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Special | China | Wasserstoff
Künftig soll Wasserstoff verstärkt zur Energiesicherheit beitragen. Staatliche Förderung sorgt für regionale Industriecluster und erzeugt Hydrogen Valleys.
06.08.2020
Von Corinne Abele | Shanghai
Obwohl das Reich der Mitte seit Jahren Wasserstofftechnologie und Brennstoffzellen im Bereich der Energiegewinnung, -speicherung und im Transportmittelsektor vorantreibt, fehlt bislang eine umfassende nationale Wasserstoffstrategie. Die Nationale Energieagentur (National Energy Administration; NEA) zeigte sich bisher zurückhaltend. Dies könnte sich 2020 ändern. In den vergangenen Jahren standen vor allem die Entwicklung von Solar- und Windstrom sowie die Umstellung zur batteriebetriebenen Elektromobilität im Fokus. Erst im April 2020 veröffentlichte NEA jedoch einen neuen Gesetzentwurf, wonach Wasserstoff künftig als Energiequelle eingestuft werden soll. Dies würde eine deutliche Erleichterung für Transport und Logistik mit sich bringen.
Dennoch ist Wasserstoff Teil von Chinas langfristiger Energiestrategie, wie beispielsweise der "Aktionsplan für Innovation der Energietechnologierevolution 2016 bis 2030" zeigt. Die Volksrepublik möchte vor allem die Abhängigkeit von Rohölimporten verringern, Energiesicherheit erreichen und eigenes Technologie-Know-how aufbauen. Bis 2050 soll Wasserstoff 10 Prozent der Energieversorgung stellen. Der inländische Bedarf dürfte dann, so das White Paper der China Hydrogen Alliance, bei etwa 60 Millionen Tonnen liegen.
Anvisiert wird laut dem White Paper bis 2050 landesweit eine jährliche Produktionskapazität von 5,2 Millionen Fuel Cell Electric Vehicles (FCEV), rund 5,5 Millionen Brennstoffzellensystemen und 10.000 Wasserstofftankstellen. Dieser Zielsetzung liegt die Annahme zugrunde, dass Wasserstoff im Jahr 2050 umfassend in Industriebranchen und im Transportsektor eingesetzt wird.
Branchenziele | Kurzfristig (2020-2025) | Mittelfristig (2026-2035) | Langfristig (2036-2050) | |
---|---|---|---|---|
Wasserstoffanteil an Gesamtenergie (in %) | 4,0 | 5,9 | 10,0 | |
Produktionswert (in Mrd. Euro)*) | 125,6 | 628,1 | 1.507,3 | |
Produktion | Wasserstofftankstellen (in Einheiten) | 200 | 1.500 | 10.000 |
Stationäre Stromerzeugungsstellen (in Einheiten) | 1.000 | 5.000 | 20.000 | |
FCEV (in 1.000) | 50 | 1.300 | 5.000 | |
Brennstoffzellensysteme (in 1.000) | 60 | 1.500 | 5.500 |
Bislang liegt der durch Wasserelektrolyse mithilfe von Wind- und Solarstrom gewonnene Wasserstoff bei unter 3 Prozent. Ab 2030 könnte jedoch laut dem White Paper bereits über die Hälfte des Wasserstoffs aus sauberen Energiequellen (inklusive Atomkraft) stammen. Trotz ersten Pilotprojekten und regional hoher Abregelung von Wind- und Solarstrom dürfte sich die Wasserelektrolyse durch Einsatz grünen Stroms aufgrund deutlicher Effizienz- und Kostennachteile gegenüber der Gewinnung aus fossilen Rohstoffen nur langsam entwickeln. Derzeit gewinnt China rund 62 Prozent des Wasserstoffs aus Kohle und 19 Prozent aus Erdgas.
Gemäß dem White Paper bereitet das Ministerium für Industrie und Informationstechnologie (MIIT) derzeit den New Energy Vehicle Industry Development Plan (2021-2035) vor. Konkrete technische Vorgaben sowie Volumenziele enthält bereits die Roadmap für Brennstoffzellentechnologie als Teil der Energy Saving and New Energy Vehicle Technology Roadmap im Rahmen des Industrieentwicklungsprogramms Made in China 2025. Das erste Etappenziel von 5.000 FCEV bis 2020 hat China bereits erreicht; 2025 soll die Zahl auf 50.000 FCEV steigen. Des Weiteren wird angestrebt, bis 2025 über die Hälfte sowie bis 2030 bereits 70 Prozent der relevanten Komponenten und Produkte herzustellen.
