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Rechtsbericht | Deutschland | Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz im Überblick

Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ist im Juli 2021 verabschiedet worden und tritt am 1. Januar 2023 in Kraft.

Von Jan Sebisch | Bonn

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) verfolgt das Ziel, die internationale Menschenrechtslage zu verbessern. Anstelle der derzeit freiwilligen empfohlenen Praktiken enthält das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz klare gesetzliche Regelungen für Unternehmen zur Erfüllung ihrer menschrechtlichen Sorgfaltspflichten entlang der Lieferkette.

Die geschützten Rechtspositionen

In der Anlage zum Gesetz befindet sich ein Katalog von 11 international anerkannten Übereinkommen zum Schutz der Menschenrechte, aus denen sich die geschützten Rechtspositionen im Sinne des LkSG ergeben (§ 2 Abs. 1 LkSG). Bei den Übereinkommen handelt es sich überwiegend um solche der internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Aus den geschützten Rechtspositionen werden in § 2 Abs. 2 LkSG sodann Verbote für unternehmerisches Handeln abgeleitet, die menschenrechtliche Risiken durch Verletzung der geschützten Rechtspositionen verhindern sollen. Hierzu zählt unter anderem das Verbot von Kinderarbeit, Sklaverei und Zwangsarbeit sowie das Verbot der Missachtung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Relevant ist auch der Umweltschutz (§ 2 Abs. 2 Nr. 9 LkSG), allerdings nur, wenn Umweltschädigungen auch zu Menschenrechtsverletzungen führen können. Was unter umweltbezogenen Risiken im Sinne des Gesetzes zu verstehen ist ergibt sich aus § 2 Abs. 3 LkSG.

Welche Unternehmen werden vom Gesetz erfasst?

Ab dem 1. Januar 2023 erstreckt sich der Anwendungsbereich des Gesetzes auf alle Unternehmen, die in der Regel mindestens 3.000 Arbeitnehmer in Deutschland beschäftigen. Die Rechtsform eines Unternehmens spielt dabei keine Rolle. Umfasst sind alle Unternehmen, die ihre Hauptverwaltung, ihre Hauptniederlassung, ihren Verwaltungssitz oder ihren satzungsmäßigen Sitz im Inland haben. Ab dem 1. Januar 2024 sinkt der Schwellenwert und es werden auch Unternehmen erfasst, die in der Regel 1.000 Arbeitnehmer in Deutschland beschäftigen.

Auch ausländische Unternehmen, die in Deutschland eine Zweigniederlassung unterhalten, fallen in den Anwendungsbereich des Gesetzes. Innerhalb von verbundenen Unternehmen gemäß § 15 des Aktiengesetzes sind die im Inland beschäftigten Arbeitnehmer sämtlicher konzernangehöriger Gesellschaften bei der Berechnung der Arbeitnehmerzahl der Obergesellschaft zu berücksichtigen.

Welche Sorgfaltspflichten sind zu beachten?

Die Unternehmen sind dazu verpflichtet, in ihren Lieferketten die im Rahmen des Gesetzes festgelegten menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten. Die Sorgfaltspflichten umfassen gemäß § 3 Abs. 1 LkSG:

  • die Einrichtung eines Risikomanagements (§ 4 Abs. 1 LkSG),
  • die Festlegung einer betriebsinternen Zuständigkeit (§ 4 Abs. 3 LkSG),
  • die Durchführung regelmäßiger Risikoanalysen (§ 5 LkSG),
  • die Abgabe einer Grundsatzerklärung (§ 6 Abs. 2 LkSG),
  • die Verankerung von Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich (§ 6 Abs. 1 und 3 LkSG) und gegenüber unmittelbaren Zulieferern (§ 6 Abs. 4 LkSG),
  • das Ergreifen von Abhilfemaßnahmen (§ 7 Abs. 1 bis Abs. 3 LkSG),
  • das Einrichten eines Beschwerdeverfahrens (§ 8 LkSG),
  • die Umsetzung von Sorgfaltspflichten in Bezug auf Risiken bei mittelbaren Zulieferern (§ 9 LkSG), 
  • die Dokumentation (§ 10 Abs. 1 LkSG) und Berichterstattung (§ 10 Abs. 2 LkSG).

Wann sind Präventionsmaßnahmen zu ergreifen?

