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Förderung und Investitionen

Rund 20 Milliarden Euro will Italien bis 2026 in die Modernisierung des Gesundheitssystems investieren. Der Haushalt 2023 soll vorerst die höheren Energiekosten kompensieren.  

Von Oliver Döhne | Mailand

Neben dem grünen Wandel ist die Gesundheitswirtschaft ein Schwerpunkt von Italiens Plan zur Verwendung der Europäischen Förder- und Hilfsgelder. Ziel ist es, der alternden Bevölkerung eine adäquate Versorgung zu garantieren, die sich künftig viel mehr auf den individuellen Patientenbedarf konzentrieren soll als bislang. Im aktuellen Haushaltsentwurf für 2023 fehlen jedoch Mittel die diesen Kurs unterstützen. 

E-Health und Telemedizin

Aus der Aufbau- und Resilienzfazilität der EU will Italien rund 15,6 Milliarden Euro in den Gesundheitssektor investieren. Davon sind 7 Milliarden Euro dafür vorgesehen, eine der wichtigsten Erkenntnisse aus der Coronakrise umzusetzen: unnötige Krankenhauseinweisungen vermeiden. Damals hatte eine unkontrollierte Vermischung von Patienten mit Covid-19 und chronischer Krankheiten zu einer Explosion der Infektionen geführt. Über Telemedizin, digitale Tools für eine Echtzeitbehandlung auf Distanz sowie Lösungen für umgebungsunterstütztes Leben (ambient assisted living), koordiniert in landesweit 602 neu zu einzurichtenden operativen Zentralen (Centrali Operative Territoriali), sollen Patienten so gut und so lange wie möglich zu Hause behandelt und betreut werden. Wichtig ist Italien dabei, dass sich die neuen Instrumente in die elektronische Gesundheitsakte (Fascicolo Sanitario Elettronico) integrieren lassen und zu einer Harmonisierung des nationalen Systems führen. 

Wo eine Heimversorgung nicht möglich ist, sollen landesweit einheitliche Anlaufstellen geschaffen werden, die sowohl allgemeinmedizinische wie auch fachärztliche Behandlung bieten. Für die Einrichtung von insgesamt 1.288 solcher neuer Gemeindehäuser (Casa di communità) hat Italien aus dem Fonds 2 Milliarden Euro vorgesehen. Eine weitere Milliarde Euro soll 381 Gemeindekrankenhäuser (Ospedale di communitá) einrichten, in denen kleinere oder weniger intensive Eingriffe vorgenommen werden können. Die geplanten neuen einheitlichen Strukturen entstehen zum Teil aus bestehenden Einheiten, werden aber stellenweise auch ganz neu eingerichtet. Weitere 2 Milliarden Euro fließen dem Bereich Heim- und Nahversorgung voraussichtlich aus dem Europäischen Kohäsionsfonds (ReactEU) und zusätzlichen Mitteln aus den Haushalten bis 2026 zu. 

Über eine Milliarde Euro für neue Medizintechnikgeräte

Mit weiteren 8,6 Milliarden Euro aus dem Aufbau- und Resilienzfonds will Italien den Gesundheitssektor modernisieren und digitalisieren. Davon sind 1,2 Milliarden Euro für die Beschaffung von insgesamt 3.133 neuen Medizintechnikgeräten vorgesehen, darunter Magnetresonanzgeräte, Linearbeschleuniger für die Strahlentherapie, feste radiologische Systeme, Gamma-Kameras, Mammographen und Ultraschallgeräte. Die Hälfte der Geräte soll im 3. Quartal 2023 angeschafft werden, die andere Hälfte im 4. Quartal 2024. Etwa 1,5 Milliarden sind für die Digitalisierung der DEA I und II-Notfallzentren vorgesehen, davon 210 Einrichtungen im 1. Quartal 2024 und weitere 70 bis zum 4. Quartal 2025. Die Ausschreibung der Beschaffung der Geräte soll im 3. Quartal 2022 veröffentlicht werden.

Rund 1,6 Milliarden Euro sind für Erdbebensicherheitsmaßnahmen von Krankenhäusern eingeplant, 1,4 Milliarden für eine Ausbreitung der Elektronischen Gesundheitsakte (FSE) und eine Integration aller bisher regionalen Gesundheitsdokumente auf interoperablen Plattformen. 300 Millionen Euro fließen in technische Infrastruktur und IT für das Monitoring, die Simulation und komplexe Vorhersagen nationaler Gesundheitsphänomene, wie beispielsweise zur Früherkennung künftiger Pandemien. 520 Millionen gehen an die biomedizinische Forschung, speziell in die Förderung von Proof-of-Concept-Initiativen sowie in die Forschung seltener und Behinderung auslösender Krankheiten. Weitere 2,5 Milliarden Euro werden der Digitalisierung des Gesundheitssystems voraussichtlich über den Kohäsionsfonds der EU und Sonderhaushaltsmitteln bis 2026 zufließen. 