Wie Elektrofahrzeuge mit alternativem Antrieb (New Electric Vehicles; NEV) hat die Volksrepublik auch FCEV kräftig subventioniert. Zwar wurden NEV-Subventionen aufgrund der Coronapandemie entgegen dem ursprünglichen Zeitplan nun bis 2022 verlängert. Für FCEV kündigte das Finanzministerium jedoch in seiner Mitteilung Nr. 86 (2020) vom 23. April 2020 das Ende der Subventionen und deren Ersatz durch gezielt gewährte Prämien (Yi Jiang Dai Bu) je nach erreichten Zielen an. Abzuwarten bleibt, wie sich dadurch auch die Praxis zusätzlicher regionaler Subventionen verändern wird. Bislang konnten diese maximal in gleicher Höhe zusätzlich zu den nationalen Subventionen gewährt werden. GTAI-Recherchen zufolge gab es 2019/2020 in elf Provinzen – teilweise nur für spezielle Städte und Regionen – zusätzliche lokale FCEV-Zuschüsse.
Region/Zentren | Subventionsverhältnis (national : regional)*) | Region/Zentren | Subventionsverhältnis (national : regional)*) |
---|---|---|---|
Beijing | 1:0,5 | Jiangmen (Guangdong) | 1:0,5 |
Shanghai | 1:1 | Chengdu (Sichuan) | 1:0,5 |
Zhenjiang (Jiangsu) | 1:0,4 | Chongqing | 1:0,8 |
Wenzhou (Zhejiang) | 1:0,5 | Wuhan (Hubei) | 1:1 |
Hangzhou (Zhejiang) | 1:1 | Henan | 1:0,3 |
Foshan (Guangdong) | 1:1 | Shanxi | 1:0,8 |
Shenzhen (Guangdong) | 1:1 | Guangxi | 1:0,8 |
Laut Michael Sikora, Experte für Brennstoffzellenmobilität in China, seien so für einen Schwerlastwagen maximal Zuschüsse von rund 133.000 Euro (1 Million Renminbi Yuan (RMB)) möglich. Bei kleineren Transportern verringerten Subventionen den ursprünglichen Preis für den Endkunden um etwa zwei Drittel.
Durch die staatlichen Subventionen ist bislang viel Geld mit relativ geringem Ergebnis in den FCEV-Bereich, vor allem für Nutzfahrzeuge, geflossen. Hinzu kommt die Unterstützung regionaler Pilot- und Demonstrationsprojekte. Als Leuchtturmprojekt mit zahlreichen Vorhaben gelten die Olympischen Winterspiele 2022 in Zhangjiakou in der Provinz Hebei.
Projekte | Anzahl | Investitionen |
---|---|---|
Wasserstoffproduktion | 4 | 295,8 |
NEV | 1 | 147,7 |
Forschung & Entwicklung | 2 | 84,7 |
Brennstoffzellen | 3 | 56,0 |
Betankungseinrichtungen | 16 | 29,8 |
Demonstrationsprojekt | 1 | k.A. |
Aufgrund der Höhenlage und des kalten Klimas sollen dort unter anderem nur Brennstoffzellen-Busse Sportler und Zuschauer transportieren. Für die Hydro-Elektrolyse werden in der Provinz speziell Solarfarmen aufgebaut. Laut Plan sollen dort 2022 rund 3.000 FCEV in Einsatz sein.
„Es ist quasi eine politische Leistungsschau, um die Führerschaft in Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie zu dokumentieren“, sagt Sikora.
Von den künftig je nach Leistung zu gewährenden Prämien (Yi Jiang Dai Bu) anstatt breit gestreuter Subventionen erhofft man sich einen beschleunigten Aufbau von Industrieclustern. Profitieren dürften künftig Regionen, die schon zuvor einen Fokus auf Brennstoffzellenfahrzeuge gelegt haben. Dazu zählen unter anderem Guangdong und Shanghai, das Yangtze-Delta mit Jiangsu und Zhejiang, Beijing sowie weitere Provinzen mit teilweise regionalem Fokus wie Hebei, Shanxi, Liaoning, Shandong, Henan, Anhui, Hubei und Sichuan. Im Yangtze-Delta sollen zudem einige Autobahnen mit Wasserstofftankstellen ausgestattet werden (Yangtze River Delta Hydrogen Corridor Plan).
Insgesamt gab es nach Recherchen des Marktforschungsunternehmens Energy Iceberg Mitte 2019 bereits 20 Städte mit Plänen, Wasserstoff-Cluster (Hydrogen Valleys) aufzubauen. Bei der Umsetzung arbeiten häufig staatlich kontrollierte Energieunternehmen und Lokalregierungen eng zusammen.
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