Sofern ein Unternehmen im Rahmen einer Risikoanalyse ein Risiko feststellt, hat das Unternehmen eine Grundsatzerklärung über seine Menschenrechtsstrategien durch die Unternehmensleitung abzugeben (§ 6 Abs. 2 LkSG). Ferner muss das Unternehmen unverzüglich angemessene Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich (§ 6 Abs. 1 und 3 LkSG) und gegenüber unmittelbaren Zulieferern (§ 6 Abs. 1 und 4 LkSG) ergreifen. Als angemessene Präventionsmaßnahme gegenüber einem unmittelbaren Zulieferer gilt insbesondere die Berücksichtigung der menschenrechtsbezogenen und umweltbezogenen Erwartungen bei der Auswahl eines unmittelbaren Zulieferers (§ 6 Abs. 4 Nr. 1 LkSG) sowie die vertragliche Zusicherung eines unmittelbaren Zulieferers, dass dieser die vom Unternehmen verlangten menschenrechtsbezogenen und umweltbezogenen Erwartungen einhält und entlang der Lieferkette angemessen adressiert (§ 6 Abs. 4 Nr. 2 LkSG).

Liegen einem Unternehmen tatsächliche Anhaltspunkte vor, die eine Verletzung einer menschenrechtsbezogenen oder einer umweltbezogenen Pflicht beim mittelbaren Zulieferer möglich erscheinen lassen, so hat er anlassbezogen unverzüglich angemessene Präventionsmaßnahmen gegenüber dem mittelbaren Zulieferer zu verankern (§ 9 Abs. 3 Nr. 2 LkSG).

Die Risikoanalyse ist einmal im Jahr sowie anlassbezogen durchzuführen (§ 5 Abs. 4 LkSG).

Bei Verletzungen müssen Abhilfemaßnahmen ergriffen werden

Stellt ein Unternehmen fest, dass die Verletzung einer menschenrechtsbezogenen oder einer umweltbezogenen Pflicht in seinem eigenen Geschäftsbereich oder bei einem unmittelbaren Zulieferer bereits eingetreten ist oder unmittelbar bevorsteht, hat es unverzüglich angemessene Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, um die Verletzung zu verhindern, zu beenden oder das Ausmaß der Verletzung zu minimieren (§ 7 Abs. 1 S. 1 LkSG). Im eigenen Geschäftsbereich im Inland müssen die Abhilfemaßnahmen zur Beendigung der Verletzung führen.

Bußgeldvorschriften

Bei Verstößen gegen die Sorgfaltspflichten drohen Bußgelder. Die vorsätzliche oder fahrlässige Verletzung der Sorgfaltspflichten stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einem Bußgeld geahndet werden. Unternehmen, die etwa eine Risikoanalyse nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig durchführen können mit einer Geldbuße bis zu 500.000 Euro rechnen (§ 24 LkSG). Durch den Verweis in § 24 Abs. 2 LkSG auf § 30 Abs. 2 S. 3 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten verzehnfacht sich das Höchstmaß der Geldbuße für juristische Personen, sodass mit einer Geldbuße von bis zu 5 Millionen Euro gerechnet werden muss.

Bei juristischen Personen oder Personenvereinigungen mit einem durchschnittlichen weltweiten (Konzern-)Jahresumsatz von mehr als 400 Millionen Euro, kann in bestimmten im Gesetz genannten Fällen sogar eine Geldbuße von bis zu 2 Prozent des durchschnittlichen (Konzern-)Jahresumsatzes festgesetzt werden.

Zudem können Unternehmen bis zu drei Jahren von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden, sofern ihnen eine Geldbuße von mindestens 175.000 Euro auferlegt worden ist (§ 22 LkSG).

Kontrolle und Durchsetzung

Für die behördliche Kontrolle und Durchsetzung ist gemäß § 19 LkSG das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zuständig.

Europäisches Lieferkettengesetz

Auf EU-Ebene fehlt es bislang noch an einem Regelwerk zur Lieferkettenproblematik. Allerdings liegt eine Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. März 2021 mit Empfehlungen an die Kommission zur Sorgfaltspflicht und Rechenschaftspflicht von Unternehmen auf dem Tisch, die im Anhang auch Empfehlungen für die Ausarbeitung einer entsprechenden Richtlinie enthält. Das weitere Verfahren bleibt abzuwarten.

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