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Schweiz will Sorgfaltspflichten entlang der Lieferkette regeln

Am 14. April 2021 wurde die Vernehmlassung zum Entwurf der Ausführungsverordnung zu den neuen Sorgfaltspflichten von Unternehmen eröffnet.  

Von Helge Freyer | Bonn

Heute vor einer Woche hat der schweizerische Bundesrat das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement  (EJPD) beauftragt, zur Verordnung über Sorgfaltspflichten und Transparenz in den Bereichen Mineralien und Metalle aus Konfliktgebieten und Kinderarbeit (VSoTr) ein Vernehmlassungsverfahren durchzuführen (Vernehmlassung 2021/28).

Kurz zum Hintergrund

Ende November 2020 scheiterte die sog. Konzernverantwortungsinitiative (oder auch Volksinitiative "Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt") an der Zustimmung der erforderlichen Mehrheit der Kantone (sog. Ständemehr). Die Wähler:innen hatten dagegen mit einer wenn auch nur knappen Mehrheit (sog. Volksmehr) für die Initiative gestimmt, die sich an den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte sowie den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen orientierte.

Nach Ablehnung der Volksinitiative kommt nun der vom schweizerischen Parlament am 19. Juni 2020 im Rahmen der Aktienrechtsrevision beschlossene indirekte Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative zum Zuge, der Änderungen im Obligationenrecht vorsieht. Darin sollen neu geregelt werden:

  • Transparenz über nichtfinanzielle Belange, und
  • Sorgfaltspflichten und Transparenz bezüglich Mineralien und Metallen aus Konfliktgebieten und Kinderarbeit.

Anders als beim erstgenannten Regelungsbereich, enthalten die Sorgfaltspflichtenregelungen bei den Konfliktmineralien und der Kinderarbeit Bestimmungen, mit denen der Bundesrat beauftragt wird, Ausführungsbestimmungen zu erlassen. Diese sog. Delegationsnormen sind die Grundlage für die Eröffnung der Vernehmlassung über den Entwurf der VSoTr.

Worum geht es?

Nach den neuen Bestimmungen im Obligationenrecht (OR) werden große Unternehmen gesetzlich verpflichtet, jährlich einen Bericht über nichtfinanzielle Belange zu erstatten und damit mehr Transparenz zu schaffen. Ein solcher Bericht „gibt Rechenschaft über Umweltbelange, insbesondere die CO2 - Ziele, über Sozialbelange, Arbeitnehmerbelange, die Achtung der Menschenrechte sowie die Bekämpfung der Korruption.“ Ebenfalls in den Bericht aufzunehmen sind die Maßnahmen, die vom Unternehmen gegen diese Risiken ergriffen werden.

Darüber hinaus werden Unternehmen, die sich mit Risiken in den sensiblen Bereichen der Konfliktmineralien und der Kinderarbeit konfrontiert sehen, zur Einhaltung von Sorgfaltspflichten in der Lieferkette verpflichtet.

Zum Inhalt der Ausführungsverordnung

Der Entwurf der VSoTr, der sich unter anderem an der Verordnung (EU) 2017/821 über Konfliktmineralien orientiert, regelt, welche Unternehmen die oben erwähnten neuen Sorgfaltspflichten erfüllen müssen.

Das sind nach dem Verordnungsentwurf „natürliche und juristische Personen sowie Personengesellschaften, deren Sitz, Wohnsitz, Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung sich in der Schweiz befindet und die ein Gewerbe betreiben“ (Art. 1a VSoTr).

Lieferkette im Sinne des Verordnungsentwurfs ist der „Prozess, der die eigene Geschäftstätigkeit und diejenige aller Wirtschaftsbeteiligten und Akteure umfasst, die 1. möglicherweise aus Konflikt- und Hochrisikogebieten stammende Mineralien oder Metalle in Gewahrsam haben und die an deren Verbringung, Aufbereitung und Verarbeitung im Endprodukt beteiligt sind; 2. Produkte oder Dienstleistungen anbieten, bei denen ein begründeter Verdacht besteht, dass sie unter Einsatz von Kinderarbeit hergestellt oder erbracht wurden“ (Art. 1d VSoTr).

Ein begründeter Verdacht auf Kinderarbeit liegt vor, bei „Verdacht auf den Einsatz von Kinderarbeit, der auf konkreten unternehmensinternen oder –externen Hinweisen oder Anhaltspunkten beruht.“ (Art. 1f VSoTr).

Der Verordnungsentwurf legt sodann Ausnahmen von den Sorgfalts- und Berichterstattungspflichten fest:

  • im Bereich Mineralien und Metalle (u.a. bei Einfuhr- und Bearbeitungsmengen)
  • im Bereich der Kinderarbeit (u.a. für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie für Unternehmen mit geringen Risiken)
  • aufgrund der Einhaltung von international anerkannten Regelwerken

Im Abschnitt „Sorgfaltspflichten“ finden sich schließlich Bestimmungen zur  Lieferkettenpolitik im Bereich Mineralien und Metalle und im Bereich der Kinderarbeit sowie das System der Rückverfolgbarkeit der Lieferkette.

Die Vernehmlassung dauert bis am 14. Juli 2021 (Vernehmlassungsfrist).

Das Inkrafttreten der Verordnung ist für den 1. Januar 2022 vorgesehen.

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