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Rechtsbericht Senegal Coronavirus

Senegal: Coronavirus und Verträge

Das Coronavirus breitet sich auch auf dem afrikanischen Kontinent zunehmend aus. Wie sieht die Rechtslage aus, wenn Verträge nicht mehr eingehalten werden können?

Von Katrin Grünewald | Bonn

Einleitung

Wie andere afrikanische Länder hat der Senegal frühzeitig einschneidende Beschränkungen des öffentlichen Lebens zur Eindämmung des Coronavirus beschlossen. Neben einer zeitweisen Einstellung des gesamten internationalen Flugverkehrs gibt es trotz Lockerungen auch weiterhin Einschränkungen des öffentlichen Lebens.

In Anbetracht dieser Maßnahmen wird es zunehmend schwieriger, vertragliche Verpflichtungen zu erfüllen. Daher stellt sich immer öfter die Frage: Was passiert, wenn vertragliche Verpflichtungen aufgrund der Coronakrise nicht eingehalten werden können?

Gibt es eine Vertragsklausel?

Viele Verträge enthalten sogenannte force majeure - oder höhere Gewalt-Klauseln. Wer daher mit dem Thema Unmöglichkeit der Vertragserfüllung aufgrund der Beschränkungen, die zur Bekämpfung des Coronavirus erlassen wurden, zu tun hat, sollte zunächst in den der Geschäftsverbindung zugrunde liegenden Vertrag schauen. Diese genannten Klauseln enthalten häufig beispielhafte Aufzählungen, welche Ereignisse unter den Begriff höhere Gewalt fallen. Vielfach gehören dazu auch Ereignisse wie Pandemie oder Epidemie. Hinzukommen muss ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Ereignis höherer Gewalt und der Unmöglichkeit der Vertragserfüllung.

Ob Schwierigkeiten bei der Vertragserfüllung im Zuge der Coronakrise nach senegalesischem Recht ein Ereignis höherer Gewalt darstellen, ist abhängig von der Ausgestaltung der entsprechenden Klausel und dem anwendbaren Recht. Es kann daher nur eine Beurteilung im Einzelfall erfolgen, eine generelle Einordnung der Situation ist nicht möglich.

Für Handelskauf gelten OHADA-Einheitsgesetze

Sofern eine Prüfung des anwendbaren Rechts zum Ergebnis kommt, dass senegalesisches Recht anwendbar ist, sollte auch ein Blick in das dortige Vertragsrecht geworfen werden. Da der Senegal Mitglied der Organisation zur Harmonisierung des Wirtschaftsrechts in Afrika (OHADA) ist, gilt für Handelskäufe der OHADA-Acte uniforme révisé portant le droit commercial général (AUDCG), der in weiten Teilen dem UN-Kaufrechtsübereinkommen (CISG) entspricht.

Gemäß Art. 234 AUDCG sind die OHADA-Vorschriften immer dann anwendbar, wenn es sich um einen Warenkauf handelt und die Vertragsparteien ihren Sitz in einem OHADA-Vertragsstaat haben oder das Internationale Privatrecht zur Anwendung des Rechts eines OHADA-Vertragsstaates kommt.

Grundsätzlich sind die Parteien zur Vertragserfüllung verpflichtet. Artikel 281 AUDCG sieht für die Nichterfüllung von Vertragspflichten vor, dass die betroffene Partei beim zuständigen Gericht die Auflösung des Vertrags beantragen kann. Die andere Partei muss vor der gerichtlichen Geltendmachung benachrichtigt werden. Darüber hinaus haftet die vertragsverletzende Partei für alle durch die Vertragsverletzung entstandenen Schäden, einschließlich des entgangenen Gewinns.  

Eine Haftung ist jedoch dann ausgeschlossen, wenn die Partei, die die Vertragserfüllung schuldet, nachweisen kann, dass die Nichterfüllung auf ein Hindernis zurückzuführen ist, das sich ihrer Kontrolle entzieht, beispielsweise höhere Gewalt, Art. 294 AUDCG. Ein Ereignis höherer Gewalt liegt immer dann vor, wenn dessen Eintritt oder Folgen vernünftigerweise nicht vorhersehbar sind. Ob die Coronakrise einen derartigen Fall höherer Gewalt darstellt, ist auch abhängig von dem jeweiligen Geschäft und der zum Zeitpunkt der Nichterfüllung geltenden Situation im Senegal und hängt damit auch immer vom Einzelfall ab.

Höhere Gewalt im senegalesischen Recht

Auf alle Verträge, die keinen Handelskauf darstellen, ist das nationale senegalesische Recht anwendbar. Auch dieses kennt hinsichtlich höherer Gewalt eine den OHADA-Gesetzen ähnliche Regelung. Danach haftet ein Vertragspartner dann nicht für die Nichterfüllung eines Vertrags, wenn die Nichterfüllung aufgrund von höherer Gewalt eingetreten ist. Höhere Gewalt wird danach als ein äußeres, unüberwindbares und nicht vorhersehbares Ereignis angesehen. Dabei muss ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Ereignis höherer Gewalt und der Nichterfüllung des Vertrages gegeben sein.

Wichtig zu wissen ist, dass die Schwelle, die an die Unmöglichkeit einer Vertragserfüllung angesetzt wird, sehr hoch ist. Es kann daher nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die Coronakrise bei jedem Vertragsverhältnis ein Ereignis höherer Gewalt darstellt.

Keine Regelung zur Störung der Geschäftsgrundlage

In vielen Rechtssystemen kann man sich hilfsweise auf eine Störung der Geschäftsgrundlage berufen. So kann beispielsweise nach dem französischen Art. 1195 Code Civil ein Vertrag neu verhandelt werden, wenn sich Vertragsumstände geändert haben, die bei Vertragsabschluss nicht absehbar waren und eine Vertragspartei übermäßig belasten.

Eine derartige Möglichkeit, einen Vertrag neu zu verhandeln, gibt es zum jetzigen Zeitpunkt im senegalesischen Recht nicht. Es bleibt daher nur die Möglichkeit, eine solche Klausel im Vertrag zu platzieren oder sich auf die bestehenden Vorschriften zur höheren Gewalt zu berufen.

UN-Kaufrecht

Senegal hat das Übereinkommen zum UN-Kaufrecht nicht ratifiziert. Nichtsdestotrotz ist es möglich, dass auf einen Vertrag mit einem senegalesischen Geschäftspartner das UN-Kaufrecht anwendbar ist.

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