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BulgarienCoronavirus / Konjunktur
Wirtschaftsumfeld
Special Bulgarien Coronavirus
Bulgarien reagiert auf die steigenden Infektionen mit starken Einschränkungen des öffentlichen Lebens. Weihnachten soll es leichte Lockerungen geben. (Stand: 23. Dezember 2020)
Von Dominik Vorhölter | Bonn
In Bulgarien steigen die Neuinfektionen. Das Virus verbreitet sich rasanter als im Herbst. Seit dem 14. Mai gilt die „epidemiologische Notlage“, welche die Regierung bis zum 31. Januar 2021 verlängert hat. Zudem hat das Gesundheitsministerium einen dreiwöchigen Lockdown verordnet. Ziel ist, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern.
Bis zum 31. Januar 2021 gelten eine Reihe von Beschränkungen: Alle Non-Food-Geschäfte bleiben geschlossen, ebenso Cafés, Restaurants, Diskotheken und Nachtklubs sowie Einkaufszentren. Nur Lebensmittelgeschäfte, kleine Einzelhandelsgeschäfte und Baumärkte dürfen geöffnet bleiben.
Auch Universitäten, Schulen, Kitas und Kindergärten stellen den Betrieb ein. Unterricht findet möglichst online statt. Kinderbetreuung soll ab dem 4. Januar wieder möglich gemacht werden, aber nur für Kindergärten und Schüler von der ersten bis vierten Klasse. An Arbeitsplätzen, bei denen Homeoffice nicht möglich ist, dürfen Arbeitgeber nur die Hälfte der eigentlichen Mitarbeiter einsetzen.
Generell gilt im öffentlichen Raum die Verpflichtung, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Es sind außerdem Treffen in Gruppen mit bis zu 15 Personen erlaubt. Dies gilt für den öffentlichen und privaten Raum.
Solange ein Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen den Zuschauern eingehalten wird, dürfen Theater und Kinos ihren Betrieb aufrechterhalten. Galerien und Museen müssen dagegen schließen.
Unternehmer in Bulgarien spüren die Auswirkungen der Corona-Pandemie. Dies bestätigen die Auslandshandelskammer (AHK) und 87 Prozent der Teilnehmer einer Umfrage der AHK Bulgarien vom Oktober 2020 zu den Auswirkungen der Coronakrise. Daran hatten sich 60 Unternehmen aus den Bereichen Handel, Finanzen, Beratung, Transport und Logistik, IT und Software sowie Maschinenbau und Medizintechnik beteiligt. Etwas mehr als ein Fünftel der Befragten erwarten einen Rückgang des Jahresumsatzes von mehr als 30 Prozent.
Die meisten Umfrageteilnehmer machen Unsicherheiten zu schaffen. Sie fürchten, dass Geschäftsinitiativen und Treffen abgesagt werden. Eine weitere Sorge ist die geringere Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen, ebenso wie Reiseeinschränkungen. Insgesamt wächst der finanzielle Druck auf Unternehmer und das Risiko von Insolvenzen steigt, weil der Lockdown die Nachfrage weiter ausbremsen dürfte.
Unternehmer und Mitarbeiter spüren die Folgen. "Ein Großteil der bulgarischen Unternehmen hat in diesem Jahr Personal abgebaut und in betriebsinterne Maßnahmen investiert, um die Pandemie-Vorschriften einhalten zu können", berichtete der Präsident der bulgarischen Handelskammer, Radosvet Radev, am 1. Dezember beim Bulgarischen Wirtschaftsforum per Video.
Die Entwicklung der bulgarischen Wirtschaft wird erst in zwei Jahren das Vorkrisenniveau erreichen. Die Europäische Kommission prognostiziert in ihrer Herbst-Analyse einen realen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 5,1 Prozent. Besonders schwach waren im 2. und 3. Quartal der Export und die Binnennachfrage sowie die Investitionstätigkeit. Aufgrund der unsicheren Lage haben Unternehmen geplante Investitionen vorerst auf 2021 verschoben.
Inwieweit die Investitionen im kommenden Jahr wieder anziehen werden, hängt unter anderem davon ab, ob die Regierung staatliche Fördermaßnahmen wie das Programm 60/40 verlängert. Das Programm unterstützt Unternehmer bei starken Umsatzrückgängen ab 20 Prozent. Der Staat übernimmt 60 Prozent der Ausgaben für Lohn- und Lohnnebenkosten. Dafür hat Bulgarien am 2. September von der Europäischen Kommission Fördermittel von etwa 511 Millionen Euro aus dem SURE-Instrument zugesichert bekommen. Damit finanziert die Europäische Union (EU) Unterstützungsmaßnahmen, um Arbeitslosigkeit und Einkommensverluste von Selbstständigen aufgrund der Corona-Pandemie zu verringern. Insgesamt stehen im Rahmen des SURE-Instruments 81,4 Milliarden für 15 EU-Mitgliedstaaten bereit.
Laut EU-Prognose wird die Erholung der bulgarischen Wirtschaft im Jahr 2021 vom Privatverbrauch, der steigenden Beschäftigung sowie von der Entwicklung des europäischen Binnenmarktes getragen. Bulgarien ist das einzige Land in der EU, dessen Haushaltsdefizit mit voraussichtlich 2,8 Prozent des BIP im Rahmen des Konvergenzkriteriums (maximal 3 Prozent) bleibt.
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