Recht kompakt | China | Rechtsverfolgung
Rechtsverfolgung in China
Das Gerichtssystem Chinas unterscheidet sich stark vom deutschen oder anderen westlichen Gerichtssystemen. Außergerichtliche Streitbeilegung spielt eine große Rolle.
14.07.2020
Von Julia Merle,
Robert Herzner,
Frauke Schmitz-Bauerdick
Gerichtssystem
Es bestehen Volksgerichte auf lokaler, mittlerer und höherer Ebene sowie das Oberste Volksgericht (Supreme People´s Court). Rechtsstreitigkeiten sind schwierig durchzusetzen und empfehlen sich nur als allerletztes Mittel. Die meisten Verfahren enden als Vergleich. Die Vollstreckung ausländischer Gerichtsentscheidungen ist in China in der Praxis so gut wie ausgeschlossen.
Ab Juni 2018 richtete das Oberste Volksgericht ein Internationales Handelsgericht (China International Commercial Court (CICC)) mit Sitz in Shenzhen und Xi´an ein, um über internationale Handelsfälle mit einem Streitwert von mindestens 300 Millionen RMB zu entscheiden.
Mediation
Die außergerichtliche Streitbeilegung (Mediation) hat in China einen grundsätzlich höheren Stellenwert als in Deutschland.
Die sogenannte Volksschlichtung ist geregelt im Volksschlichtungsgesetz aus dem Jahr 2010.
Das 2013 reformierte Zivilprozessgesetz institutionalisiert Mediationsverfahren. So soll hiernach jedem Gerichtsverfahren, wenn dies angemessen erscheint, ein Schlichtungsverfahren vorgeschaltet werden. Auch wird die gerichtliche Bestätigung und Durchsetzung von Schlichtungsvereinbarungen und Vergleichen gestärkt.
Vollstreckung ausländischer Gerichtsentscheidungen
Das chinesische Zivilprozessgesetz sieht in Art. 281, 282 rechtlich die Grundlagen und Voraussetzungen einer Vollstreckung von ausländischen Gerichtsurteilen vor, dennoch kommt diese in der Praxis sehr selten vor.
Gerichtsentscheidungen von Gerichten Hongkongs oder der VR China in Bezug auf Geldleistungen sind in Hongkong und der VR China seit 2008 vollstreckbar. Rechtsgrundlage ist das „Arrangement on Reciprocal Recognition and Enforcement of Judgments in Civil and Commercial Matters by the Courts of the Mainland and the HKSAR pursuant to Choice of Courts Agreements between Hong Kong and Mainland China”. Am 18. Januar 2019 wurde eine neue Vereinbarung über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen in Zivil- und Handelssachen unterzeichnet. Sie soll die bisher bestehende Vereinbarung von 2006 ersetzen.
China hat am 12. September 2017 das Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen (Haager Vereinbarung) unterzeichnet, jedoch bislang noch nicht ratifiziert.
Anwaltliche Beratung und Vertretung
Für ausländische Parteien ist kein Anwaltszwang vorgesehen. Ausländisch investierte Unternehmen (FIE) sind chinesische juristische Personen und gelten grundsätzlich als Inländer. Ausländische Rechtsanwälte, die keine chinesische Rechtsanwaltszulassung und Geschäftslizenz haben, können keine förmliche juristische Vertretung in Gerichtsverfahren übernehmen. Das gilt auch für angestellte chinesische Anwälte ausländischer Kanzleien. Ausländische Parteien müssen sich deswegen durch lokale Rechtsanwälte einer chinesischen Kanzlei vertreten lassen.
Für Beratung in streitigen Angelegenheiten des Zivil-, Straf- oder Verwaltungsrechts sowie in anderen Gerichtsverfahren richtet sich die Vergütung der Rechtsanwälte nach einer durch die Regierung erlassenen Gebührenordnung. In der Regel trägt die unterliegende Partei die Gerichtskosten; bei teilweisem Unterliegen kann Kostenteilung erfolgen. Kosten für die außergerichtliche Beratung kann vertraglich frei vereinbart werden.
Hinweis: GTAI stellt unter "Anwälte im Ausland" die von den deutschen Auslandsvertretungen erstellten Anwaltslisten zum Download bereit.
Vollstreckung chinesischer Gerichtsurteile
Chinesische Gerichtsurteile werden durch das Gericht erster Instanz auf Antrag vollstreckt. Anders als in Deutschland ist das Verfahren in erster Linie ein Beugeverfahren. Vermögensgegenstände werden gepfändet oder versiegelt. Erst danach hat der Vollstreckungsschuldner Gelegenheit, den Vollstreckungstitel zu erfüllen. Unterlässt er das, werden die Gegenstände verwertet. In der Praxis kann die Vollstreckung, vor allem wenn ausländische Unternehmen Gläubiger sind, mühsam sein.
Schiedsgerichtsbarkeit
China ist seit 1987 Mitglied des New Yorker Abkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen vom 10. Juni 1958. Die Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche ist demnach möglich, allerdings nur dann, wenn der Schiedsort in einem Vertragsstaat des Abkommens liegt. Es müssen Handelssachen gemäß der Definition im chinesischen Recht vorliegen.
In China gibt es über 250 Schiedsinstitutionen. Was die Schiedskommission betrifft, ist die CIETAC (China International Economic and Trade Arbitration Commission) die prominenteste und auch international anerkannte Schiedsinstitution. Hiervon haben sich die Schiedskommissionen in Shanghai (SHIAC) und Shenzhen (SCIA) abgespalten. Zur Abgrenzung der Zuständigkeiten hat das Oberste Volksgericht 2015 eine Auslegung erlassen. Zudem gibt es beispielsweise noch die „Beijing Arbitration Commission / Beijing International Arbitration Center” (BAC).
Regelungen zu Schiedsverfahren finden sich in Art. 271 bis 275 des Zivilprozessgesetzes. Daneben besteht das Schiedsgesetz (Arbitration Law) aus dem Jahr 1994, zuletzt überarbeitet 2017.
Weitergehende Informationen zum Thema Schiedsgerichtsbarkeit finden Sie im GTAI-Special zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit.
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