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Special China Wege aus der Coronakrise

Konjunktur und wichtigste Branchen

Für 2021 wird mit einem Wirtschaftswachstum von 8 bis 9 Prozent gerechnet. Schon das Coronajahr 2020 hatte die Volksrepublik als einziges G20-Land mit einem Plus abgeschlossen. (Stand: 26. Juli 2021)

Von Stefanie Schmitt, Corinne Abele | Beijing, Shanghai

In China erholte sich die Wirtschaft schneller als erwartet und nahm ab Mitte 2020 wieder an Fahrt auf. Nach dem Prinzip "First in – First out" war das Reich der Mitte eines der wenigen Länder weltweit, dessen Wirtschaft selbst im Coronajahr expandierte. Während es der Regierung gelang, die Zahl der Neuinfektionen durch rigide Abschottung nach unten zu drücken, stiegen weltweit die Zahlen. Vereinzelt auftretende Ausbrüche blieben aufgrund rigoroser Eindämmungsmaßnahmen vor Ort lokal beschränkt.

Für die chinesische Regierung hing viel davon ab, die Krise zu meistern, da wirtschaftliche und soziale Stabilität ihren Machtanspruch untermauert. Zwar spannte sie nach Erfahrungen aus der Weltfinanzkrise nicht den "großen Rettungsschirm für alle" auf, doch ergriff sie eine Vielzahl gezielter Einzelmaßnahmen, um Unternehmen zu unterstützen und den privaten Konsum zu fördern.

Chinas Wirtschaft erholt sich schneller als erwartet

Infolgedessen erholte sich das chinesische Bruttoinlandsprodukt (BIP) nach dem historischen Einbruch (-6,8 Prozent) im 1. Quartal 2020 im Jahresverlauf, sodass die Volksrepublik als einziges G20-Land das Gesamtjahr mit einem Zuwachs von immerhin 2,3 Prozent beendete. Währenddessen ist die Weltwirtschaft nach Angaben des Internationalen Währungsfonds 2020 um etwa 4,4 Prozent geschrumpft. Diesen Erfolg hält die Kommunistische Partei vor allem ihrer Politik zugute. Für 2021 – ihr 100-jähriges Jubiläum – wird aufgrund der niedrigeren Basis 2020 sogar ein Wirtschaftsplus zwischen 8 Prozent und 9 Prozent erwartet.

Attraktivität für Auslandsinvestoren wächst

Angesichts dessen betrachten viele ausländische Investoren das Reich der Mitte als sicheren Hafen. Einem Bericht der Organisation für Handel und Entwicklung der Vereinten Nationen zufolge löste China während der Coronakrise die USA als größten Empfänger von Direktinvestitionen ab. Im Jahr 2020 stiegen die ausländischen Investitionen in der Volksrepublik gegenüber dem Vorjahr um 4 Prozent, während sie in den USA um 49 Prozent einbrachen. Nach Informationen des chinesischen Handelsministeriums verzeichneten die Zuflüsse an Direktinvestitionen im 1. Halbjahr 2021 ein Plus von 33,9 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode – und dies, obwohl Unternehmen in China immer mehr zum Spielball politischer Interessen werden.

Zudem hat das Interesse an chinesischen Staatsanleihen stark zugenommen. Die gestiegene Nachfrage nach chinesischer Währung führte dazu, dass diese seit dem Frühjahr 2020 gegenüber dem US-Dollar tendenziell aufwertet. Es wird erwartet, dass sich dieser Trend fortsetzt.

Statistische Revisionen und Verschuldung trüben das Bild

Doch wie immer lohnt sich ein zweiter Blick: Trotz aller Erfolge bei der Virusbekämpfung und dem offensichtlich gelungenen Wiederanstoßen der Wirtschaft wären die Zahlen etwas weniger rosig, hätte der Staat nicht mit statistischen Revisionen und staatlichen Ausgaben, etwa für den Ausbau der Infrastruktur, nachgeholfen. Hiervon und von den weiter steigenden Immobilieninvestitionen profitierten der Bausektor und ihm nachgelagerte Bereiche.

Dabei geht es den Verantwortlichen in erster Linie oft um die kurzfristige Steigerung der aktuellen Wirtschaftszahlen, weniger um einen langfristig effizienten Mitteleinsatz. Mit anderen Worten: Die Produktivität solcher Investitionen ist rückläufig. Zugleich hat die Verschuldung des öffentlichen Bereichs stark zugenommen – Tendenz steigend. Chinas Verschuldung lag nach Angaben der Bank for International Settlements Ende 2020 bei rund 290 Prozent des BIP. Noch Ende 2019 hatte sie knapp 263 Prozent betragen.

Ähnliches gilt für die Zunahme der Investitionen staatlicher Unternehmen. Durch den leichteren Zugang zu Finanzmitteln steigerten sie ihre Investitionen 2020 um 5,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Investitionen der Privatwirtschaft stiegen dagegen nur um 1 Prozent. Zumindest 2021 hat die Privatwirtschaft ihre Investitionsfreude zurückgewonnen, denn in den ersten sechs Monaten legten die Investitionen um 15,4 Prozent zu. Doch auch staatliche Aufwendungen wurden um 9,6 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode aufgestockt.

Privatkonsum hinkt hinterher

Während der Staat mit Investitionen für Nachfrage sorgt, bleibt der private Konsum die Achillesferse der staatlichen Wirtschaftsplanung. Um die Kauflaune anzuregen, leiteten die Zentral- sowie verschiedene Lokalregierungen unterschiedliche Maßnahmen ein, so auch die Ausgabe von Gutscheinen. Generell wurden diese gerne genutzt. Doch an der Hauptursache der Kaufunlust, der Unsicherheit darüber, wie es weitergeht, ändern sie wenig.

Neben der anhaltenden Konsumunlust kristallisieren sich zunehmend hohe Rohstoffpreise und globale Chip-Engpässe als generelle Risiken für die Gesamtwirtschaft heraus.

Elektroautos zunehmend gefragt

Auch die chinesische Automobilbranche muss aufgrund des Chipmangels die Kfz-Produktion drosseln. Kenner rechnen mit Auswirkungen bis ins Jahr 2022 hinein. Trotz Verkaufs- und Produktionseinbußen im Juni 2021 hat die Branche in den ersten sechs Monaten 2021 wieder mehr produziert und verkauft als im 1. Halbjahr 2019 vor dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie. Vor allem Elektroautos sind begehrt wie nie: Mit rund 1,1 Millionen Fahrzeugen hat sich der Absatz im 1. Halbjahr 2021 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verdreifacht. Dabei baut Tesla sowohl seine Verkaufszahlen im Land als auch sein Exportvolumen aus. Der Verkauf der Elektromodelle von Volkswagen liegt bislang unter den Erwartungen.

Chemiebranche läuft rund

In der chemischen Industrie weist bislang nichts auf eine Konjunkturabschwächung im 2. Halbjahr 2021 hin. Vor allem die Spezialchemie boomt. Zunehmend gefragt sind umweltfreundlichere Lacke, Farben, Düngemittel und Pestizide sowie abbaubare Kunststoffe. Die Investitionsprojekte in diesen Bereichen steigen. Dabei wird die Einhaltung von Umweltschutzauflagen verstärkt kontrolliert. Parallel baut China seine Stellung als Pharma-Wirkstoffanbieter aus. Gleichzeitig bleibt aber der Import fertiger Arzneiwaren hoch.

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