Für den Staatshaushalt der kommenden drei Jahre (2022-2024) sollten die Ausgaben für das Gesundheitssystem im Rahmen des Nationalen Gesundheitsfonds (Fondo Sanitario Nazionale) eigentlich pro Jahr um 2 Milliarden Euro steigen. Diese Sondermittel sollen insbesondere in die Personalentwicklung gehen und die anderen Maßnahmen der Digitalisierung und Modernisierung durch digitale Kompetenzen flankieren. Der Haushaltsentwurf der neuen Regierung deutet jedoch Kürzungen an, ohne diese genau zu spezifizieren. Marktexperten rechnen mit bis zu 300 Millionen Euro pro Jahr weniger. 

Weniger Mittel im Haushalt 2023 

Seit dem Haushalt 2022 gilt eine etwas höhere Obergrenze (8 Prozent) für den Anteil am gesamten Gesundheitsbudget, das Krankenhäuser für die Beschaffung von Medikamenten verwenden können. Gemeinsam mit den staatlich subventionierten und im Rahmen des Gesundheitssystems verschriebenen Medikamenten (farmaceutici convenzionati) gibt der Staat jedes Jahr etwa 15 Prozent seines Gesundheitsbudgets für Medikamente aus. Jeweils 500 Millionen Euro sind zusätzlich in einem Sonderfonds für Kauf innovativer Medikamente sowie innovativer onkologischer Medikamente reserviert. 

Zur Förderung der medizinischen Biotechnologie stattete das Wirtschaftsministerium die Stiftung Fondazione Enea Biomedical Tech mit zusätzlichen 400 Millionen Euro aus, mit denen sie Biotech-Start-ups unterstützen kann. Junge Biotechunternehmen profitieren ebenfalls von der Steuerbefreiung auf Kapitalerlöse für Investoren, die in innovative Start-ups investieren. Außerdem erhalten sie Steuergutschriften beim Kauf von Equipment im Rahmen von Italiens Industrie 4.0-Förderpolitik. 

Durch die breit angelegten Förderpläne und den hohen Modernisierungsbedarf ist davon auszugehen, dass zahlreiche Segmente sich, trotz der geringeren Priorität des Sektors in der aktuellen Regierung, insgesamt positiv entwickeln werden. Dazu zählen insbesondere Medizintechnik, digitale Lösungen für die Gesundheitswirtschaft, (Biotech-) Forschung, Weiterbildungsdienstleistungen und Pharmazie. 

Ausgewählte Investitionsvorhaben *

Projekt

Zeitraum

Investitionssumme (in Mio. Euro)

Beschreibung des Projekts

Krankenhaus (Santa Chiara) (Cisanello Pisa)


Fertigstellung 2023

500

Das neue Krankenhaus Santa Chiara wird eine hochmoderne Klinik und ein Zentrum für Forschung und Entwicklung sein.

Neues Krankenhaus in Ivrea (im ehemaligen Olivetti-Zentrum)

Machbarkeitsstudie von Politecnico von Mailand vorgelegt.

400

Krankenhauskomplex mit einer Fläche von 36.000 Quadratmetern und 300 Betten.

E-Health Technopark Lido (Venedig)

Machtbarkeitsstudie von CompuGroup vorgelegt.

k. A.

Ehemaliges Krankenhaus am Lido von Venedig, erworben vom deutschen Unternehmer Frank Gotthard mit einer Gesamtfläche von über 48.000 Quadratmetern.

Krankenhaus und Rehabilitationszentrum (Salerno)

Ende 2021 wird ausgeschrieben.

327

Krankenhauskomplex mit einer Fläche von 220.000 Quadratmetern und 732 Betten.

Krankenhaus  (Piacenza)

Fertigstellung 2025

277

Neues Krankenhaus mit 600 Betten, Gesamtfläche 272.000 Quadratmeter.

Krankenhaus (nuovo Policlinico) (Mailand)

Fertigstellung  2024

260

Das neue Krankenhaus Policlinico in Mailand wird (23.000 Quadratmeter) das größte und modernste Krankenhaus im Herzen der Stadt sein.

Krankenhaus (Expo-Gelände Mailand)

Fertigstellung 2023

200

Ein Krankenhaus für das Gesundheitswesen der Zukunft. Gesamtfläche 150.000 Quadratmeter.

* Art der Investition: alle Projekte sind NeubauvorhabenQuelle: Recherchen Germany Trade & Invest 2022

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