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Special Russland Solarenergie

Russlands Solarmarkt bietet durchwachsene Aussichten

Russlands Solarmarkt entwickelt sich langsam. Für deutsche Unternehmen bestehen Chancen in Nischen. Aber russische Unternehmen bleiben bevorzugt unter sich.

Von Lukas Latz | Berlin

Tobias Merkel ist optimistisch, wenn er auf den russischen Markt blickt. Der Miteigentümer und Geschäftsführer von Solar23, einem Projektentwickler und Generalunternehmer zum Bau großer Fotovoltaikanlagen, ist seit 2019 in Russland aktiv und will dort weiter wachsen.

„Bis zum Beginn der Pandemie bin ich alle zwei bis drei Monate nach Russland gereist, um unsere Projekte voranzutreiben“, sagt Merkel. Gemeinsam mit zwei Partnern, dem Verband EUROSOLAR und der russischen Firma Solar Systems, einem integrierten Hersteller und Installateur von Fotovoltaikmodulen, entwickelt Solar23 mehrere Solarparks. Die Partner in Russland wollen von der langjährigen Erfahrung des eigentümergeführten Ulmer Unternehmens profitieren, das seit 2000 im Solargeschäft ist.

Ulmer Unternehmen arbeitet als Projektentwickler für russische Solarparks

Als Projektentwickler kümmerte sich Solar23 um die Suche geeigneter Flächen sowie der Klärung der lokalen technischen Voraussetzungen zum Bau von Fotovoltaikanlagen. Solar23 bereitet die technische Dokumentation für die Ausschreibung vor, auf deren Grundlage die regionalen Regierungen nach einem Investor suchen.

Die Aufträge für die Projektentwicklung erhielt Solar23 dank seiner Partner. Am 23. Januar 2015 veröffentlichte Russlands Regierung die Verordnung 47 „zur Stimulierung der Nutzung erneuerbarer Energien auf den Stromeinzelhandelsmärkten [розничный рынок электроэнергии]". Die Verordnung legte ein Schema zur Förderung von Solar-, Windparks und kleiner Wasserkraftanlagen fest, die von Russlands Föderationssubjekten, das heißt den regionalen Regierungen, einzuführen ist.

„Nach der Verabschiedung dieser Verordnung hat unser Partner EUROSOLAR bei vielen regionalen Regierungen vorgesprochen und dafür geworben, dass sie dieses Förderschema einführen“, sagt Merkel.

Erfolg hatten sie damit etwa in der Republik Baschkortostan, die als wichtige Ölförderregion den notwendigen finanziellen Spielraum hat, um in erneuerbare Energien zu investieren. In Baschkortostan entwickelte Solar23 einen 10-Megawatt-Solarpark in Agidel an einem Standort, in dem zu Sowjetzeiten der Bau eines Atomkraftwerkes begonnen wurde. In der südrussischen Region Krasnodar entwickelte das Unternehmen einen 16-Megawatt-Solarpark in Tichoretsk.

Merkel will die Geschäftstätigkeit von Solar23 weiter ausbauen und sieht dabei einen großen Trumpf auf seiner Seite:

„Unternehmen, die in Russland Wissen im Fotovoltaikbereich aufbauen wollen, vertrauen dabei explizit auf deutsche Unternehmen. Unsere Partner sagen uns: ‚Wir wollen das von euch lernen und nicht von den Chinesen‘. Die deutsche und russische Mentalität sind sich ähnlich. Wir können gut zusammenarbeiten.“

Merkel rechnet damit, dass auch Russlands große Ölkonzerne zunehmend ein Fotovoltaikportfolio entwickeln und dafür ausländische Expertise brauchen werden. Die Entwicklung hat zum Teil bereits begonnen: Im Januar 2021 kaufte das Unternehmen einen 20-Megawatt-Solarpark in Akjar in der Region Wolgograd.

Russischer Solarmarkt koppelt sich von ausländischen Marktteilnehmern ab

Trotz des Erfolgs von Solar23 gilt ein Markteintritt für deutsche Solarunternehmen in Russland als schwierig. Das hat mehrere Gründe:

  1. Gemäß den Regierungsverordnungen zur Förderung erneuerbarer Energien muss ein großer Anteil der Technik von Solar- und Windparks, die in Russland ans Stromnetz angeschlossen werden, auch in Russland produziert sein. Das mindert die Exportchancen deutscher Elektrotechnikhersteller im Solarbereich erheblich.
  2. Ein Risiko besteht in der politischen Manipulation des Solarmarktes. Den größten Marktanteil hält der Konzern Hevel Solar. Die Firma deckt von der Solarzellenproduktion bis zur Investition in Solarparks und dem Einspeisen von Strom ins Stromnetz die gesamte Wertschöpfungskette der Solarbranche ab. Hevel kontrolliert der Oligarch Wiktor Wekselberg, der enge Beziehungen in den Kreml hat und sich seit 2018 auf der US-Sanktionsliste befindet. Durch Wekselberg kann sich Hevel auf politische Rückendeckung verlassen. Das kann zu Wettbewerbsverzerrungen führen.
  3. Russlands Fördermechanismus entspricht nicht der internationalen Best Practice. Betreiber von Solar- und Windparks werden nicht bezahlt nach den Kilowattstunden an Strom, die sie ins Netz einspeisen, sondern nach einer komplizierten Formel, die den Investoren schwarze Zahlen staatlich garantiert. Solarmarkt-Insider urteilen, dass dieser garantierte sogenannte Return on Investment keine Anreize schafft, effiziente und zuverlässige Technologie zu nutzen.

Potenzial liegt in Nischen

Für ausländische Technologieproduzenten und Ingenieurbüros hat der russische Solarmarkt vor allem in Nischen Potenzial. Auf dem russischen Markt zu etablieren versucht sich etwa der Berliner Projektentwickler und Anlagenbauer KRAFTWERK Renewable Power Solutions. „Wir sind mit Industrieunternehmen in Kontakt, die mit Fotovoltaik Strom für ihren Eigenverbrauch produzieren wollen“, sagt Roman Brinzanik, Director New Markets bei KRAFTWERK. „Aufseiten der Unternehmen gibt es ein hohes Interesse an Fotovoltaik. Aber die politischen Rahmenbedingungen sind schwierig. Weil es keine staatliche Förderung für solche Projekte gibt, Energiepreise sehr niedrig sind und Überschusseinspeisung nicht möglich ist, ist es schwer, einen Business Case zu entwickeln.“

Eine mögliche Wirtschaftlichkeit, so Brinzanik, könne sich ergeben, wenn sich für das Eigenverbrauchsprojekt ein Investitionszuschuss und ein günstiger Kredit einer multilateralen Entwicklungsbank an Land ziehen ließen. „Entwicklungsbanken können Modellprojekte und Geschäftsmodelle finanzieren, die es in einem Land noch nicht gibt.“

Doch auch das Engagement von Entwicklungsbanken in Russland ist begrenzt. Die Europäische Investitionsbank (EIB) und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD), die in den Nachbarländern eine wichtige Rolle bei der Finanzierung der Energiewende spielen, haben im Jahr 2014 in Reaktion auf Russlands Annexion der Krim ihr Engagement im Land eingestellt.

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