güterzug von Finnland auf den Weg nach Indien. Dabei wurde die Fracht per Schiene durch Russland und Aserbaidschan, in Iran streckenweise auch über die Straße und zuletzt per Schiff nach Mumbai befördert. Trotz einer Zeitersparnis von etwa zehn Tagen gegenüber dem Schiffstransport dürfte diese Route für Spediteure aus Kostengründen vorerst nicht als Alternative in Frage kommen.

EU intensiviert Zusammenarbeit mit Indien

Auch die Europäische Union (EU) will ihre Kooperation mit Indien intensivieren und hat im Mai 2021 eine  Konnektivitätspartnerschaft geschlossen. Darüber sollen gemeinsame Projekte in den Bereichen Transport, Energie und Digitalisierung realisiert werden. 

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